Kündigungsschutzklage & Abfindung – Was ist zu beachten?

Interview mit Tess Amadea Jacob
Man wird gekündigt – und das vielleicht sogar ungerechtfertigt? Bei einer Kündigung lohnt es sich in jedem Fall, Profis darüber schauen zu lassen. Oft kann man durch eine Kündigungsschutzklage noch eine Abfindung erzielen. Wie es genau darum steht, was man als Arbeitnehmer beachten sollte und vieles mehr zum Thema Kündigung erklärt uns im Folgenden Tess Amadea Jacob von der Anwaltskanzlei AfA Arbeitsrecht für Arbeitnehmer in Berlin.

Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine Kündigungsschutzklage und wie kann sie einem Arbeitnehmer helfen, der unrechtmäßig gekündigt wurde?

Gegen jede Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kann innerhalb von drei Wochen nach Zugang Klage zum Arbeitsgericht erhoben werden.

Wenn nicht gerade Willkür nachgewiesen werden kann, ist eine Kündigungsschutzklage aber regelmäßig nur dann erfolgsversprechend, wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Dafür ist es erforderlich, dass im Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind und das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung mindestens 6 Monate bestanden hat.

Soweit dies der Fall ist, benötigt der Arbeitgeber eine soziale Rechtfertigung, also einen nachvollziehbaren Kündigungsgrund. Diesen nachzuweisen ist regelmäßig eine große Hürde für einen Arbeitgeber. Die Kündigungsschutzklage kann deshalb dem Arbeitnehmer entweder den Arbeitsplatz erhalten oder aber den Weg für eine Abfindung bereiten.

Wie wird die Höhe einer Abfindung bei einer Kündigung berechnet und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?

Einen Abfindungsanspruch gibt es nur dann, wenn dieser in einer Betriebsvereinbarung, insbesondere in einem Sozialplan, einem Tarifvertrag oder unter den Voraussetzungen des § 1a KSchG (Angebot einer Abfindung durch den Arbeitgeber) oder durch Auflösungsurteil nach §§ 9, 10 KSchG vorgesehen ist.

Aber auch in allen anderen Fällen – vorausgesetzt, dass KSchG findet Anwendung – kann regelmäßig mit großem Erfolg eine Abfindung ausgehandelt werden. Je unsicherer der Kündigungsgrund des Arbeitgebers ist, desto höher wird eine Abfindung ausfallen. Denn durch die Zahlung der Abfindung kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer häufig dazu bewegen, das Arbeitsverhältnis aufzugeben. Dann kann der Arbeitgeber ein langwieriges Kündigungsschutzverfahren mit ungewissem Ausgang vermeiden.

Im Rahmen des in der Praxis kaum genutzten § 1a KSchG ist eine Regelabfindung von 0,5 BMG (Bruttomonatsgehälter) je Beschäftigungsjahr vorgesehen. Dieser Abfindungsfaktor stellt deshalb regelmäßig die Untergrenze dar. Als häufig realistische Faustformel dient ein Abfindungsfaktor von 1,0. In Sozialplänen werden häufig noch wesentlich höhere Abfindungsfaktoren vereinbart.

Neben den Erfolgsaussichten für eine Kündigung spielen für die Höhe der Abfindung regelmäßig auch die Betriebszugehörigkeit, das Alter oder auch Sonderkündigungsschutz wie Schwerbehinderteneigenschaft, Schwangerschaft oder Mitglied im Betriebsrat eine Rolle. Hier sind zum Teil sehr komplexe rechtliche Zusammenhänge zu berücksichtigen. Gerade ein richtiges, taktisches Vorgehen kann sich für die Höhe einer Abfindungszahlung stark auswirken.

Welche Alternativen zur Kündigungsschutzklage stehen einem Arbeitnehmer zur Verfügung, um eine angemessene Abfindung zu erhalten?

Meist geht an einer Kündigungsschutzklage nichts vorbei, da nach drei Wochen die Kündigung bestandskräftig wird. Solange aber diese Frist nicht abgelaufen ist oder womöglich noch gar keine Kündigung ausgesprochen wurde, kann natürlich mit dem Arbeitgeber verhandelt werden. Die Erfahrung zeigt aber, dass sich der Druck durch eine Kündigungsschutzklage erhöht und häufig dadurch eine höhere Abfindung zu erzielen ist.

Welche Rolle spielt die Dauer der Beschäftigung und das Alter eines Arbeitnehmers bei der Festlegung einer Abfindungssumme?

Im Rahmen eines Sozialplanes, der zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ausgehandelt wird, werden regelmäßig die Dauer der Beschäftigung und auch das Alter eines Arbeitnehmers als Parameter für die Höhe einer Abfindung herangezogen. In freien Verhandlungen – auch im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses – spielen diese Kriterien nur mittelbar eine Rolle. Nämlich vor allem im Hinblick darauf, ob eine Kündigung erfolgsversprechend für den Arbeitgeber ist. Je sozialschutzbedürftiger ein Arbeitnehmer ist, desto schwieriger wird es für den Arbeitgeber ihm zu kündigen, da sonst möglicherweise vorrangig andere Arbeitnehmer gekündigt werden müssten.

Welche Risiken und Herausforderungen sollten Arbeitnehmer beachten, wenn sie eine Kündigungsschutzklage einreichen oder eine Abfindungsvereinbarung aushandeln möchten?

Die Kosten des eigenen Anwalts sind unabhängig davon, ob das Verfahren gewonnen oder verloren wird, in erster Instanz von jeder Partei selbst zu tragen. Der Vorteil daran ist, dass man bei einem Unterliegen nicht auch noch die Kosten des Arbeitgeber-Anwalts tragen muss. Im Falle des Obsiegens bleiben aber natürlich die Kosten des eigenen Anwalts. Soweit eine Rechtsschutzversicherung besteht, werden die Gebühren von dieser übernommen. Regelmäßig lohnt es sich aber auch, einen Anwalt einzuschalten, selbst wenn die Gebühren dann übernommen werden müssen. Der Anwalt wird im Regelfall darüber aufklären und unter dem Strich sicherlich nicht mehr verlangen, als das was im Ergebnis (im Regelfall eine Abfindung) herauskommen wird.

Schließlich müssen auch noch mögliche sozialrechtliche Folgen im Blick behalten werden. Bei einer einvernehmlichen Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses kann es zu Sanktionen der Arbeitsagentur kommen.

Frau Jacob, vielen Dank für das Interview.

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Tess Amadea Jacob

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