Carsten Jendrek: Notwendig sind die Betreuung und der Austausch zwischen Schüler*innen und Lehrkräften

Interview mit Carsten Jendrek
Carsten Jendrek ist Standortleiter in Berlin bei der Gesellschaft für digitale Bildung mbH. Mit ihm sprechen wir über Digitalisierung in Deutschland, Bildungswesen sowie Ausweitung des digitalen Lernangebotes.

Die Kinder sind Zuhause und das bereits ungewöhnlich lange, die verpasste Schulzeit ist nur schwer aufzuholen. Zeigt sich jetzt, dass Deutschland die Digitalisierung verschlafen hat?

Carsten Jendrek: In der Tat. Leider hat das erst die Ausnahmesituation der Schulschließungen und des ständigen Wechselunterrichts deutlich gemacht. Die Digitalisierung der Schulen ist ein Thema, das seit einigen Jahren diskutiert wird und dennoch passiert viel zu wenig und wenn überhaupt noch viel zu langsam. Selbst jetzt, wo mittlerweile mehr Tablets und Laptops zum Einsatz im Unterricht kommen und für Zeiten von Homeschooling zur Verfügung gestellt werden, die Konzepte der Digitalisierung sind zum Großteil immer noch kaum ausgebaut und nicht ganzheitlich gedacht. Denn der Unterricht wird nicht allein durch vorhandene Tablets besser und zeitgemäßer. Die Lehrpläne sind dafür nicht angepasst, Lehrkräfte nicht ausreichend fortgebildet – es fehlt an neuen Impulsen, den Rahmenbedingungen und kreativen Ideen. Schritt für Schritt gibt es einen Wandel, aber da geht noch mehr!

Es klingt nach einer großen Aufgabe, das Bildungswesen beispielsweise flächendeckend zu digitalisieren. Was muss geschehen, dass es kurzfristig besser wird?

Carsten Jendrek: Für die kurzfristige Umsetzung sind die Programme von Bund und Ländern, die finanzielle Unterstützung für Schulen zusagen, ein erster wichtiger Schritt. Damit alle Kinder auch von zu Hause lernen können, ist das grundlegend. Durch diese Vereinbarungen zeigt sich nicht nur, dass auch die Politik die Bedeutung digitaler Bildung erkannt hat, zeitgleich kann dadurch die aktuelle Situation entlastet und nachhaltig Strukturen verbessert werden. Besonders wichtig sind zudem Online Fortbildungen für Lehrkräfte, um für neuen Input zu sorgen, Anwendungen vorzustellen oder grundlegende Hilfestellungen für den Umgang mit digitalen Medien zu ermöglichen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat als Folge der Pandemie das digitale Lernangebot ausgeweitet. Wie zielführend sind solche Initiativen?

Carsten Jendrek: Weitere digitale Lernangebote, kreative Ideen und Tipps und Tricks sind super und unterstützen besonders Eltern und Lehrkräfte für zusätzliche Inspiration und Vielfalt im Homeschooling-Alltag. Demnach sind sie in Teilen zielführend, denn sie ergänzen das Angebot, Inhalte auf die zusätzlich zurückgegriffen werden kann. Allein reichen sie jedoch nicht aus. Weiterhin notwendig sind die Betreuung und der Austausch zwischen Schüler*innen und Lehrkräfte sowie die Inhalte des Lehrplanes, die umgesetzt werden müssen.

Kann Unterricht oder Berufsbildung in Zukunft ausschließlich digital stattfinden?

Carsten Jendrek: Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, bis das reibungslos und als Alternative funktionieren könnte. Aber sollte dass das Ziel sein? Ich denke nicht. In einer Ausnahmesituation wie dieser ist das natürlich sehr hilfreich, grundlegend geht es jedoch vielmehr um Unterrichtsabläufe und Bildungsprozesse, die durch digitale Medien unterstützt werden, um neue kreative und praxisnahe Möglichkeiten zu schaffen und Schüler*innen fit und verantwortungsbewusst im Umgang mit digitalen Medien zu machen. Weiterhin wichtig wird der Unterricht vor Ort bleiben!

Wie sieht für Sie das digitale Deutschland der Zukunft aus?

Carsten Jendrek: In Bezug auf Bildung? Analoge und digitale Elemente greifen ineinander, Schüler*innen können praxisorientierter lernen, Lehrkräfte ihre Unterrichtsinhalte kurzfristig adaptieren und spannende Projekte einbringen. Noch dazu können Schüler*innen eigene Projekte produzieren und im Anschluss präsentieren – dadurch ist neues Lernen möglich. Wenn der Umgang bereits in der Schule erlernt wird, hat das selbstverständlich Auswirkungen auf spätere Arbeitnehmer*innen, die selbstbewusster und verantwortungsvoller im Umgang mit digitalen Medien sind. Sie kennen sichere Quellen für die Recherche, sind geübt im Umgang mit verschiedenen digitalen Kommunikationsmethoden, sind fit im Präsentieren eigener Ergebnisse und können so in ihre Jobs starten.

Worauf ist ihr Unternehmen spezialisiert? Worin liegen Ihre Fachkompetenzen?

Carsten Jendrek: Wir als Gesellschaft für digitale Bildung unterstützen Bildungseinrichtungen in ganz Deutschland auf ihrem Weg der Digitalisierung und können durch unsere verschiedenen Standorte einen sehr persönlichen Support anbieten. Hinzu kommt unser großartiges Netzwerk, wodurch wir die Chance haben, von der passenden Hardware verschiedener Hersteller über den Service bis hin zu individuellen Schulungen alles aus einer Hand anzubieten, immer angepasst an die Bedürfnisse und Konzepte der Schule. Unser großes Steckenpferd sind darüber hinaus die Elternfinanzierungen. So machen wir es möglich, dass aufgrund verschiedener Finanzierungsmodelle Schüler*innen 1 zu 1 mit einem eigenen digitalen Endgerät ausgestattet werden und auch von zu Hause aus lernen können. Eltern können dadurch die für sie mögliche Finanzierungsoption auswählen.

Herr Jendrek, vielen Dank für das Gespräch!

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