Hanning Kempe: Die Pandemie zieht andere Schwerpunkte bei der Kundengewinnung nach sich

Interview mit Hanning Kempe
Hanning Kempe ist seit 2012 General Managing Director von FleishmanHillard in Deutschland. Mit ihm sprechen wir über Einfluss der Corona-Pandemie, Digitalisierungs- und Innovationsdruck sowie den Wandel des klassischen Marketings zur Kundengewinnung.

Der Einfluss der Corona-Pandemie wird sich bis ins Jahr 2021 fortsetzen und für die Kundengewinnung in Unternehmen andere Prioritäten schaffen. Wie werden sich die Einsparungen (z.B. zur Rücklagenbildung) auswirken?

Hanning Kempe: Klar ist, dass die Pandemie andere Schwerpunkte bei der Kundengewinnung nach sich zieht. Schließlich sind alle Formate, die auf direkter, persönlicher Interaktion beruhen, schlicht nicht vorhanden. Dadurch wird einiges an Budget gespart, das auch Verluste im Umsatz ausgleichen muss. Wir sehen aber auch, dass Teile der Einsparungen investiert werden – in reichweitenstarke Maßnahmen, in die Entwicklung neuer Strategien und passender Inhalte oder Infrastruktur. Die Pandemie hat bei vielen einen Modernisierungsschub bei Kommunikation und Kundengewinnung ausgelöst.

Der Digitalisierungs- und Innovationsdruck wird in vielen Marketingabteilungen durch Einsparungen gebremst. Gibt es Konzepte, um die Kürzungen aufzufangen?

Hanning Kempe: Der Druck wird durch Einsparungen nicht gebremst – er wird eher größer. Nach dem Prinzip „the rich get richer, the poor get poorer“ treten gerade in Krisenzeiten die Unterscheide noch deutlicher zutage; und damit steigt der Druck. Was in solchen Situationen hilft sind zweierlei Gedanken: Zum einen ein Besinnen auf sich selbst: wo sind wir stark? Welche Ressourcen sind da? Welche Innovation im Digitalen passt gut zu uns, unserer Marke und ist dazu noch messbar und optimierbar? Daneben ist jetzt ein guter Moment, teure und ineffiziente kulturelle Hürden zu schleifen. Zum Beispiel in der Integration von Marketing, Kommunikation und auch HR. Hier werden immer noch Ressourcen verschleudert und damit Fortschritt und Innovation gebremst.

Wie kann man sich strategisch und visuell besser von der Konkurrenz absetzen, die alle die Entscheider mit Ideen und Angeboten bombardieren?

Hanning Kempe: Alles, was dazu benötigt wird, ist authentische, dialogische Kommunikation, die auf klaren Unternehmenswerten fußt. Sie muss kompromisslos an den Zielgruppen ausgerichtet, strategisch geplant, klar strukturiert und konsistent umgesetzt sein. Klingt relativ simpel, ist es aber häufig nicht. Im Spannungsfeld zwischen Marke und Reputation verirren sich Unternehmen noch immer. Unsere Reputationsstudie „Authenticity Gap“ zeigt dies jährlich aufs Neue. Fehlt ein stringenter Ansatz, schwimmen Botschaften schnell im Strom neben tausend anderen und gehen unter.

Die Generierung von Entscheider-Leads über soziale Netzwerke wie XING und LinkedIn nimmt stark zu. Was halten Sie von dieser Entwicklung?

Hanning Kempe: Durch gezielte Targeting-Methoden und attraktive Monitoring-Optionen bieten diese Plattformen die Möglichkeit, sehr fokussiert zu kommunizieren. Daher eignen sie sich natürlich in besonderer Weise auch zur Lead Generation. Durch die steigende Popularität sind diese Netzwerke, ihre Algorithmen und Funktionsweisen stark im Wandel.

Wer hier dauerhaft erfolgreich sein will, muss die Veränderungen genau beobachten, daraus ableiten, was sie für Entscheider bedeuten und dann seinen Kommunikationsansatz daran ausrichten.

Das heißt: mit ein bisschen Budget, ein paar Bildchen, einem CTA und einem Targeting ist es eben nicht getan – das können andere auch. Entscheidend ist wieder das Verständnis der Zielgruppen und die Relevanz meiner Message. Ansonsten wird die Begeisterung für diese Kanäle nicht nachhaltig sein.

Wir stecken im Wandel des klassischen Marketings zur Kundengewinnung. Der Point-of-Sale auf Messen beispielsweise fällt immer mehr weg, alles läuft digital ab. Reicht es aus, über Conference-Calls oder Online-Meetings Kunden zu gewinnen, oder sind zusätzliche Strategien notwendig?

Hanning Kempe: Nein, das reicht natürlich nicht. Seit der Erfindung des Internets hat das digitale Element in Aufbau und Pflege von Netzwerken eine immer größere Rolle eingenommen und damit die persönliche f2f Kommunikation ergänzt. Corona beschleunigt jetzt diese Entwicklung. Aber auch davor haben wir uns schon Gedanken gemacht, wie wir unsere globalisierten Wirtschaftskreisläufe effektiver kommunikativ vernetzen können – auch mit Blick auf ökologische und ökonomische Aspekte.

Mein Gefühl ist, dass der menschliche Faktor, der persönliche Austausch in einer digitalisierten Welt eher an Bedeutung gewinnen wird. Das heißt allerdings nicht automatisch mehr Meetings, sondern eine smartere Balance und ein bewussterer Umgang mit on- und offline, digital und analog.

Herr Kempe, vielen Dank für das Gespräch!

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