Unternehmensinsolvenz – Was ein/-e Geschäftsführer/-in zu beachten hat

Interview mit Dr. Tobias Alexander Knapp
Geschäftsführung eines Unternehmens zu sein klingt zunächst eindrucksvoll. Doch mit diesem Beruf gehen auch viele Verpflichtungen einher. So wird es der Geschäftsführer/ die Geschäftsführerin sein, der/die bei einer Überschuldung des Unternehmens zur Verantwortung gezogen wird. Und ist diese Überschuldung etwa nicht mehr abzuwenden, ist es die Pflicht einer jeden Geschäftsleitung, diese rechtzeitig in Form eines Insolvenzantrages anzumelden, andernfalls droht ein Strafverfahren wegen Insolvenzverschleppung. Bei einer drohenden oder bereits eingetretenen Unternehmensinsolvenz gibt es sehr viele Dinge zu beachten, um etwaige Komplikationen oder gar fatale Fehler zu vermeiden. Einen kleinen Einblick in diese komplexe Thematik gewährt uns heute Dr. Tobias Alexander Knapp. Der erfahrene Rechtsanwalt und Autor in insolvenzrechtlichen Fachzeitschriften ist in Berlin sowie in Stuttgart vertreten und hilft Unternehmern mit seiner Expertise und Fachkenntnis, das für sie Bestmögliche aus einem Insolvenzverfahren herauszuholen und sie in ihrem Interesse beratend zur Seite zu stehen. 

Welche rechtlichen Verpflichtungen haben Geschäftsführer im Insolvenzfall, insbesondere im Hinblick auf die Insolvenzantragspflicht und die Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter?

Zunächst ist vorab wichtig zu erwähnen, dass sich die rechtlichen Verpflichtungen eines Geschäftsleiters oder Unternehmers danach unterscheiden, ob das Unternehmen als Einzelunternehmen/Einzelkaufmännisch geführt wird oder ob das Unternehmen als GmbH oder Aktiengesellschaft geführt wird.

Bei Einzelunternehmen oder Kaufleuten gibt es bis heute keine Insolvenzantragspflicht. Der persönlich haftende Unternehmer muss grundsätzlich zu keinem Zeitpunkt Insolvenzantrag stellen und setzt sich insofern auch grundsätzlich keiner Haftung aus.

Der Geschäftsführer einer GmbH oder Aktiengesellschaft ist hingegen gemäß § 15a InsO verpflichtet, bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag zu stellen. 

Für die Feststellung der Überschuldung sind zunächst alle Aktiva (Guthaben, Forderungen, Anlagevermögen etc.) den Passiva (Verbindlichkeiten) gegenüberzustellen. Ergibt sich ein Fehlbetrag liegt rechnerische Überschuldung vor. Insolvenzrechtliche Überschuldung liegt aber nur dann vor, wenn nicht absehbar ist, dass das Unternehmen fortgeführt werden kann, insbesondere der Fehlbetrag nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums ausgeglichen werden kann, weil zum Beispiel in den kommenden Monaten erhebliche Gewinne erzielt werden. Von einer Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung kann man tendenziell ausgehen, wenn ein für den Umfang des Geschäftsbetriebs erheblicher Fehlbetrag vorliegt und die BWAs der letzten Monate einen Verlust ausweisen. Dennoch empfiehlt es sich aus der nachfolgenden Darstellung zu den Haftungsgefahren, bereits beim Vorliegen einer rechnerischen Überschuldung, auf die in der Regel der Steuerberater aufmerksam macht und aufmerksam machen muss, einen Rechtsanwalt mit der Prüfung einer Insolvenzantragspflicht zu beauftragen. 

Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit erfolgt, indem sämtliche liquiden Mittel (Bankguthaben, Kasse etc.) sowie die in den nächsten drei Wochen eingehenden liquiden Mittel (kurzfristig realisierbare Forderungen etc.) den fälligen Verbindlichkeiten und den in den nächsten drei Wochen fällig werden Verbindlichkeiten gegenübergestellt werden. Ergibt sich eine Deckungslücke von mehr als 10 % ist bereits von Zahlungsunfähigkeit auszugehen. 

