Mental Coaching – der Weg zum besseren Ich

Interview mit Gabriele Seynsche
Heute sprechen wir mit Gabriele Seynsche, Mental-Coach und Psychotherapeutin in ihrer gleichnamigen Praxis in Frankfurt, über Mental Coaching. Wie aus einem jahrzehntelang leidenschaftlich ausgeübten Beruf plötzlich Panikattacken resultieren oder Versagensängste Überhand nehmen können, wie man derartige Ängste und andere Probleme erfolgreich bewältigen kann, erklärt sie uns im Folgenden anhand ihrer Erfahrung und ihrer Fachkompetenz.

Können Sie uns Beispiele geben, wie Sie einen Kunden dabei unterstützt haben, seine Ängste zu überwinden?

Aktuell habe ich eine erfahrene Führungskraft im IT-Business (Vertrieb) gecoacht, die „Druck von allen Seiten“ hatte:

– Zielvorgaben von Firmenleitung und Investoren 

– Kunden-Erwartungen, permanente Verfügbarkeit, Zeitdruck

– Mitarbeiterteam (Motivation, Zeitdruck, Loyalität)

Dieser Druck führte bei meinem Klienten auf mentaler Ebene zu Selbstzweifeln und Ängsten und auf körperlicher Ebene zu permanenter Unruhe und Schlafstörungen. In intensiven Gesprächen stellten wir seine langjährigen beruflichen Erfolge in seinem derzeitigen (und auch vorherigen) Unternehmen – gegen die aktuelle Situation. Letztere war in seinem Erleben so übermächtig, dass sie alles bis dahin Erreichte wider besseres Wissen überdeckte. Die tieferliegenden Gründe für seine unbegründeten Selbstzweifel und Ängste fanden wir in seiner Lebensgeschichte: Eine extrem hohe Leistungserwartung von Seiten eines cholerischen und unberechenbaren Vaters (Alkoholiker) hatten bei meinem Klienten in seiner Kindheit und Jugend zu einem jahrelangen Dauerzustand von Zweifel und Angst geführt. Genau diese Gefühle, die im Unterbewusstsein gespeichert sind, waren durch die aktuelle Situation im Unternehmen wieder angetickt. Sein Kinder-/Beziehungsgehirn hatte die „Chefrolle“ übernommen. Durch diese Erkenntnis gelang es ihm, die alten Gefühle von der aktuellen Situation zu entkoppeln und sich auf seine tatsächlichen Fähigkeiten zu besinnen. Im Coaching vermittelte ich dem Klienten außerdem Atem- und Entspannungstechniken, mit denen er Unruhe und Schlafstörungen in den Griff bekam. Ein anderes Beispiel: Ein Chef de Cabine bei der Lufthanse, seit zwanzig Jahren im fliegenden Dienst tätig, bekam „wie aus dem Nichts“ plötzlich Panikattacken, wenn er auf dem Weg zum Einsatz war. Diese Panikattacken waren für ihn so beängstigend, dass er umkehrte, nach Hause fuhr und sich krankmeldete. Er suchte mich 2015 auf, weil er befürchtete, in den Bodendienst versetzt zu werden, wenn er so weitermachen würde. Das wollte er auf keinen Fall, denn er liebte seinen Beruf. Wir fanden schnell heraus, wodurch diese Panikattacken ausgelöst worden waren: Eine Germanwings Maschine war von einem psychisch kranken Copiloten gegen einen Berg in den französischen Alpen geflogen worden, wobei alle Insassen starben. An dieses Ereignis wird sich wohl jeder von uns erinnern. Weil das Ereignis aber schon Monate zurücklag und der Klient schon immer „mit Leidenschaft“ geflogen war, wies er einen Zusammenhang mit seinen Panikattacken zunächst entschieden zurück: „Ich fliege seit zwanzig Jahren“, „Fliegen ist sicher“. Und weitere rationale Argumente. Auf unterbewusster Ebene hatte sich das Ereignis aber mit einer (Über-Lebensstrategie aus seiner Kindheit verknüpft. Diese hieß: nie die Kontrolle verlieren. 

Es war dann für ihn auch rational nachvollziehbar, warum sein Körper ihn (hier hauptsächlich vom Stammhirn ausgelöst) schützen wollte. Dramatischer als in der Situation, in der sich alle Insassen der Germanwings Maschine befunden hatten – sie wussten, dass sie in den sicheren Tod geflogen wurden –, kann man wohl kaum die Kontrolle verlieren. Bereits nach vier Sitzungen war der Klient wieder in der Lage, seinen Beruf ohne Angst auszuüben.

Wie gehen Sie bei der Identifikation von limitierenden Überzeugungen vor?

Hierzu habe ich die Methode der „7-Jahresschritte“ entwickelt. Meine Klienten erstellen eine detaillierte Sammlung all dessen, was sie im Laufe ihres Lebens:

a) gelernt

b) geleistet und

c) überwunden haben.

Auf Basis dieser Sammlung erarbeiten wir gemeinsam eine umfangreiche Selbsterkenntnis, die da lautet: „Ich (Name des Klienten) bin …“ und „Ich kann …“.

So können limitierende Überzeugung aufgrund von gelebten „Beweisen“ eliminiert werden.

Inwieweit spielt Empathie in Ihrer Arbeit als Mental Coach eine Rolle?

Sie ist Grundbedingung, wenn man als Coach/Therapeut tätig ist. Klienten müssen spüren können, dass sie von ihrem Gegenüber verstanden und ihre Gefühle gespiegelt werden. Nur dann können sie ihrem Coach/Therapeut wirklich vertrauen. Und Vertrauen wiederum ist die Basis für eine erfolgreiche Zielerreichung des Klienten.

Wie bereiten Sie einen Kunden auf eine Herausforderung oder Prüfung vor?

Das ist abhängig vom individuellen Thema des Klienten. Will er sich beispielsweise erfolgreich auf eine neue berufliche Herausforderung vorbereiten, optimiere ich mit ihm seine Bewerbungsunterlagen (das kann ich sehr gut) und mache mit ihm gegebenenfalls ein Körpersprachetraining. Hat er Prüfungsängste, bringe ich ihm Atem- und Entspannungsübungen bei. Will er eine berufliche Neuorientierung, gehen wir gemeinsam durch die o.g. 7-Jahresschritte und suchen nach seiner wahren Berufung. So kann beispielsweise aus einem Buchhalter ein Heilpraktiker werden.

Wie integrieren Sie Meditation und Atemübungen in Ihre Mental-Coaching-Sitzungen?

Je nach Thema, Aufgabe und Verfassung meiner Klienten setze ich auf Basis meiner Ausbildung zur Hypnotherapeutin Trance-Sequenzen und Atemübungen ein. Wann ich diese einsetze, entscheide ich aus der jeweiligen Situation heraus.

Wie arbeiten Sie an der Förderung eines positiven Mindsets bei Ihrem Kunden?

Zum einen mit Hilfe der schon erwähnten Methode der 7-Jahreschritte. Aber auch mit einem speziellen Denk- und Sprachtraining namens „Sprache als Werkzeug zur Gehirngestaltung“. Dabei lernt der Klient, sich aus der leider generell sehr negativ gepolten typisch deutschen Art zu denken und zu sprechen zu befreien und in einen positiven Modus zu wechseln. (Nicht gleichbedeutend mit dem viel zu allgemein gehaltenen „Think Positive“).

Frau Seynsche, vielen Dank für das Interview.

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Gabriele Seynsche

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