Start-up-Branding oder gehirn-gerecht zum Marken- und Unternehmenserfolg

Start-up-Branding oder gehirn-gerecht zum Marken- und Unternehmenserfolg

Um die Jahrtausendwende schrieb Fortune Magazine: „In the 21st century, branding ultimately will be the only unique differentiator between companies. Brand equity is now a key asset.“ Das gilt nicht nur für die großen bereits etablierten Marken. Das gilt vor allem auch für den „Markennachwuchs“. Jedoch verkaufen sich viele Start-ups leider weit unter ihrem möglichen Wert oder müssen sogar frühzeitig aufgeben, weil es ihnen nicht gelingt, eine starke Marke zu bauen.

Ohne starke Marke steigt das Risiko, dass man, egal wie gut die Gründungsidee war und egal wie ambitioniert die Ziele der Gründer und Gründerinnen waren, einfach sang- und klanglos in der Menge der Angebote untergeht. Das sollte nicht sein. Vielmehr sollte man die folgenden drei Punkte beachten:

 

(1) Eine starke Marke braucht zwei Namen

Was unterscheidet Vimeo von TikTok? Die Antwort ist aus Markensicht relativ einfach: Vimeo wird – wenn überhaupt – maximal als Kopie von YouTube wahrgenommen. TikTok wiederum wird mit Sicherheit nicht als eine weitere Kopie von YouTube wahrgenommen, sondern als Pionier und Marktführer bei Kurzvideos.

Damit sind wir bei einem wichtigen Punkt: Es genügt nicht, einen Markennamen im Markenregister, egal ob in Deutschland, in der EU oder selbst weltweit zu registrieren. Entscheidend ist, dass die Marke im Gehirn, also in der Wahrnehmung und im Gedächtnis der Kunden einen besonderen Platz besitzt. Genau dazu braucht man nicht einen, sondern zwei Namen, nämlich den Kategorienamen und den Markennamen:

 

Kategoriename ….. Markenname

Suchmaschine ….. Google

Video ….. YouTube

Kurzvideo ….. TikTok

Elektroauto ….. Tesla

Videostreaming ….. Netflix

Musikstreaming ….. Spotify

Smartphone-Bank ….. N26

Videokonferenz ….. Zoom

Onlinebezahlen ….. PayPal

Online-Translator ….. DeepL

Energydrink ….. Red Bull

 

So gesehen lag die wahre Kreativität von Dietrich Mateschitz nicht nur im Kreieren des Markennamens Red Bull, sondern vor allem in der Kreation des Kategorienamens Energydrink. Denn damit schuf sich Red Bull eine eigene Kategorie und Spitzenposition in den Köpfen der Kunden. Heute besitzt die Marke Red Bull die Kategorie Energydrink in der Wahrnehmung und im Gedächtnis. Sie denken Energydrink. Sie denken Red Bull.

Brillant in diesem Kontext ist auch OpenAI. Heute besitzt OpenAI mit ChatGPT die verbale Seite der KI und ist gerade dabei mit Sora auch die visuelle Seite, also die Video-KI in Beschlag zu nehmen. Anders ausgedrückt: Sie denken aktuell generell an KI, sie denken wahrscheinlich spontan an ChatGPT. In Zukunft werden Sie zudem bei Video-KI sehr wahrscheinlich an Sora denken.

Oder nehmen Sie eine Megamarke wie Nike. Der Startpunkt dieser Marke war nicht eine Megawerbekampagne rund um den Slogan „Just do it“, sondern die Kategorie oder Idee „der erste Sportschuh mit Waffelsohle“. Mit dieser speziellen Profilsohle schuf sich Nike 1971 eine neue Kategorie und schaffte so den Durchbruch. Der Slogan „Just do it“ kam dann 1988 das erste Mal zum Einsatz. Zu diesem Zeitpunkt war Nike bereits klarer Marktführer bei Sportschuhen in den USA:

 

(2) Eine starke Marke braucht Themenführerschaft

Wenn man als Start-up bewusst mit der eigenen Marke die Pionierrolle und Marktführerschaft in einer neuen Kategorie im Gehirn der Kunden sucht, hat man einen weiteren großen Vorteil, der gerne in der Hektik des Tagesgeschäfts übersehen wird. Denn nur und nur der wahrgenommene Pionier und Marktführer darf und sollte für die Kategorie in Summe am Markt eintreten.

Für Red Bull macht es Sinn für mehr Energydrink-Konsum einzutreten. Alle anderen Energydrinks müssen sich vor allem und zuerst von Red Bull differenzieren und das ist alles andere als einfach. An dieser mentalen Dominanz von Red Bull biss sich selbst die Coca-Cola Company die Zähne aus, egal ob man es mit KMX, Burn oder auch Coca-Cola Energy versuchte.

Aus diesem Grund empfiehlt es sich, dass man nicht nur die Kategorie und Marke aktiv bewirbt, sondern dass zudem die Gründer oder Gründerinnen aktiv die Sprecherrolle am Markt übernehmen. Nehmen Sie etwa Loxone in Österreich! 2009 startete diese Marke mit Kategorie „erste „miniserver-basierte Smarthome-Lösung“ Ganz wesentlich zum Durchbruch beigetragen haben dabei die Gründer Thomas Moser und Martin Öller, die speziell in den Anfangsjahren sehr aktiv für die Marke und das Unternehmen in den analogen und digitalen Medien öffentlich eingetreten sind. Heute macht Loxone über 200 Millionen Euro Umsatz und genießt Unicorn-Status.

