Gastbeitrag von Wassilika Koulouri

Immer mehr gelangen verborgenes Wissen und Technologien aus den jahrtausendealten Sanskrit-Schriften in unsere westliche Welt.

Genau wie Yoga und Ayurveda mittlerweile feste Bestandteile im westlichen Gesundheitssystem geworden sind, steht auch die vedische Architekturwissenschaft VAASTU verstärkt im Fokus der westlichen Immobilien- und Architekturwirtschaft. Ausländische Investoren und heimische bewusste Bauherren verlangen stark nach ́VAASTU Compliant Sites, Buildings and Homes ́- und das sicher nicht ohne Grund!

Die Lehre Vastu Shastra ist ein Teil aus dem alten indischen Wissen über Architektur- und Designtheorien Vastu Vidya. Sie lehrt uns, im Einklang mit den Naturgesetzen und dem natürlichen Energiefluss zu wohnen und zu bauen. VAASTU ist die Kunst und Wissenschaft von Gebäude und Raumqualität. Sie basiert auf Beobachtungen, Fakten, Naturgesetzen, unterliegt einer Reihe von Prinzipien und wird seit Jahrhunderten praktiziert. Die Wissenschaft hat ihre Wurzeln in der indischen Architektur, Skulptur, Philosophie, Mathematik, Geologie, Geographie, Religion. Sie berücksichtigt alle Faktoren, die einen Ort beeinflussen: Topographie, Straßen, Strukturen, Sonneneffekte und Erdmagnetfeld, Himmelsrichtungen, Energiefelder der Erde und die Elemente der Natur. Was könnte noch nachhaltiger sein?

VAASTU und alles Leben der Schöpfung beruht gemäß den Veden auf den folgenden fünf Grundelementen: Wasser, Feuer, Erde, Luft und Äther. Die vedische Wissenschaft lehrt, bauliche Elemente entsprechend ihrer Zugehörigkeit diesen Naturelementen an ihren jeweiligen Orten so zu platzieren, dass sie sich in Harmonie zueinander befinden, was wiederum einen vitalen Raum erzeugt und das Leben der Bewohner glücklich, erfolgreich und friedlich macht.

Die Lehre stellt das Erdmagnetfeld und die Sonnenbahn in den Vordergrund und bestimmt die daraus resultierenden Richtungen, in denen Gebäude,Räume, Objekte ,Materialien usw. platziert werden sollen. Prinzipien für alle Aspekte des Bauens sind berücksichtigt, wie z.B. – Standortauswahl, Ausrichtung und Platzierung des Gebäudes auf dem Grundstück, Proportionen, Dimensionen, Ästhetik, Farbschema und sogar das beste Datum und die beste Uhrzeit für die Grundsteinlegung und die Hauseinweihung können bestimmt werden.

Eines der Ziele von VAASTU beim Entwerfen ist es, das Gleichgewicht zwischen der Gebäudestruktur und dem Kosmos zu erhalten, denn wenn Gebäude die zugrunde liegenden kosmischen Prinzipien widerspiegeln, schwingen sie im Einklang mit dem Universum und diese Schwingungen wirken sich positiv auf die Bewohner aus. Gebäude, die nach diesen Prinzipien gebaut wurden, sollen mit „universeller positiver Energie“ vibrieren. Diese Bauten widerstehen Naturkatastrophen, Verfall und Zerstörung- und dafür gibt es sehr viele Beispiele.

Beispiele berühmter Architektur, die nach VAASTU Prinzipien gebaut wurden, sind die Pyramiden der Mayas, Taj Mahal, Angkor Wat, der goldeneTempel in Tirupati, La Rotonda, Burj Khalifa. Auch Le Corbusier integrierte schon bei der Planung der Stadt Chandigarh moderne Architekturtheorien mit VAASTU Prinzipien.

Aus vieler Jahrhunderte Erfahrungen wurde erkannt, dass die falsche Positionierung von Räumen in Bezug auf die umgebenden Elemente ein Ungleichgewicht verursacht. Wenn die Harmonien zwischen den Elementen gestört werden, werden die Energien in verschiedene Richtungen zerstreut. Dies führt bei den Bewohnern zu Stress, Anspannung und Krankheit. Das Denken und Handeln von Menschen, die in diesen Gebäuden leben oder arbeiten, wird ebenfalls beeinträchtigt. Auch für Geschäftshäuser können sich durch fehlender Einhaltung bestimmter Prinzipien, z. B. ungünstig gelegene Haupteingänge, negative Einflüsse, wie fehlender Erfolg, Pleiten und wechselnde Mieter einstellen. Durch falsche Platzierung können sogar teilweise fatale Ereignisse wie Unfälle und Todesfälle ins Leben gezogen werden.

Neueste Untersuchungen der modernen Wissenschaft haben bestätigt, dass unser Gehirn gegenüber Lage und Ausrichtung im Raum hochsensibel ist: Falsche Orientierung des Gebäudes bewirkt Desorientierung seiner Bewohner. Die angeborenen Sinne sind in einem Raum mit falscher Ausrichtung verwirrt, was zu physiologischen und psychologischen Störungen aller Art führen kann.

Beweise werden unteranderem in der im April 2022 veröffentlichten internationalen Studie geliefert:

‘‘Die veröffentlichen Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Einbeziehung der vedischen Prinzipien in Gebäude mit erheblichen Verbesserungen der körperlichen und geistigen Gesundheit und Lebensqualität der Bewohner einhergeht:besserer Schlaf, größeres Glück der Kinder und die Erfahrung eines erhöhten Sicherheitsgefühls und weniger Stress. Auch die Häufigkeit von Einbrüchen, eine soziale Determinante der Gesundheit,korreliert.Mögliche neurophysiologische Mechanismen werden beschrieben.‘‘
(Quelle: Global Advances in Health and Medicine- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9087237/N)

Das VAASTU Wissen sollte jeder Stadtplaner, Architekt, Investor und Bauherr bei der Planung, als Entscheidungshilfe oder als Mittel zur Korrektur bewusst einsetzen, um für die Bewohner mehr Lebensqualität, Glück und Wohlbefinden zu schaffen – eindeutig eine Aufgabe der Architektur!

Den vollen Nutzen kann die Wissenschaft bei einem Neubau entfalten, aber sie kann auch bei einer Immobilien-und Grundstück-Kaufentscheidung oder einer bereits bestehenden Wohn- und Arbeitssituation helfen. Gerade in den heutigen Zeit mit viel Leerstand bei den Geschäftsimmobilien macht sich eine Entscheidung für VAASTU Immobilien für Unternehmen mehr als bezahlt, wie es sich auch immer mehr in meiner täglichen Praxis zeigt.

VAASTU ist in Indien und China Bestandteil des Architekturstudiums und eine anerkannte Wissenschaft. Sie findet in Asien, im arabischen Raum, den USA und in Europa immer mehr Verbreitung. Zum Glück !

Solange das Wissen über VAASTU bei den Architekten selbst im Westen noch so wenig entwickelt ist, empfiehlt sich die frühzeitige Einbeziehung eines VAASTU Beraters in das Planungsteam. Nachträgliche Korrekturen ungünstig geplanter Gebäudeteile können sehr aufwendig, wenn nicht gar unmöglich, sein.