Crowdinvesting als Geldanlage- Johannes Ranscht (OneCrowd-Gruppe)

Interview mit Johannes Ranscht
Johannes Ranscht ist Geschäftsführer der OneCrowd-Gruppe. Im Interview spricht er über Crowdinvesting und dem mehrstufigen Auswahlprozess als Qualitätsmerkmal.

Die Fintech-Szene ist angetreten, um den etablierten Wettbewerbern in der Finanz- und Versicherungsbranche den Rang abzulaufen. In welchen Bereichen konnten Fintechs signifikante Marktanteile gewinnen?

Johannes Ranscht: Allgemein kann man sagen, dass Fintechs signifikant im Banking und im Trading-Bereich (zum Beispiel Bitcoin) zugelegt haben. Ein gutes Beispiel für den Banking-Bereich ist der Fondsdiscounter Rentablo, die führende Plattform zum eigenverantwortlichen Vermögensaufbau. Das Unternehmen, das 2019 über Seedmatch in Rekordzeit Kapital eingesammelte, wurde über das Portal Banking Check zum Finanzmanager des Jahres 2019 gewählt. Außerdem kann man den Bereich Insure-Tech (Versicherungen) sowie den Bereich Prop-Tech (Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft) nennen. Generell beobachten wir, dass die Fintech-Szene besser durch die Corona-Krise kommt, als andere Branchen. Das verwundert nicht, immerhin setzen die Unternehmen auf digitale Geschäftsmodelle, die in Zeiten von Abstandsregeln besonders gefragt sind.

Was ist Ihr Kerngeschäft, welche die wichtigsten Alleinstellungsmerkmale Ihres Unternehmens?

Johannes Ranscht: Seedmatch wurde 2011 als erste deutsche Crowdinvesting-Plattform gegründet und damit zu einer Zeit, als Crowdfunding kaum bekannt war und es Crowdinvesting überhaupt noch nicht gab. Wir haben damals echte Pionierarbeit geleistet und mit dazu beigetragen, dass sich Crowdinvesting als alternative Finanzierungsform für Unternehmen und als Investmentchance für Privatanleger etablieren konnte.

Zu den Begriffen: Crowdfunding bezeichnet allgemein die Finanzierung einer Sache – eines Produkts, eines Projekts oder eines Unternehmens – durch eine Gruppe von Menschen, die wir Crowd nennen. Beim klassischen, sogenannten „reward-based“ Crowdfunding erhält die Crowd für ihre finanzielle Unterstützung in der Regel eine nicht-finanzielle Gegenleistung, meistens ein Produkt. Crowdinvesting hingegen ist eine spezielle Form des Crowdfunding, bei der das jeweilige Unternehmen der Crowd eine Rendite in Aussicht stellt. Das heißt also, bei Seedmatch investieren die Nutzer zum Zweck der Geldanlage in ein junges Unternehmen und profitieren von einer positiven Unternehmensentwicklung z. B. durch Bonuszinsen oder einer Beteiligung am Exit-Erlös, wenn das Unternehmen verkauft wird. Inzwischen haben sogar einige Banken selbst eigene Crowdfunding- und Crowdinvesting-Sparten. Unser Ziel ist es aber, unserer Vorreiterrolle weiterhin gerecht zu werden und das Crowdinvesting voranzubringen.

Welchen Mehrwert bieten Sie Kunden im Vergleich zu ihren etablierten Wettbewerbern?

Johannes Ranscht: Da gibt es mehrere Punkte. Was Seedmatch ausmacht, ist der Fokus auf Qualität bei der Auswahl der Unternehmen, die bei uns ein Funding starten. Nur etwa ein Prozent der Bewerber schafft es tatsächlich auf die Plattform. Wir schauen uns sowohl junge Startups als auch etablierte Unternehmen genau an, bevor wir mit ihnen zusammenarbeiten, und wählen sehr bewusst aus. Wir haben einen mehrstufigen Auswahlprozess entwickelt, im Rahmen dessen wir uns ein konkretes Bild vom Gründungs- oder Führungsteam, dem Geschäftsmodell und dem Status quo des jeweiligen Unternehmens machen. Eine so differenzierte Auswahl der Unternehmen und die derart transparente Darstellung der Entwicklungsaussichten eines Investments sind charakteristisch für Seedmatch, in der Branche aber nicht selbstverständlich.

