Methoden und Ziele von professionellem Berufscoaching – Sven Emmrich (Karrierehelden)

Interview mit Sven Emmrich
Wir sprechen mit Sven Emmrich, Geschäftsführer von Karrierehelden, über professionelles Berufscoaching, dessen Ziele, Herausforderungen und Zukunftsaussichten.

Sie unterstützen sowohl Berufseinsteiger als auch Professionals bei der Suche nach dem perfekten Job und dem perfekten Arbeitgeber. Was sind die Ziele und auch vor allem die Herausforderungen Ihrer Kunden in diesem Bereich?

Die Ziele und Herausforderungen unserer Coachees sind natürlich immer abhängig von der jeweiligen Lebenssituation. Berufseinsteiger:innen haben häufiger die Herausforderung, dass sie „scheinbar“ keine Erfolge in ihrem Lebenslauf vorweisen können – hier müssen wir genauer hinschauen als bei Menschen mit mehr Berufserfahrung. Viele Studiengänge sind zudem nicht auf eine klare Berufsbezeichnung zugeschnitten und es fällt schwer, hier auszuwählen, welcher Job nun wirklich zu den Fähigkeiten und Wünschen passt. Außerdem haben junge Menschen oft sehr wenig Erfahrung mit Gehaltsgesprächen und haben Sorge, sich unter Wert zu verkaufen oder aber zu viel zu verlangen und deshalb abgelehnt zu werden.

Viele unserer Coachees zwischen Mitte 30 und Ende 50 wollen sich beruflich neu orientieren. Hier stellen sich Fragen wie „Welche Chancen habe ich?“, „Welche Weiterbildung könnte hilfreich sein?“ oder „Wie viel Zeit will ich mir für die Neuorientierung geben?“. Ziel ist vor allem, herauszufinden, wie die nächsten Schritte konkret aussehen sollen und wie unsere Coachees vorgehen müssen, um ans Ziel zu kommen. Je mehr Berufserfahrung da ist, desto leichter ist es, Erfolge herauszustellen, die eine Passung zur Stelle deutlich machen – gleichzeitig haben hier einige Coachees aber die Herausforderung, dass sie sich vielleicht nicht mehr so gut daran erinnern, was sie vor fünf Jahren bei Projekt XY genau erreicht haben.

Wie wichtig sind Softskills heutzutage?

Softskills sind immer noch enorm wichtig – viele vergessen nur, dass es mehr als Teamfähigkeit und Ehrgeiz gibt. Die meisten Fragen in Vorstellungsgesprächen – abgesehen von fachlichen Fragen – sind Verhaltensfragen und zielen darauf ab herauszufinden, wie ein Mensch in einer gewissen Situation reagiert und handelt, mit allen Softskills. „Wie gehen Sie damit um, wenn Ihnen ein Kollege/eine Kollegin ständig widerspricht?“ ist zum Beispiel eine Frage nach Konfliktmanagement, Durchsetzungsvermögen, Kommunikationsgeschick oder auch Kompromissbereitschaft. Es geht nicht darum, einfach zu behaupten, dass man diese und jene Softskills hätte, sondern zu belegen, wie man sie einsetzt.

Damals war es ja ein No Go, wenn man aufgrund von beispielsweise Reisen eine Lücke im Lebenslauf aufwies. Wie sie es heutzutage aus? Wird es immer noch als Mangel gesehen oder kann es vielleicht sogar positiv gesehen werden?

Gerade beim Thema Reisen vor, während oder kurz nach dem Studium ist das in heutigen Lebensläufen kein Problem mehr. Bei einer Reise erlernt man viele wichtige Softskills, wie interkulturelle Kompetenzen, Organisationsgeschick, Durchhaltevermögen, Stressmanagement und vieles mehr – das kann selbstverständlich positiv zum nächsten Job beitragen. Corona hat zudem dafür gesorgt, dass Arbeitgeber:innen entspannter geworden sind, was die Länge der Arbeitslosigkeit betrifft. Wir alle haben miterlebt, wie schwierig die Situation in jeder einzelnen Branche war, daher ist Großteil der Entscheider:innen nicht mehr so nachtragend wie früher. Es gilt: je weniger Fragen eine Lücke aufwirft und je besser der CV einen roten Faden erkennen lässt, desto besser.

Sowohl ein Bewerbermarkt ist vorhanden als auch gleichzeitig ein Fachkräftemangel. Theoretisch könnten Bewerber sich einfach die für sich passenden Unternehmen heraussuchen und sich eigenständig bewerben. Warum brauchen dennoch viele Bewerber Ihrer Meinung nach ein professionelles Coaching?

