Paul Otto: Deutschland entwickelt sich im Krypto-Bereich wunderbar

Interview mit Paul Otto
Paul Otto is Managing Partner bei F5 Crypto. F5 hat einen wissenschaftlichen Krypto-Fonds für professionelle Investoren in Deutschland aufgelegt. Der monatliche F5 Recap Newsletter informiert Investoren zu den wichtigsten Themen in Krypto.

An der größten Börse der Welt startete am 19.10.2021 der erste an Bitcoins gekoppelte ETF. Allerdings investiert der Fonds nicht direkt in den Bitcoin. Was ist darunter zu verstehen?

Paul Otto: Der erste Bitcoin-ETF der USA ist ein Meilenstein, der in der Krypto-Szene gefeiert wurde. Das Ganze hat jedoch einen seltsamen Beigeschmack, denn der ETF kauft von Investorengeldern gar keine Bitcoins. Seltsam! Stattdessen bildet der Fonds den Bitcoin-Preis durch andere Finanzprodukte nach. Das ist durchaus üblich in der Finanzbranche. Viele chinesische Aktien sind z.B. für Europäer nicht direkt erwerbbar, aber es gibt Produkte von großen Banken, die die chinesischen Aktienwerte 1:1 abbilden. Die Bank verdient dabei natürlich, der Investor zahlt direkt oder indirekt eine Gebühr. Beim Bitcoin-ETF ist es genauso, durch die synthetische Preisabbildung von Bitcoin kommen auf Investoren hohe Kosten zu.

Mehrfach hatte die US-Börsenaufsicht SEC den Indexfonds gestoppt. Warum legte sie diesmal kein Veto ein bzw. warum war diese bisher immer besorgt?

Paul Otto: Die SEC ist eine sehr mächtige Behörde. Sie überwacht alle öffentlichen Finanzprodukte und greift oft hart durch. Sie hat damit indirekt Einfluss auf große Teile des Verhaltens aller Firmen, die börslich gelistet sind. Wenn ein Chef zum Beispiel ungehemmt twittert und aufgrund eines Tweets die Aktienkurse einbrechen, ist das ein Vergehen an den Aktionären, das die SEC ahnden kann. Stichwort Elon Musk, der 2019 für einen lustig gemeinten Tweet von 2018 eine hohe Strafe zahlte und den Tesla-Vorstand verlassen musste. Ein Bitcoin ETF war bisher immer und immer wieder an der SEC gescheitert. Bereits 2017 stellten die Winklevoss Brüder, frühe prominente Bitcoin Investoren, zwei erfolglose Anträge bei der SEC. Seitdem gingen mehr als 20 verschiedene Anträge ohne Erfolg ein. Dafür gibt es drei Gründe. Erstens ist immer noch nicht abschließend geklärt, was Bitcoin überhaupt ist. Ist es eine Währung, ein Rohstoff oder Sammlerstück? Verschiedene Länder sowie unterschiedliche Behörden innerhalb von Ländern haben hier varierende Ansichten. Damit ist nicht klar, welche Gesetzespassagen Anwendung finden. Zweitens ist die Preisfeststellung von Bitcoin nicht eindeutig. Wieviel ist denn ein Bitcoin Wert? Börsen wie Binance, auf denen Bitcoin gehandelt wird, sind unreguliert. Amerikanische Krypto-Börsen wie Kraken und Coinbase setzen oftmals den Handel aus. Ebenso unterscheiden sich die Preise zwischen den Börsen teilweise stark. Hier ist viel Potenzial, Investoren schlechte oder falsche Kurse anzubieten. Drittens ist die Lagerung von Bitcoin nicht geklärt. Streng genommen ist Bitcoin der wohl am einfachsten lagerbare Finanzwert überhaupt. Lediglich ein Key, ein Passwort, kann eine unlimitierte Anzahl an Bitcoin halten. Was passiert jedoch, wenn das Passwort verloren geht? Wie sind Bitcoin-Verwahrer reguliert? Wer versichert Bitcoin-Verwahrer für den Fall des Falles? Diese Fragen sind nicht hinreichend geklärt.

