Mental Coaching – Ist das Glas halb voll oder halb leer?

Interview mit Birgit Schäfer
Es macht schon einen gewaltigen Unterschied, ob man das Glas halb voll oder halb leer sieht. Laut Psychologen und neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen sind die Gedanken entscheidend für Erfolg und beeinflussen die Realität maßgeblich. Mag vielleicht utopisch klingen, aber positives Denken scheint in diesem Zusammenhang gar nicht mehr nur eine so daher gesagte Redewendung zu sein. Nun hat man aber nicht immer eine rosarote Brille auf, läuft lächelnd durch die Welt, hat immer gute Laune und ist standhaft wie ein Fels in der Brandung. Ab und zu können bestimmte Ereignisse, Verluste, Traumata usw. den Menschen aus der Bahn werfen, manchmal sogar so weit, dass man den Glauben an sich selbst verliert. Ist einem dieser nihilistische, negative und oft auch selbstzerstörerische Zustand bekannt und möchte dagegen arbeiten, können einem Menschen wie Birgit Schäfer dabei helfen. Als Mental Coach und Managementtrainerin in München, besitzt sie die nötige Erfahrung und Expertise, um ihren Klienten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, ihre Ängste zu überwinden, ihre Gedanken in eine positive Richtung umzustrukturieren und vieles mehr. Im Folgenden erzählt sie uns etwas über ihre tägliche Arbeit als Mental Coach.

Können Sie uns Beispiele geben, wie Sie einen Kunden dabei unterstützt haben, seine Ängste zu überwinden?

Ein Beispiel ist ein Klient, der Versagensängste hatte und kleine Fehler sofort als mögliche Katastrophe gesehen und sich damit selbst blockiert hat. Er hat sich sehr stark auf mögliche Konsequenzen und Gefahren konzentriert, die zwar möglich, aber wenig wahrscheinlich waren. Unterstützt hat den Klienten, zu verstehen, dass der Druck der Angst zur Verschlimmerung seiner negativen Gedankenketten beigetragen hat und welche Auswirkungen Angst auf die körperlichen Vorgänge hat.

Es war für ihn wichtig zu verstehen, wie die Angst entsteht und auf welchen Schlüsselreiz er reagiert und mit welchen Erlebnissen aus der Vergangenheit er dies verknüpft. Des Weiteren haben wir herausgearbeitet, welchen positiven Aspekt diese Angst beinhaltet. Es sollte nicht Ziel sein, komplett angstfrei zu sein, sondern die positiven Aspekte zu sehen und in der Einschätzung realistisch zu bleiben. Die Einordnung nach Wahrscheinlichkeit und Möglichkeit half ihm. Des Weiteren haben wir ein Worst-Case- und ein Best-Case-Szenario erarbeitet. Die Konzentration der Gedanken sollte dann darauf gerichtet werden: „Was kann ich dazu beitragen, dass das Best-Case-Szenario eintritt?“ Es ging also darum, das Gefühl hinter der Angst herauszuarbeiten, einen Perspektivwechsel einzunehmen und bewusst die Selbstgespräche umzusteuern. Des Weiteren sollte der Klient aufschreiben, in welchen Situationen er Schlimmstes angenommen hat, das nicht eingetreten ist. So konnte er sehen, dass die eigenen Angstfantasien meist nicht eintreten und Vertrauen zurückgewinnen.

Selbstverständlich war es wichtig, dass wir analysiert haben, ob es sich um Ängste, um Phobien oder um eine Angststörung handelt. Diese gehören in der Behandlung in psychologisch professionelle Hände. Die Abgrenzung von Mental-Coaching und Therapie sind hierbei natürlich zu beachten.

Wie gehen Sie bei der Identifikation von limitierenden Überzeugungen vor?

Der Klient / die Klientin füllt einen Fragebogen aus, der einige gängige limitierende Überzeugungen beinhaltet. Bei jeder Aussage muss ausgewählt werden, inwieweit der Klient / die Klientin zustimmt.

Des Weitern soll der Klient / die Klientin Sätze notieren, welche am meisten von dem Zustand abweichen, die sie ihrem Ziel näher bringen.

Als nächstes beobachten wir genau, wie der Körper auf die unterschiedlichen Sätze reagiert. Dabei wird die körperliche Wahrnehmung gefördert.

