Björn Maier: Auseinandersetzen mit fondsgebundenen Sparformen

Interview mit Björn Maier
Björn Maier ist Inhaber ONVERSO in München. Mit ihm sprechen wir über Höchstrechnungszins, Senkung des Garantiezins sowie Konsequenzen für die Versicherten.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) will den Höchstrechnungszins für Lebensversicherungen zum 01.01.2022 von aktuell noch 0,9 auf dann 0,25 Prozent senken. Warum soll der Garantiezins erneut gesenkt werden?

Björn Maier: Aufgrund der Niedrigzinsphase können die Versicherer den Garantiezins von 0,9 % nur noch schwer oder nicht mehr erwirtschaften. Man muss verstehen, dass der Garantiezins mit sicheren Wertpapieren, wie beispielsweise Staatsanleihen finanziert wird. Daher hat die Deutsche Aktuarvereinigung (kurz DAV) schon vor einiger Zeit vorgeschlagen, dass der Garantiezins von 0,9 auf 0,25 % abgesenkt werden sollte. Darüber hinaus ist es wichtig zu wissen, dass die Verzinsung der Lebensversicherer nicht nur aus dem Garantiezins, sondern auch aus der sogenannten Überschussbeteiligung besteht. Wenn man beides zusammenrechnet, haben wir immer noch eine im Vergleich gute Verzinsung, wenn man diese mit ähnlich sicheren Sparanlage vergleicht. Dennoch ist die Gesamtverzinsung zu gering, um sich vernünftig eine Altersvorsorge aufzubauen. 

Wer ist alles von der Senkung des Garantiezins betroffen?

Björn Maier: Es sind sämtliche Produkte der Lebensversicherer betroffen, die ab dem 01.01.2022 von Verbrauchern abgeschlossen werden. Dazu zählen Altersvorsorgeverträge, wie die private Rentenversicherung, aber auch Berufsunfähigkeits-, Risikolebens- und Pflegerentenversicherungen. Die drei zuletzt genannten werden voraussichtlich bis zu 10 % teurer werden, da auch die sogenannten Biometrie-Produkte mit dem Garantiezins kalkuliert werden. Nicht davon betroffen sind alle Lebensversicherungsverträge, die bis 31.12.2021 abgeschlossen wurden. Hier gilt Bestandsschutz. Wer also derzeit plant ein Lebensversicherungsprodukt für sich abzuschließen, sollte das noch im Jahr 2021 machen.

Die Versicherungswirtschaft warnt, dass sich eine 100-prozentige Beitragsgarantie für Lebensversicherungen und Riester-Renten nicht mehr darstellen lässt, wenn der Garantiezins weiter sinkt. Wie wird diese Position begründet?

Björn Maier: Es ist bereits heute so, dass die meisten Altersvorsorgeprodukte keine 100-prozentige Beitragsgarantie zum Ende der Sparphase mehr anbieten, wenn es nicht wie bei der Riester Rente gesetzlich vorgeschrieben ist. Hintergrund ist, dass diese Garantien mit sicheren Kapitalanlagen dargestellt werden müssen. Da diese Anlagen aufgrund der Niedrigzinsphase keine auskömmliche Rendite mehr erwirtschaften, müssen die Versicherer einen sehr hohen Anteil des Sparbeitrags genau in diese schlecht verzinsten Papiere anlegen. Dadurch rechnen sich Produkte mit einer 100-prozentigen Garantie für Sparer nicht mehr. Gerade bei Laufzeiten von unter 25 Jahren wird kaum oder nichts mehr in Wertpapiere mit höherer Renditechance investiert, nur um die Garantie darstellen zu können. Kurz gesagt; Altersvorsorgeprodukte mit 100 % Beitragsgarantie rechnen sich für Kunden nur in Zeiten von höheren Zinsen.

Was sind die Konsequenzen für die Versicherten?

Björn Maier: Zum einen sehen wir die Entwicklung, dass einige Anbieter bereits aus dem Riester Rentengeschäft ausgestiegen sind, weil sie eine 100-prozentige Beitragsgarantie aus den zuvor genannten Gründen nicht mehr seriös anbieten möchten und können. Zum anderen müssen Versicherte sich mehr mit fondsgebundenen Sparformen auseinandersetzen. Hierbei kann der Kunde wählen, ob er einen Teil seiner Beiträge, beispielsweise 60 Prozent, garantiert zum Ende der Laufzeit haben möchte, oder sogar gänzlich auf eine Kapitalgarantie verzichtet. Versicherte müssen wissen, dass eine Garantie in der heutigen Zeit sehr teuer ist. Nicht weil die Versicherer dafür höhere Gebühren verlangen würden, sondern weil die sogenannten Opportunitätskosten (verlorene Zinsen aufgrund der niedrig verzinsten Kapitalanlagen) so hoch sind. Viele Versicherte glauben nämlich, dass die Versicherer eine Kapitalgarantie über höhere Gebühren finanzieren. Das ist aber selten der Fall. Vielmehr geht es darum, dass Versicherte, die in Garantieprodukte investieren, eine höhere Sparrate aufwenden müssen, um am Ende der Sparphase dasselbe Kapital zu haben, wie jemand der auf Garantien verzichtet. Für die zuletzt genannte Variante ohne Garantie müssen Kunden allerdings zuvor mehr Zeit investieren, um sich entweder über Berater oder in Eigenregie Wissen anzueignen.

Für wen lohnt sich eine private Renten- oder Lebensversicherung überhaupt noch?

Björn Maier: Grundsätzlich muss man aus meiner Sicht zwischen Sparverträgen und Einmalbeiträgen unterscheiden. Ich persönlich bin der Meinung, dass sich bei reinen Sparverträgen nur noch fondsgebundene Rentenversicherungen bzw. Produkte mit höherem Aktienanteil für Verbraucher rentieren. Die klassische Rentenversicherung wird zukünftig nur noch eine Rolle bei sofortbeginnenden Rentenversicherungen spielen. Also dann, wenn Verbraucher einen Einmalbeitrag in eine Rentenversicherung einzahlen und im Gegenzug vom Versicherer eine lebenslange Rentenzahlung erhalten. Für die lebenslange Auszahlung in Form einer Leibrente gibt es auch keine alternative Lösung. Das ist der große Vorteil der Lebensversicherer und dieser bleibt auch nach der Rechnungszinssenkung bestehen. Aus dem gleichen Grund lohnen sich auch private Rentenversicherungen in Form eine Fondspolice über das Jahr 2022 hinaus. Denn am Ende der Sparphase erhalten die Versicherten die Option, dass sie ihr aufgebautes Kapital sehr steuergünstig lebenslang verrenten lassen können. Das bietet ein Depot beispielsweise nicht.

Und was sind die Alternativen?

Björn Maier: Bisher konkurrieren die Versicherer auch schon mit Depotlösungen über Banken und Onlinebroker. Allerdings fehlt diesen Lösungen ein entscheidendes Kriterium. Sie erhalten aus einem Depot keine garantierte lebenslange Rente. Das kann nur eine Lebensversicherung anbieten. Darüber hinaus ist die Immobilie sicher eine gute Alternative, laufende Einkommensströme in Form von Mietzahlungen für das Alter aufzubauen. Allerdings sind hier die Möglichkeiten aufgrund des hohen Kapitaleinsatzes für viele Verbraucher auch beschränkt. 

Herr Maier, vielen Dank für das Gespräch!  

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