Das Investieren in Futures birgt einige Risiken. Vor allem Contango und Backwardation sind dabei unerfreuliche Effekte, die auftreten könnten. Können Sie uns die beiden Effekte erklären?

Paul Otto: Ein Future ist das Recht, einen Wert in der Zukunft zu erwerben. Das ist besonders dann sinnvoll, wenn man in der Zukunft nicht von Preisschwankungen überrascht werden möchte. Nehmen wir als Beispiel einen Bitcoin Miner. Angenommen, er weiß, er wird in den nächsten 6 Monaten 5 neue Bitcoins schürfen und dafür 150.000 Euro an Stromkosten zahlen müssen. Fällt der Bitcoin Preis auf unter 30.000 Euro, wäre sein gesamtes Geschäft gefährdet. Für ihn ist es sinnvoll, wenn er schon jetzt seine zukünftigen Bitcoins verkauft. Die große Frage ist, wenn Bitcoin heute 44.000 Euro wert ist, wieviel ist dann der Future in sechs Monaten heute wert? Dies bestimmt natürlich der Markt. Der Future zum Mai 2022, etwas 6 Monate in der Zukunft, handelt heute bei 46.000 Euro. Ist der Future so wie hier teurer als Spot, spricht man von Contango. Ist der Future billiger, von Backwardation. Die meisten Future Märkte befinden in Contango, weil die meisten Assets langfristig an Wert gewinnen. Ich würde nicht sagen, diese Effekte sind unerwünscht. Sie sind wichtige Marktsignale, die Entscheidern in der Wirtschaft helfen, die Zukunft besser einzuschätzen. Bitcoin hat mit historisch dreistelligen jährlichen Renditen eine extrem positive Wertentwicklung hinter sich. Da viele Marktteilnehmer erwarten, dass sich dieser Trend fortsetzt, sind Bitcoin Futures immer stark in Contango. Das Beispiel des 6-monatigen Futures weicht etwa 9% p.a. vom Spot ab. Dies bedeutet, wer Futures kauft, zahlt 9% p.a. Gebühr, um an der Wertentwicklung Bitcoins (meist gehebelt) teilzuhaben. Das sind genau die Kosten, die Investoren im aktuellen Bitcoin-ETF indirekt bezahlen. Im Umkehrschluss lassen sich durch den so genannten Basis-Trade recht einfach 9% p.a. Rendite fast risiko-frei einstreichen, dazu ein andermal mehr.

Die Zulassung an der New Yorker Börse könnte auch ein Startschuss für europäische Börsen sein. In Kanada und Deutschland gibt es bereits dedizierte Bitcoin- bzw. Krypto-ETFs. Die meisten sind allerdings in Deutschland nicht zum Vertrieb zugelassen. Denken Sie der neue Bitcoin-ETF in den USA hat eine Signalwirkung auf europäische Finanzmärkte?

Paul Otto: Deutschland entwickelt sich im Krypto-Bereich wunderbar. Die BaFin hat in Deutschland Kapazitäten aufgebaut, um mit den neuen Krypto-Assets Themen umzugehen. Es gibt inzwischen BaFin-lizensierte Krypto-Verwahrer in Deutschland, eine Errungenschaft, auf die die BaFin stolz sein kann. Die Bundesregierung hat das Thema ebenso auf dem Schirm. Und die Besteuerung von Gewinnen ist auch bereits für die meisten Fälle geklärt. Ich bin positiver Dinge, dass diese Entwicklung nicht stocken wird. Mehr sinnvolle und klare Regeln für den Umgang mit der neuen Anlageklassen helfen nicht nur Investoren, sondern ziehen auch Firmen und Talente nach Deutschland. Die Luxemburger, die sonst so stark im Fondsgeschäft sind, haben hier den Anschluss schon fast verloren. Vielleicht wird tatsächlich bald ein deutscher Bitcoin-ETF der größte in ganz Europa. Wir bei F5 Crypto sind ja im Krypto-Fondsgeschäft aktiv. Was ich definitiv versprechen kann: Es wird noch eine Menge Neues kommen.

Herr Otto, vielen Dank für das Gespräch!

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