Mental Coaching – „Mentale Steine aus dem Weg räumen“

Interview mit Stefan Westbrock
Wir sprechen heute mit Stefan Westbrock, Gründer von deepvelop GmbH in Hamburg, über Mental Coaching. Als Diplom-Psychologe, Hypnotherapeut, Sportmentaltrainer und Ausbilder besitzt er umfangreiches Wissen und viel Erfahrung, um uns einen tiefen Einblick ins Mental Coaching zu geben und verständlich zu machen, was genau dahinter steckt. 

Können Sie uns Beispiele geben, wie Sie einen Kunden dabei unterstützt haben, seine Ängste zu überwinden?

Ängste entwickeln sich entweder plötzlich oder schleichend. Bei der Bearbeitung helfen daher auch zwei unterschiedliche Herangehensweisen: zum einen wird geschaut, woher die Ängste kommen. Eventuell kommt man dadurch einem starken Anfangsreiz auf die Schliche, den es dann zu bearbeiten gilt. Oder die Ängste haben sich langsam entwickelt. Dann wird man keinen eindeutigen ursächlichen Grund finden. Das Coaching/die Bearbeitung geht dann eher in die Richtung, Ressourcenarbeit zu leisten und zu schauen, in welchen Situationen die Ängste nicht auftreten und wie man diesen Zustand vergrößern und ausweiten kann. Hier spreche ich von einem hypnosystemischen Ziel- und Lösungsansatz. Das Interesse des Coaches sollte natürlich vorhanden sein, woher die Ängste kommen. Viel wichtiger ist aber die Frage, wo die Reise hingehen soll. Daher stelle ich zu Beginn eines Coachings gerne die Frage, wie sich der Klient fühlen will, wenn wir miteinander gut gearbeitet haben, der Klient zufrieden ist und nach Zeit x (ein paar Wochen oder Monaten) rückblickend mit dem Prozess einverstanden und glücklich ist. Dadurch entwickeln sich in der Regel schon assoziative neuronale Netzwerke, die das unerwünschte Verhalten verändern.

Wie gehen Sie bei der Identifikation von limitierenden Überzeugungen vor?

Auch hier stelle ich eher die Frage, wie sich der Klient entwickeln will, als (zu) genau herauszufinden, woher die Probleme kommen. Ressourcenarbeit und Zielfokussierung sind in einem solchen Fall ähnlich erfolgreich. Bei größerer Identifikation mit eigener Geringschätzung macht es sicher Sinn, mit Techniken zur Emotionsregulation wie Hypnose, EMDR, EFT zu arbeiten. Das Ziel bleibt natürlich ein sukzessiv verändertes Verhalten, welches als Erfolgserlebnis abgespeichert wird und dadurch auch neuronal wirkt. Hier möchte ich das Bild anfügen, dass die neuronalen Autobahnen weniger befahren werden und dahingehend anfängliche Feldwege zu größeren neuronalen Straßen werden.

Inwieweit spielt Empathie in Ihrer Arbeit als Mental Coach eine Rolle?

Empathie spielt im Coachingprozess eine wichtige Rolle. Dem Klienten kann man der Beste psychologische Begleiter sein, wenn er sich wohlfühlt, vertraut und auch über Dinge spricht, die ihm vielleicht unangenehm sind. Dadurch kommt meist eine Dynamik in Gang, mit der sich strukturell neue Sichtweisen entwickeln. Dabei lasse ich mich von der Philosophie leiten, dass der Klient, wenn er mit einem ausgesprochenen (expliziten) Anliegen bzw. Leid zu mir kommt, implizit schon „weiß“, welche Lösung für ihn die Richtige ist. Und dann geht es „nur noch“ darum, mit ihm diese Lösungsmöglichkeiten aufzudecken. Als wären die Lösungen im momentanen Zustand nur unter einem Steinhaufen verschüttet. Die Arbeit des Coaches liegt dann darin, Hilfestellung zu geben, diese mentalen Steine aus dem Weg zu räumen, um die Sicht auf die Lösungen zu ermöglichen.

Wie bereiten Sie einen Kunden auf eine Herausforderung oder Prüfung vor?

