Alexandra Lange: Sehr bewusst mit Sprache umgehen

Interview mit Alexandra Lange
Alexandra Lange, Leitung Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation beim Mosaik Unternehmensverbund in Berlin, spricht im Interview über gendergerechter Sprache, Verhinderung von Diskriminierung sowie Frauenanteil im Unternehmen.

Die FAZ und die Hochschule Darmstadt haben in einer Umfrage herausgefunden, dass 16 von 30 DAX-Unternehmen die Einführung von gendergerechter Sprache planen. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Alexandra Lange: Als einer der größten gemeinnützigen Träger in Deutschland setzt sich der Mosaik-Unternehmensverbund für eine inklusive Gesellschaft ein. Dies schließt nicht zuletzt die Sprache ein. Sie sollte, unserer Ansicht nach, genauso inklusiv sein und niemanden ausgrenzen. Bei Mosaik gehen wir deshalb sehr bewusst mit Sprache um. Dazu gehört für uns auch, eine geschlechtersensible Sprache zu fördern. Nichtsdestotrotz möchten wir keiner Mitarbeiterin und keinem Mitarbeiter einen bestimmten Sprachgebrauch „aufzwingen“. Vielmehr sensibilisieren wir für das Thema – vor allem für das Potenzial von Sprache – und geben Empfehlungen. Diese Empfehlungen werden insgesamt gut angenommen. Sprache sollte nicht in ein zu enges Regelkorsett gepresst werden. Sie sollte vor allem gelebt werden und lebt selbst von ihrer Vielfalt. Dabei sind Sprache und Unternehmenskultur stets sehr eng miteinander verwoben. Das eine hat Einfluss auf das andere. Wer für sich erkennt und lebt, was eine gendersensible Sprache bewirken kann, hadert weniger mit dem Gebrauch im Alltag.

Gendergerechte Sprache soll Diskriminierung verhindern, plant Ihr Unternehmen ähnliche Maßnahmen und welche Diskriminierungsprävention nutzen Sie?

Alexandra Lange: Bei uns arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung. Ohne Toleranz und gegenseitigem Respekt wäre ein Unternehmen, wie wir es sind, keineswegs lebensfähig – zumindest nicht über so lange Zeit. Besonders das Thema Gewaltprävention, sei es psychische oder physische Gewalt, ist für uns zentral. Auch hier steht die Sensibilisierung an erster Stelle: Konflikte offen ansprechen, für unterschiedliche Bedürfnisse werben, Differenzen wahr- und ernstnehmen – darum geht es Grunde. Dazu kommt das Thema der Barrierefreiheit. Im Alltag werden viele Menschen von verschiedensten Lebenssituationen ausgeschlossen. Dies kann auch durch Sprache passieren. Denn Sprache kann besonders zugänglich sein – denken wir vor allem an die Leichte Sprache, also eine stark vereinfachte Form der deutschen Sprache, die bestimmten Regeln folgt. Sprache kann aber genauso – bewusst oder unbewusst – ausgrenzen. Wenn wir an dieser Stelle noch einmal zu Ihrer ersten Frage zurückkommen, bedeutet das im Fall von Mosaik, dass wir in unserer offiziellen Unternehmenskommunikation auf Binnen-I, Schrägstrich, Gender-Sternchen, Gender-Gap usw. verzichten. Denn bei allem Bemühen um sprachliche Gleichberechtigung stehen Verständlichkeit und Klarheit unserer Texte im Vordergrund. Eine geschlechtergerechte Sprache zu verwenden, in der sich alle wiederfinden und dabei so barrierefrei wie möglich zu sein, ist eine besondere Herausforderung. Zurzeit begegnen wir ihr mit Doppelnennungen, neutralen Formulierungen oder kreativen Umformulierungen. Aber da Sprache immer im Fluss ist, wird es hier sicher weitere Entwicklungen geben. Wir bleiben aufmerksam und neugierig.

Haben Sie bereits gendergerechte Sprache intern bzw. in der Kommunikation mit Kunden eingeführt?

Alexandra Lange: Wir von der Kommunikationsabteilung bei Mosaik haben einen Sprachkompass herausgegeben. Er enthält keine Regeln, sondern Tipps zum inklusiven Formulieren. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen es „richtig“ machen und sprechen uns an. Der Bedarf ist da, die Verunsicherung – nicht zuletzt durch die aktuelle gesellschaftliche Debatte – groß. Unser Sprachkompass liefert Anhaltspunkte für die täglichen Korrespondenzen – intern wie extern. Aber wie gesagt, es sind in erster Linie Empfehlungen und Denkanstöße, keine Regeln. Dafür sind die Kommunikationssituationen auch zu verschieden. Alle im Unternehmen für einen bewussten Umgang mit Sprache, für die Wirkung und das Potenzial von Sprache zu sensibilisieren, das ist uns wichtig.

Glauben Sie, dass gendergerechte Sprache bei Kunden besser ankommt und damit dem Absatz steigern kann?

Alexandra Lange: Ich glaube, und so erleben wir es auch in der Praxis, dass es Kunden gibt, gerade junge, aufstrebende Unternehmen, die besonderen Wert darauflegen. Aber genauso gibt es Unternehmen, für die es keinen Unterschied macht. Dass das eine oder das andere einen direkten Effekt auf den Absatz hat, bezweifele ich hingegen.

Wie hoch ist der Frauenanteil in Ihrem Unternehmen? Und verdienen Frauen bei Ihnen so viel, wie die Männer im gleichen Beruf?

Alexandra Lange: Der Frauenanteil in unserem Unternehmen liegt bei etwa 56 % – charakteristisch für ein soziales Unternehmen. Bei der Bezahlung werden in unserem Unternehmen keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern gemacht. So etwas gab es auch noch nie.

Frau Lange, vielen Dank für das Gespräch!

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