Stellt der Geschäftsführer einer GmbH oder Aktiengesellschaft einen Insolvenzantrag trotz Zahlungsunfähigkeit oder insolvenzrechtlicher Überschuldung nicht pflichtgemäß, kann dies zunächst zwei Konsequenzen haben. 

Zum einen ist dies gemäß § 15a IV InsO strafbewehrt. Dies nennt man landläufig auch Insolvenzverschleppung. Hierzu sind folgende Informationen aus meiner Sicht wichtig. Es kommt eigentlich nicht vor, dass man wegen Insolvenzverschleppung bestraft wird, wenn es überhaupt nicht zu einem Insolvenzverfahren kommt. Verschleppt also der Geschäftsführer die Insolvenz mit einem Erfolg dahingehend, dass das Unternehmen aus der Insolvenzantragspflicht wieder herauswächst und es deshalb auch nicht später zu einer Insolvenzeröffnung kommt, hat er in aller Regel auf der strafrechtlichen Seite nichts zu befürchten. Ferner hat die Staatsanwaltschaft bei relativ kurzen Verschleppungen von wenigen Wochen in der Regel nicht genug Beweismittel, um die Verschleppung festzustellen. Schließlich enden die Strafverfahren bei Verschleppungen von ein paar Monaten ohne vorsätzliche Schädigung der Gläubiger in der Regel mit einem Strafbefehl, sprich einer Art Geldstrafe. Ich möchte damit zwar nicht sagen, dass der strafrechtliche Aspekt einer Insolvenzverschleppung vernachlässigt werden sollte. In vielen Fällen verliert er aber an Gewicht.

Die meist deutlich belastendere Thematik ist die zivilrechtliche Geschäftsführerhaftung, die vormals in § 64 GmbHG geregelt war und nunmehr in § 15b InsO normiert ist. Verschleppt der Geschäftsführer die Insolvenz, haftet er für sämtliche Zahlungen, die aus dem Gesellschaftsvermögen nach Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit, insolvenzrechtlicher Überschuldung) geleistet wurden. Er muss also grundsätzlich jede Zahlung – es gibt diverse Ausnahmen –, die er noch geleistet hat, erstatten. Der Insolvenzverwalter ist berufen, diese Haftungsansprüche gegen den Geschäftsführer geltend zu machen. Bei Verschleppungen über Monate kommen häufig sechststellige Beträge zustande, die der Insolvenzverwalter später vom Geschäftsführer zurückfordern wird. Nicht selten ist die Privatinsolvenz des Geschäftsführers die Folge der Unternehmensinsolvenz.

Auch hierzu sind aber einige Informationen wichtig. Die Insolvenzverwalter brauchen den Geschäftsführer zu Beginn des Insolvenzverfahrens, um das Unternehmen ggf. über einen gewissen Zeitraum fortführen zu können oder um an Informationen über Geldflüsse oder Vermögensgegenstände zu kommen. Daher läuft das in der Regel so, dass der Insolvenzverwalter zu Verfahrensbeginn sehr nett zum Geschäftsführer ist und ihn mit möglichen Haftungsansprüchen nicht konfrontiert. Nach ein paar Jahren, wenn der Insolvenzverwalter den Geschäftsführer nicht mehr braucht, kommt dann der Brief ins Haus, mit dem der Insolvenzverwalter erhebliche Beträge vom Geschäftsführer fordert. Diese Haftung kann aber auch durch bestimmte Verhaltensweisen/Strategien reduziert oder minimiert werden. Hierzu komme ich noch.

Welche Maßnahmen sollten Geschäftsführer ergreifen, um ihre Pflichten im Insolvenzfall zu erfüllen und das Insolvenzverfahren ordnungsgemäß durchzuführen?

Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, ist der Geschäftsführer nach § 97 InsO verpflichtet, dem Insolvenzverwalter Auskünfte über sämtliche Vorgänge betreffend das Unternehmen zu erteilen und auch entsprechende Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Kommt er dem beharrlich nicht nach, wird er vom Insolvenzgericht vorgeladen.