Als erstes würde ich fragen, wie gut der Klient sich vorbereitet hat. Denn Angst vor größeren Aufgaben ist ja normal und auch gesund. Dadurch entsteht körperlich eine Aktivierung und Fokussierung auf das Nötige. Falls die Ängste zu groß werden, bieten sich natürlich Entspannungsübungen an, um in den richtigen Zustand von Herausforderung und Anspannung zu kommen. Zu wenig ist Langeweile, zu viel ist Überforderung. Für sich das passende Maß zu finden, hat dann auch etwas mit der eigenen Persönlichkeit zu tun. Mancher mag es eher fordernd. Ein anderer braucht eher Klarheit und Ruhe. 

Zielführend für eine gute Einstellung zur Herausforderung ist ein kleiner Trick, nämlich, sich in einen Zustand zu bringen, in dem man sich selbst visualisiert, wie man nach der Prüfung entspannt und glücklich ist, weil alles gut geklappt hat. In der Regel motiviert dieses innere Bild enorm, sich ausreichend vorzubereiten, um dieses Gefühl dann auch in Realität zu erreichen.  

Wie integrieren Sie Meditation und Atemübungen in Ihre Mental-Coaching-Sitzungen?

Mediation, bzw. Visualisierung ist ein gängiges Tool, um sich selbst eine Vorstellung von den gewünschten Zielbildern zu geben. Atementspannung gebe ich fast jedem Klienten für den eigenen „Werkzeugkoffer der Selbstregulation“ als Hausaufgabe mit. Hier bekomme ich ausnahmslos positive Rückmeldungen. Auch, weil man diese Übung zu jeder Zeit an jedem Ort durchführen kann. Einfach die Hand auf den Bauch legen – die Hand soll sich beim Atmen durch das Heben und Senken des Bauches bewegen -, normal Einatmen und dann darauf achten, länger, fließend und gleichmäßig Auszuatmen. Wenn man sich dann noch dabei vorstellt, dass der Bauch sich hebt und senkt, weil ein Luftballon im Bauchraum – wie von selbst – größer wird und wieder Luft abgibt, dann wird sich in der Regel eine Entspannung einstellen. Und wer das jetzt mal durchführt, wird sicher feststellen, je intensiver man sich diesen Luftballon vorstellt, desto weniger ist es möglich, zu denken, welche Aufgabe jetzt denn als nächstes anstehe und Stress verursacht. Man ist durch diese Übung deutlich mehr im Hier und Jetzt. Und das entspannt.

Wie arbeiten Sie an der Förderung eines positiven Mindsets bei Ihrem Kunden?

Zuerst einmal würde ich dahin schauen, was die Ursache für ein negatives Mindset darstellt. Fühle ich mich ein meinem Job richtig wohl? Bin ich an der richtigen Stelle eingesetzt? Schlummern in mir Potentiale, die ich momentan nicht umsetzen kann? Falls dem so ist, würde ich mit dem Klienten mal dort hinschauen, wie sich es anfühlen würde – und was das mit dem Mindset machte – wenn die Umstände andere wären. Natürlich ist es nicht immer möglich, das Außen zu ändern. Dennoch lohnt sich der Blick, um noch mehr zu verstehen, was man selbst denn so will.

Falls sich das Außen nicht ändern lässt, sollte man das fokussieren, was man im Kleinen für sich ändern kann. In der Regel helfen diese Hebel, um für sich eine positivere Einstellung und dadurch auch größere Selbstwirksamkeit zu entwickeln. Und das Ziel bleibt das Gleiche: Resilienz und Selbstwirksamkeit zu gestalten und sich mit größtmöglichem Wohlbefinden den Aufgaben zu stellen. 

Dies ist ein sehr wichtiger Ansatz, der sich aus dem Mentaltraining mit Sportlern bewährt hat. Etwas zu leisten, was nicht zur eigenen Persönlichkeit passt, wird nur kurzfristig funktionieren. Die meisten Sportler haben nämlich verstanden, dass Selbstoptimierung nur mit einem guten Gefühl und einem Zustand von Wahrhaftigkeit und Wohlbefinden einhergehen kann.

Herr Westbrock, vielen Dank für das Interview.

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Stefan Westbrock

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