Mental Coaching – Schritt für Schritt zur Befreiung

Interview mit Heike Wycisk
Seine Ängste zu überwinden ist schwieriger, als manch einer denken mag. Meist braucht man dafür professionelle Unterstützung. Mental Coaches wie Heike Wycisk helfen dabei, anhand bestimmter Techniken und individuelle Schritt-für Schritt-Anleitungen, die Ängste ihrer Kunden zu analysieren, Pläne zu entwickeln und konkrete Handlungswege zu erarbeiten, die den Kunden dabei helfen sollen, in kleinen Schritten die jeweiligen selbst gesetzten Ziele zu erreichen und somit langfristig die Ängste zu bewältigen. Die Profisportlerin und Mentaltrainerin von surfyourbrain.de erklärt uns ganz genau, wie ein Mental Coaching abläuft und was dabei wichtig ist.

Können Sie uns Beispiele geben, wie Sie einen Kunden dabei unterstützt haben, seine Ängste zu überwinden?

Ängste besiegen, bekämpfen, auflösen…das klingt gut. Und viele wünschen sich eine schnelle Zauberlösung, weil ein Angstgefühl als unerwünscht und unangenehm interpretiert wird. Eine schnelle Lösung kann es geben, aber in der Regel braucht es Zeit, wenn „echte“ Angst herrscht. Hilfreich ist es, wenn wir erkennen, dass Angst eine Schutzfunktion für uns hat. Der erste Schritt kann also sein, die Angst nicht als etwas Unerwünschtes zu sehen, sondern als etwas Hilfreiches. Dazu schaue ich mir mit dem/r Klienten/in erstmal die konkrete Situation sehr differenziert an. Wenn klar ist, was genau die Bedenken und Gedanken sind, aus denen heraus die Angst entsteht, kann der nächste Schritt vorgenommen werden. Und das ist je nach Situation ganz individuell. Manchmal sind es zu hoch gesteckte Ziele. Das kann Tempo, Intensität, Zeitpunkt oder Qualität betreffen. Wenn das aufgedeckt und erkannt ist, kann der Fokus auf etwas konkretes bzw. eine nächste Handlung gerichtet werden. Damit erhalten wir bzw. unser Körpersystem wieder Orientierung und Kontrolle. Oft ist der Eindruck von Kontrollverlust der Auslöser für Gedankenkreisel oder Worst-Case Szenarien. Und dann kann Stress im Körper entstehen, der sich anfühlt wie Angst. Der nächste kleinste Schritt ist die Lösung. Und der erfolgt mit Hilfe des Verstandes auf der Körperebene. Also Kopf und Körper gehen hier Hand in Hand. Wir dürfen es als ein gleichberechtigtes Team verstehen. 

Angst, die auch durch schlechte Erfahrungen entstehen kann, lässt uns achtsamer durchs Leben gehen, um uns zu schützen. Wenn wir dies anerkennen und den nächsten kleinsten Schritt gehen, kann Vertrauen wachsen. Also muss nichts bekämpft, überwunden oder gelöst werden. Der veränderte Fokus kann der nächste kleinste Schritt sein.

Wie gehen Sie bei der Identifikation von limitierenden Überzeugungen vor?

Hilfreich ist es, wenn ein bestimmtes anvisiertes Ziel in ganz konkrete kleine Handlungsschritte aufgeteilt wird. Ein zu weit entferntes oder ggf. für den Moment zu hoch gestecktes Ziel kann dazu führen, dass wir uns wie blockiert fühlen. Die nächsten kleinen Schritte helfen, wieder Klarheit herzustellen und dann kann Motivation ganz natürlich wieder aufkommen. Und vielleicht erkennen wir dann auch, welches Ziel stimmiger ist, oder dass es ggf. gar nicht „unser Ding“ war und können was anderes ausprobieren. Und wenn es kein nächstes Ziel gibt, dann ist die Anerkennung, dass es vielleicht jetzt gerade kein Ziel gibt. Und das wird in der Regel nicht für immer so sein. Das Ziel könnte also sein, ziellos weiterzugehen und sich überraschen zu lassen.

Inwieweit spielt Empathie in Ihrer Arbeit als Mental Coach eine Rolle?

Empathie ist ein Teil bei der Arbeit. Genaues analysieren der Situation, Kreativität bei den individuellen Aufgabenstellungen und gegenseitige Sympathie spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Wichtig ist außerdem, dass Kunden erkennen, dass Coaches keine Lösungen liefern, sondern dabei helfen, eine eigene Lösung zu finden.

Wie bereiten Sie einen Kunden auf eine Herausforderung oder Prüfung vor?

Das kommt natürlich auf die Herausforderung bzw. Prüfung an. Aber in der Regel hilft eine ganz sachliche und konkrete Auseinandersetzung mit dem Thema dabei, den gedachten Stress herunterzufahren. Wenn ich einen konkreten Plan in Handlungsschritte runterbreche, habe ich keine Zeit mehr in Horrorszenarien abzudriften. Und sollte es dazu kommen, helfen uns unsere Sinne dabei, das Nervensystem wieder herunterzufahren. Bewusstes Atmen oder auch den Atem beobachten, fühlen, Blickrichtung verändern und leise vor sich hinsagen, was der nächste kleine Schritt ist. Und das kann z.B. die Anweisung „Ich atme langsam ein und aus!“ sein. Um das in einer Prüfungssituation parat zu haben, muss es aber vorher in entspannter Atmosphäre „geübt“ werden. So, dass quasi eine Routine entstehen kann. Routine, ohne sich in Dogmatismus zu verlieren, gibt uns Sicherheit. Und dann ist der Stress, der ja auch Motor ist, auf ein passendes Maß reguliert.

Wie integrieren Sie Meditation und Atemübungen in Ihre Mental-Coaching-Sitzungen?

Atemübungen sind oftmals eine sehr hilfreiche Aktivität. Zum Beruhigen oder Aktivieren des Nervensystems. Je nachdem, was nötig ist. Zum Thema Meditation bestehen häufig unterschiedliche Vorstellungen. Daher ziehe ich individuelle Aktivitäten, die sehr körperorientiert sind – und das schließt den Kopf bzw. das Gehirn ein – vor, da es konkreter und leichter umsetzbar für den Kunden ist.

Wie arbeiten Sie an der Förderung eines positiven Mindsets bei Ihrem Kunden?

Wichtig ist, dass es nicht nur um ein positives Mindset geht und alle als negativ interpretierte Gedanken verteufelt werden. Auch hilft es nicht, alles schön zu reden. Wichtig ist, dass eine ausgewogene Balance von negativen und positiven Gedanken entsteht. Und da unser Gehirn von Natur aus nach Gefahren sucht, um uns zu schützen, kann es helfen, sich jeden Tag auch die Highlights vor Augen zu führen oder einen Sachverhalt ganz analytisch und differenziert zu betrachten, ohne die Probleme klein zu reden. 

Frau Wycisk, vielen Dank für das Interview.

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Zum Expertenprofil von Heike Wycisk

Heike Wycisk

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