In Bezug auf diese Auskunftspflichten sollte man aber zunächst eine strategische Entscheidung treffen. Es gibt Insolvenzverfahren, in denen der Geschäftsführer durch oben genannte Haftungsansprüche oder andere Ansprüche in seiner privaten Vermögenssphäre erheblich gefährdet ist. In solchen Verfahren kann es Sinn machen, dem Insolvenzverwalter nur die Unterlagen zu geben, die man ihm gesetzlich schuldet. Denn mit jedem Papier, welches man dem Insolvenzverwalter ohne Pflicht hierzu zur Verfügung stellt, nimmt man das Risiko in Kauf, dass es später gegen einen verwendet wird. In Insolvenzverfahren, in denen Haftungsgefahren eher nicht drohen, macht es hingegen Sinn, dem Insolvenzverwalter einfach alle Unterlagen zu geben und gegebenenfalls ihm diese wäschekörbeweise hinzustellen. Denn auch ein Geschäftsführer hat nach der Insolvenz ein neues Leben und neue Aufgaben. Wenn man dem Insolvenzverwalter die Unterlagen nicht gibt, kommen ständig Rückfragen, die schlicht bei neuen Aufgaben belästigend sind. Ganz wichtig ist aber, dass der Geschäftsführer von jedem Papier, welches er dem Insolvenzverwalter im Original überlässt, eine Kopie oder ein PDF zurückbehält. Es gibt zahlreiche Geschäftsführer, die riesige Summen an den Insolvenzverwalter bezahlen mussten, weil sie später vor Gericht keine Unterlagen hatten, um ihre Behauptungen zu beweisen oder Behauptungen des Insolvenzverwalters zu entkräften. Auch empfiehlt es sich die Übergabe von Unterlagen, die nicht digitalisiert sind, vom Insolvenzverwalter quittieren zu lassen. 

Schließlich gibt es in diesem Zusammenhang noch einen wichtigen Punkt, den es sich zu wissen lohnt. Die Insolvenzverwalter fordern häufig zu Verfahrensbeginn eine Vollmacht vom Geschäftsführer, mit welcher der Insolvenzverwalter bei sämtlichen Behörden, Geschäftspartnern, Steuerberatern und Rechtsanwälten Auskünfte und Unterlagen anfordern kann. Eine solche Vollmacht müssen und sollten die Geschäftsführer nicht erteilen. Sie verlieren damit nämlich die vollständige Kontrolle über den Informationsfluss und setzen sich sogar dem Risiko aus, dass der Insolvenzverwalter beim vorinsolvenzlich beratenden Anwalt die Korrespondenz im Hinblick auf eine bestehende Insolvenzantragspflicht abruft und schließlich gegen den Geschäftsführer verwendet.

Wie können Geschäftsführer potenzielle Haftungsrisiken im Insolvenzfall minimieren und welche Vorkehrungen sollten sie treffen, um ihre persönliche Haftung zu begrenzen?

Wie sich der Geschäftsführer im Insolvenzfall verhalten soll, habe ich bereits zuvor mehr oder weniger skizziert. Es gibt aber noch einen entscheidenden Gesichtspunkt, den der Geschäftsführer bei seinen Verhalten berücksichtigen sollte. Ist der Geschäftsführer reiner Fremdgeschäftsführer, mithin am Unternehmen nicht als Gesellschafter beteiligt, empfiehlt es sich eher, frühzeitig Insolvenzantrag zu stellen und sämtliche gesetzliche Verpflichtungen zu beachten. Ist der Geschäftsführer allerdings alleiniger Gesellschafter oder zu einem nicht unerheblichen Teil am Unternehmen beteiligt, muss er beachten, dass die Insolvenz in 95 % der Fälle zum Verlust seiner Beteiligung führt. Er verliert als Unternehmer in aller Regel sein Unternehmen. Insofern ist es bei einem solchen Geschäftsführer sehr wichtig zu prüfen, ob es noch Alternativen zur Insolvenz gibt. Beispielsweise kann man ein insolvenzbedrohtes Unternehmen sanieren, Eigenkapital oder Fremdkapital zuführen oder mit (großen) Gläubigern einvernehmliche Lösungen finden. Es gibt eine Vielzahl an möglichen Handlungsalternativen, die man zumindest einmal ausloten sollte, bevor man sein Unternehmen in das in der Regel kaum noch zu kontrollierende Schicksal eines Insolvenzverfahrens entlässt.