Wenn man eine Kategorie als erste Marke besetzen möchte, muss man aber diese nicht unbedingt erfunden haben. Vielmehr kann man auch enorm erfolgreich sein, wenn man eine bestehende Kategorie als erste Marke im Gehirn der Kunden besetzt. Über Jahre war der Nissan Leaf das meistverkaufte Elektroauto dieser Erde in den Marktanteilsstatistiken. In den Köpfen der Kunden war der Nissan Leaf aber maximal ein weiteres Automodell der Marke Nissan.

Diese Situation nutzte perfekt Elon Musk, indem er aktiv mit der Marke Tesla die Kategorie Elektroauto besetzte. Spannend dazu ist auch, dass er dies gänzlich ohne klassische Werbung schaffte, obwohl er gegen Auto- und Werbegiganten wie Toyota, Volkswagen, Mercedes, BMW oder Porsche antrat. Entscheidend war auch hier, dass er aktiv die Konfrontation in den analogen und digitalen Medien und damit die Themenführerschaft suchte und fand. So gesehen haben natürlich auch Persönlichkeiten wie Steve Jobs, Mark Zuckerberg oder Jeff Bezos ganz wesentlich zum Erfolg von Apple, Facebook und Amazon beigetragen.

 

(3) Starke Marken brauchen eine klare Wachstumsdramaturgie

Unser Gehirn braucht in der Regel Zeit, um neue Kategorien und Ideen zu erkennen, zu beurteilen, zu akzeptieren und dann auch zu mögen. Die Reaktion auf neue Kategorien und Ideen sieht oft so aus:

Erste Reaktion: „Nie zuvor davon gehört. Das kann nichts werden.

Zweite Reaktion: „Das soll ein Erfolg werden. Das interessiert doch niemanden.

Dritte Reaktion: „Netter Gag, aber das wird bald vorbei sein.

Vierte Reaktion: „So blöd kann die Idee nicht sein.

Fünfte Reaktion: „Darauf hätte man selbst kommen können.

Sechste Reaktion: „Ich habe schon immer gewusst, dass das eine Bombenidee ist.

 

Die logische nächste Reaktion darauf sollte dann natürlich der Kauf sein. Natürlich laufen diese oben genannten Reaktionen nicht bei allen gleich und nicht immer genau in dieser Reihenfolge ab. Es gibt Menschen, die neuen Kategorien und Marken sehr aufgeschlossen gegenüberstehen, während andere etwas mehr oder teilweise auch sehr viel mehr Zeit brauchen, um sich für Neues zu öffnen.

Genau diese Reaktionsmuster sollte man im Kopf haben. Es scheitern viele neue Marken daran, dass man zu viel in zu kurzer Zeit auf einmal will. Anders ausgedrückt: Viele neue Marken scheitern nicht am zu kleinen Markt, sondern am zu großen Markt, in dem man sich einfach mental verliert. Wie man diesem Schicksal entgehen kann, zeigte uns Mark Zuckerberg perfekt mit Facebook vor.

Als Facebook im Jahr 2004 startete, gab es bereits zwei führende Soziale Netzwerke, nämlich MySpace und Friendster. Doch statt die Marke einfach als weiteres Soziales Netzwerk zu positionieren, fand Mark Zuckerberg eine erste Marktführerschaft für Facebook in Harvard. Facebook war so anfänglich das Soziale Netzwerk nur für diese eine Universität. Der Marktanteil bei den Studierenden lag dabei bei 90 Prozent.

Dann erweiterte er den Fokus auf die Ivy League und dann auf Universitäten allgemein. Mit dieser schrittweisen Vorgehensweise über den jeweiligen Zielmarkt bewegte sich Facebook von einer mentalen Position der Stärke zur nächsten, bis es dann die Welt eroberte. 2007 gab er dann das Netzwerk für die Allgemeinheit aus einer Position der Stärke frei.

Dazu noch ein wichtiger Punkt. Spontan denken viele Unternehmer und Gründer, wenn es um einen definierten Wachstumspfad geht, vor allem in Regionen, egal ob Städte, Länder oder später sogar Kontinente. In unserer digitalen Ära sollte man nicht nur in geographischen Regionen, sondern auch in Communities denken. So kann eine Marke in einer kleinen Community starten, um dann Schritt für Schritt größere Communities zu erobern. Dabei kann man sogar in Sozialen Netzwerken denken. Shein oder Temu wurden etwa auf TikTok groß. So kann es für eine Marke etwa Sinn machen, zuerst den „TikTok-Kontinent“, dann den „YouTube-Kontinent“ und später etwa den „Facebook- und/oder Instagram-Kontinent“ zu erobern.

 

Die eigene Erfolgsgeschichte vorab schreiben

Wer heute eine erfolgreiche Marke von Null weg bauen möchte, sollte wie eine Art „Markenregisseur“ denken, der die eigene Kategorie und folglich Marke Schritt für Schritt zuerst in den Köpfen der Kunden und dann am Markt etabliert. Dabei sollte man sich immer vom konkreten Kleinen zum emotionalen Großen bewegen.

Vor allem aber sollte man sich ganz genau überlegen, wo der erste echte Startpunkt der Marke im Sinne einer ersten Marktführerschaft liegt. Dazu kann und sollte man sich Facebook und damit folgende Frage selbst ins Gedächtnis rufen, nämlich: „Wo ist Ihr „Harvard“ oder Ihre erste mentale und dann tatsächliche Marktführerschaft für Ihre Marke?“ Die Antwort auf diese Frage kann den einen großen Unterschied ausmachen.

 

Expertenbeitrag von

Markenstratege Michael Brandtner ist Österreichs führender Markenpositionierungsexperte und Lead Partner of Ries Global. Zudem ist er Autor der Bücher „Markenpositionierung im 21. Jahrhundert“ und „Radikale Markenfokussierung“. Sein Blog: www.brandtneronbranding.com

(Fotocredit: Ries Global)

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Zum Expertenprofil von: Michael Brandtner

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