Dann werden die negativen Überzeugungen in positive Überzeugungen umgewandelt. Oder wir erarbeiten einen „roten Faden“ der negativen Überzeugungen.

Alternativ kann der Klient / die Klientin ausprobieren, wie er / sie sich ohne den limitierenden Glaubenssatz verhalten würde – und dieses Probeverhalten im Alltag umsetzen.

Zur Entkräftung der Glaubenssätze suchen wir nach Ausnahmen im Lebenslauf, die diesen Glaubenssatz entkräften.

Inwieweit spielt Empathie in Ihrer Arbeit als Mental Coach eine Rolle?

Empathie ist die wichtigste Voraussetzung in der Arbeit als Mental Coach. Dadurch fällt es leichter, die Gedanken, Einstellungen und Ansichten der Klienten wahrzunehmen und zu verstehen. Empathie erleichtert die Kommunikation, da wir uns leichter in den Gesprächspartner / die Gesprächspartnerin hineinversetzen können.  

Empathie ist die Voraussetzung, dass wir den anderen wirklich verstehen wollen – also die Bereitschaft, jeden Menschen in seiner eigenen Welt zu begreifen. Wichtig ist, dass Empathie nicht Mitleiden bedeutet. Das ist oft die Herausforderung für einen Coach – sich einzufühlen und dennoch eine gute Abgrenzung zu finden.

Wie bereiten Sie einen Kunden auf eine Herausforderung oder Prüfung vor?

Wir nutzen Übungen aus dem Mentaltraining. Dabei ist die gedankliche Vorwegnahme der Situation besonders wichtig. Wir erstellen eine Art „Match-Plan“. Das bedeutet, dass wir das bevorstehende Szenario genau betrachten und erarbeiten, wie sich der Klient / die Klientin konkret in dieser Situation verhalten wird. Es geht nicht um die inhaltliche Auseinandersetzung, sondern um das Verhalten. Umso genauer und umso häufiger in Gedanken die Situation im Vorfeld durchgegangen wird, umso leichter kann das Gehirn es in dieser Situation abrufen.

Damit die Bestleistung im entscheidenden Moment abgerufen werden kann, erarbeiten wir anhand bisheriger Erfolgserlebnisse die Strategien, die bisher auch hilfreich waren.

Atemübungen und Bewegungsübungen helfen im Vorfeld Druck abzubauen. Je nach Klient / Klientin und Zielsetzung nutzen wir unterschiedliche Tools aus dem Mentaltraining.

Wie integrieren Sie Meditation und Atemübungen in Ihre Mental-Coaching-Sitzungen?

Das ist sehr unterschiedlich. Dies kann bei starkem Stress bereits zu Beginn der Sitzung sinnvoll sein oder als Vorbereitung für Tools aus dem Mentaltraining.

Wie arbeiten Sie an der Förderung eines positiven Mindsets bei Ihrem Kunden?

Meine Kunden erhalten Selbstcoachingtools, mit denen sie in ihrem Alltag arbeiten können. Es ist besonders ratsam, dass die Klienten auf ihre inneren Dialoge achten und einstufen, welche Gedanken positiv und stärkend sind und welche eher schwächend und destruktiv sind. Diese gilt es dann umzuformulieren.

Wir erarbeiten bei belastenden Situationen die negativen, aber auch die guten Seiten herauszufinden, die diese Situation mit sich bringt.  

Dabei ist wichtig, dass wir die negativen Seiten  nicht negieren, sondern es möglich machen, beide Seiten zu sehen. Dabei ist es sinnvoll, 10 positive Seiten zu suchen. Das erweitert den Blick.

Ob die Vorwegnahme einer Situation, bisherige Erfolge im Leben sichtbar zu machen, Worst- oder Best-Case-Szenarien zu erarbeiten, einen Mentor zu installieren … die Auswahl an Methoden zur Förderung eines positiven Mindsets sind vielfältig.

Frau Schäfer, vielen Dank für das Interview.

Interview teilen: 

Facebook
Twitter
LinkedIn
WhatsApp
No related posts found for the provided ACF field.

Zum Expertenprofil von Birgit Schäfer

Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter diesem Link:

Weitere Interviews

die neusten BTK Videos