Welche Auswirkungen hat der Insolvenzfall auf die Rechte und Ansprüche der Gläubiger des Unternehmens, und welche Rolle spielt der Geschäftsführer bei der Abwicklung dieser Ansprüche?

Ferner bestehen auch viele Möglichkeiten, Haftungsgefahren im Vorfeld eines möglichen Insolvenzverfahrens zu minimieren. Insofern sollte aber zunächst verstanden werden, dass es neben den oben genannten insolvenzspezifischen Haftungsthematiken weitere Haftungsfelder gibt. Zum einen haftet der Geschäftsführer gemäß §§ 823 II BGB, 266a StGB für bei Insolvenzeintritt nicht abgeführte Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. Ferner haftet der Geschäftsführer dem Finanzamt gemäß § 69 AO, wenn er Pflichten aus den Steuergesetzen verletzt und deshalb Steuern nicht oder nicht rechtzeitig erhoben worden sind. In der Regel nimmt das Finanzamt den Geschäftsführer für nicht oder nicht rechtzeitig abgeführte Umsatzsteuer oder Lohnsteuer in Anspruch.

Die umsatzsteuerliche Thematik löst man im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens so, dass man das Finanzamt mit sämtlichen anderen Gläubigern gleichbehandelt. Bekommen beispielsweise andere Gläubiger noch Abschläge in Höhe von 30 % auf ihre Rechnungen bezahlt, sollten auch die Umsatzsteuerverbindlichkeiten zu 30 % getilgt werden. Nach der Rechtsprechung haftet der Geschäftsführer in der Regel nicht, wenn er das Finanzamt bei der Bezahlung der Steuern nicht gegenüber anderen Gläubigern schlechter stellt. Lohnsteuer sollte immer bezahlt sein oder bezahlt werden.

Die sozialversicherungsrechtliche Thematik löst man in der Regel so, dass man bei sämtlichen Zahlungen an die Einzugsstellen (Krankenkassen) die Verwendungszwecke „vorrangig zu verrechnen mit fälligen Arbeitnehmeranteilen der Sozialversicherung“ angibt. Dann wirken nämlich sämtliche Zahlungen gegen die offenen Arbeitnehmeranteile, sodass bestenfalls bei Insolvenzeröffnung keine Arbeitnehmeranteile mehr offen sind, für die der Geschäftsführer zu haften hat. In der Regel akzeptieren das die beteiligten Behörden, sodass die Haftung entfällt oder jedenfalls minimiert wird.

Die Haftung gegenüber dem Insolvenzverwalter wegen der Insolvenzverschleppung minimiert man zunächst dadurch, dass man sich von einem fachkundigen Rechtsanwalt beraten lässt und dessen Empfehlungen folgt. Ferner reduziert man sie dadurch, dass man zu Beginn des Insolvenzverfahrens die Forderungsanmeldungen der Gläubiger durchsieht, beim Insolvenzverwalter und Insolvenzgericht unberechtigte Forderungen benennt und sich hiergegen wehrt. Denn der Haftungsanspruch des Insolvenzverwalters gegen den Geschäftsführer ist gemäß § 15b IV S. 2 InsO auf den Schaden der Gläubiger beschränkt. Je weniger Gläubiger am Insolvenzverfahren teilnehmen oder je geringer die Gesamtforderungen der Gläubiger sind, desto geringer fällt die Haftung aus. Es ist deshalb sehr empfehlenswert, dass der Geschäftsführer bei jeder Insolvenzeröffnung eruiert oder eruieren lässt, ob Haftungsgefahren drohen. Denn zu Beginn des Insolvenzverfahrens kann man dann noch reagieren und die Gläubigerforderungen und damit die potenzielle Haftung reduzieren. In der Regel kommen die Geschäftsführer aber erst nach ein paar Jahren, wenn der Brief des Insolvenzverwalters da ist. Dann ist aber in aller Regel zu spät, weil die Forderungen der Gläubiger bereits rechtskräftig im Insolvenzverfahren festgestellt sind. 

Die dargestellten Möglichkeiten zur Haftungsreduzierung sind nicht abschließend. Es gibt noch diverse weitere Verhaltensweisen, die die Haftungsgefahren reduzieren können. Diese Verhaltensweisen sind aber nur in bestimmten Fällen sinnvoll und sind in Abhängigkeit des Einzelfalls anzuraten.