Ganz so einfach ist das leider nicht – dann hätten wir deutlich weniger zu tun. Wir müssen verstehen, dass wir als Bewerber:in immer erstmal ein Risiko für ein Unternehmen darstellen. Wir kosten ab dem ersten Tag Geld, aber bringen vielleicht nicht sofort die gewünschten Erfolge oder brauchen eine Einarbeitung. Deshalb überlegen Unternehmen natürlich genau, wen sie auswählen. Gleichzeitig wissen die meisten Bewerber:innen nicht, wie sie sich gut verkaufen können. Wir müssen unseren eigenen Mehrwert für das Unternehmen klar machen und können uns leider nicht einfach ein Unternehmen aussuchen – am Ende müssen beide Parteien sich gegenseitig wollen. Genau da setzen wir im Coaching an. Wir können die Vergangenheit nicht ändern. Aber wir können dabei helfen, dass unsere Coachees durch gutes Selbstmarketing im CV und Co. die beste Version von sich selbst zeigen, die sie sein können.

Einige Kandidaten/-innen haben Probleme damit, sich zu präsentieren bzw. gut ins rechte Licht zu stellen. Würden Sie kurz anhand Ihrer Erfahrung aufzeigen, welche Probleme am häufigsten auftreten, bei denen Sie eingreifen und coachen müssen?

Die meisten Bewerber:innen behaupten zu viel und belegen zu wenig. Wenn ich schreibe: „Ich bin zielstrebig, ehrgeizig, hochmotiviert und fleißig.“, dann sind das alles Behauptungen. Warum sollte mir das jemand glauben? Menschen wollen keine Meinung vorgegeben bekommen. Sie wollen das Gefühl haben, selbst urteilen zu können. Im Coaching erzählen wir deshalb Stories. Wir erzählen Stories, wie Bewerber:innen die Zielstrebigkeit angewandt haben oder wo ihre Motivation zum besonderen Erfolg geführt hat. Dieses Storytelling ist entscheidend, denn es gibt einen sogenannten „Fluch des Wissens“. Sie selbst waren da, als sie diese Geschichten erlebt haben. Die andere Person nicht. Das vergessen viele Kandidat:innen und gehen dadurch selbstverständlich davon aus, es würde genügen, Behauptungen aufzustellen, tut es aber nicht. Deshalb wird es zum Fluch. Wir können nicht einfach die Geschichte weglassen und erwarten, die andere Person verstünde, dass das genau bei uns stimmt, aber bei allen anderen Kandidat:innen, die das auch behaupten, nicht.     

Geben Sie uns doch bitte noch ein paar Einblicke davon, wie genau ein Coaching abläuft.

Unser Coaching beginnt meist damit, dass Menschen über Artikel wie diesen oder über Google, Messen oder Bekannte auf uns aufmerksam werden. Sie besuchen unsere Webseite https://karrierehelden.de und informieren sich. Als nächstes steht ein ausführliches Kennenlern-Telefonat an. Dabei wird auch die Frage der Finanzierung geklärt. Was viele nicht wissen: unser Coaching ist für Arbeitslose und Arbeitssuchende oft 100% kostenfrei, weil es von der Agentur für Arbeit bzw. dem Jobcenter gefördert wird. Unser Coaching ist aufgebaut auf 2 didaktischen Säulen, einem Live-Coaching über Videocalls und eine sehr ausgeklügelte Video-Akademie mit über 100 Videos und Hunderten von Materialien und Vorlagen. Wir haben unzählige Tools, wie einen Story-Generator, selbst entwickelt, um unseren Coachees genau da zu helfen, wo sie aus Erfahrung am meisten Schwierigkeiten haben. So können sich unsere Coachees viele Fortschritte bereits selbst erarbeiten, wann sie wollen, so schnell sie wollen und wo immer sie sind. Dadurch haben sie ein stärkeres Ownership-Erlebnis: „das bin wirklich ich da im CV“. In den mehrmals wöchentlichen Einzelsessions haben wir somit die volle Konzentration auf den weiterführenden Fragen und werden nicht von Basics abgelenkt: „Wie kopiere ich meinen CV in ein neues Layout?“. Rollenspiele fürs Interview sichern schnelle Erfolgserlebnisse, bis die Tinte trocken ist unterm Vertrag.

Wenn wir etwas näher auf die Berufseinsteiger und die Professionals eingehen, welche Anforderungen stellen Unternehmen an Bewerber, die neu in die Berufswelt einsteigen und die, die einen Berufs- bzw. Unternehmenswechsel vornehmen möchten?

Die heutige Arbeitswelt bezeichnet man seit langem als VUKA. Das steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Diese vier Begriffe beschreiben die Herausforderungen und Rahmenbedingungen, in denen Unternehmen agieren. Unternehmen brauchen also Mitarbeitende, die ihnen helfen können, diese Aufgaben zu meistern. Sowohl Berufseinsteiger als auch Quereinsteiger müssen deshalb eine hohe Lern- und Anpassungsfähigkeit besitzen. Sie brauchen die Fähigkeit, in unsicherem Fahrwasser komplexe Problemstellungen analytisch zu zerlegen und selbständig Lösungen zu erarbeiten. Wenn sie das in ihrem Selbstmarketing belegen können, stehen ihnen alle Türen offen. Gerne helfen wir dabei.

Herr Emmrich, vielen Dank für das Interview.

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