Inwiefern müssen Geschäftsführer im Insolvenzfall mit den Mitarbeitern des Unternehmens und den relevanten Arbeitnehmervertretungen zusammenarbeiten, um die bestmögliche Lösung im Sinne aller Beteiligten zu erzielen?

Die Forderungen der Gläubiger werden durch die Insolvenz der Höhe nach nicht betroffen. Sie bleiben der Höhe nach bestehen. Das Insolvenzverfahren führt nur dazu, dass die Gläubiger nicht mehr im Wege Zwangsvollstreckung Befriedigung suchen können, sondern ihre Forderung zur Insolvenztabelle anmelden müssen. Soweit die Gläubiger keine insolvenzfesten Vorzugsrechte (wie zum Beispiel Sicherungseigentum) genießen, werden Sie am Verfahrensende vom Insolvenzverwalter gleichmäßig befriedigt. Es wird also der verfügbare Geldbestand auf alle Gläubiger prozentual gleich verteilt. Der Geschäftsführer hat in diesem Zusammenhang keine Aufgaben und keine Mitwirkungsverpflichtungen. Es kann aber aus bereits oben genannten Gründen sinnvoll sein, dass sich der Geschäftsführer im Insolvenzverfahren engagiert, um eine bestmögliche Befriedigung der Gläubiger zu erreichen. Er kann zum Beispiel Geschäftspartner beibringen, die für gute Preise für den Erwerb von Vermögensgegenständen der Insolvenzschuldnerin bezahlen, den Insolvenzverwalter bei der Forderungsbeitreibung unterstützen oder den Betrieb im Zusammenwirken mit dem Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung zu Gunsten der Gläubiger fortführen. Je stärker die Gläubiger befriedigt werden, desto geringer ist die persönliche Haftungsgefahr des Geschäftsführers.

Geschäftsführer sind mit Ausnahme der Auskunftspflichten prinzipiell nicht verpflichtet, nach Insolvenzeröffnung für den Insolvenzverwalter unentgeltlich Arbeit zu verrichten. Es obliegt ihnen, mit dem Insolvenzverwalter eine Aufwandsentschädigung für bestimmte notwendige Mitarbeit im Unternehmen auszuhandeln. Wird der Betrieb im Insolvenzverfahren vorläufig unter Mitwirkung der Geschäftsführers fortgeführt, gewährt der Insolvenzverwalter in der Regel eine marktübliche Vergütung aus der Insolvenzmasse. Der Geschäftsführer ist aber auch berechtigt, sein Geschäftsführeramt niederzulegen und einen Dienstvertrag mit dem Unternehmen zu kündigen. Daran ändert das Insolvenzverfahren im Grundsatz nichts. Ob der Geschäftsführer mit dem Insolvenzverwalter zusammenarbeiten sollte oder nicht, hängt von den bereits angesprochenen Interessen ab. Es gibt zum Beispiel Fälle, in denen der Geschäftsführer und Gesellschafter den Betrieb nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter schuldenfrei gegen Zahlung eines Kaufpreises erwerben möchte, um den Betrieb auf einer neuen GmbH weiterzubetreiben. In solchen Fällen macht es Sinn, dass sich der Geschäftsführer weiter im Betrieb engagiert und bis zum Betriebsübergang kooperativ mit dem Insolvenzverwalter zusammenarbeitet. Auch in Insolvenzplanverfahren, mit denen der Bestand des Unternehmens erhalten werden soll, kann ein Engagement des Geschäftsführers sinnvoll sein. Anderseits, je wahrscheinlicher eine Veräußerung des Unternehmens an einen Dritten oder Wettbewerber durch den Insolvenzverwalter oder eine Abwicklung oder Zerschlagung des Unternehmens nach Insolvenzeröffnung ist, desto geringer ist der Anreiz des Geschäftsführers, sich in dem Insolvenzfall zu engagieren. Die vorstehenden Ausführungen gelten auch im Hinblick auf eine Zusammenarbeit mit Betriebsräten und der Belegschaft.

Herr Dr. Knapp, vielen Dank für das Interview.

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