Es gibt noch eine weitere Besonderheit: Seedmatch konnte als erste Plattform in Deutschland die Rendite bei Investments in die Unternehmen im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung belegen. Gemeinsam mit der Universität Oldenburg haben wir eine Berechnungsmethode entwickelt und 2018 das erste Ergebnis dazu veröffentlicht. Bei der Berechnung sind wir davon ausgegangen, dass ein fiktiver Investor unseren Mindestinvestmentbetrag von 250 Euro in alle Seedmatch-Startups der Jahre 2011 bis 2014 investiert und zum 31.12.2017 die Verträge mit allen Unternehmen gekündigt hat. Auf diese Weise haben wir ermittelt, dass der fiktive Investor eine Rendite von 15 % p. a. erzielt hätte.

Und einen dritten Vorteil gegenüber Wettbewerbern möchte ich kurz nennen: Wir bieten unseren Investoren ein besonders breites Angebot. Denn Seedmatch ist längst nicht mehr allein. Im Jahr 2013 gründeten wir die Plattform Econeers für Investments in nachhaltige Projekte und 2015 schließlich auch Mezzany für Investments in Immobilienprojekte.

Es gibt zwei Ansätze in der Fintech-Szene: Übernahme des Marktes oder Kooperation mit etablierten Unternehmen. Welchen Ansatz halten Sie für zielführender, wie agiert ihr Unternehmen?

Johannes Ranscht: Crowdinvesting ist, wie eingangs erwähnt, eine noch recht junge Finanzierungsform. Wenn man so will, dann gehören wir als Pionier des Crowdinvesting zu den etablierten Unternehmen auf diesem Gebiet. Wir können aber auch auf erfolgreiche Kooperationen zurückblicken. Wir arbeiten zum Beispiel seit vielen Jahren mit der Consorsbank zusammen. Beide Seiten profitieren davon. Die Consorsbank kann, dank unserer Hilfe, ihr Angebot um die Anlageklasse Crowdinvesting erweitern und so ihren Kunden schon mit geringem Anlagekapital einen Zugang zu einem Markt verschaffen, der normalerweise höhere Investments fordert. Wir hingegen haben die Möglichkeit, unsere Kampagnen bei der Consorsbank zu platzieren und neue Nutzer zu generieren. Das ist aber nicht die einzige Kooperation. Wir stehen zum Beispiel auch mit startnext, der größten Crowdfunding-Plattform im deutschsprachigen Raum, in regem Austausch und unterstützen uns gegenseitig.

Wie schnell reagieren Ihre Wettbewerber auf neue Trends, wie hoch ist der Innovationdruck?

Johannes Ranscht: Wir bemerken einen hohen Innovationsdruck bei unseren Wettbewerbern. Die einen versuchen es mit neuen Produkten, wie zum Beispiel tokenisierte Wertpapiere, andere reduzieren ihre Mindestinvestmentsumme auf einen Euro, wiederum andere erhöhen die Investmentsummen auf 1.000 Euro. Auch wir sind offen für Innovationen. Dabei geht es uns aber nicht darum, sofort jedem Trend hinterherzujagen. Unsere Kunden schätzen uns für unsere Qualität und Seriosität. Diese beiden Punkte haben für uns bei allen Entscheidungen vorderste Priorität. Eine Neuheit möchte ich kurz nennen: Recht neu bei uns ist die Möglichkeit, digital Anleihen zu zeichnen. Anleihen bieten wir nicht nur auf Seedmatch, sondern seit neuestem auch auf unserer Plattform Econeers an.

Welche Innovationen dürfen wir von Ihnen in nächster Zeit erwarten?

Johannes Ranscht: Wir wollen unsere Stellung als größte, diversifizierte Crowdinvesting-Plattform Deutschlands weiter ausbauen. Es gibt dazu bereits konkrete Pläne, die wir an dieser Stelle aber noch nicht verraten können. Klar ist, wir werden uns weiterentwickeln – zusammen mit unseren Investoren, mit denen wir in engem Kontakt stehen. Wenn im kommenden Jahr die Verordnung zum European Crowdfunding Service Provider Regime in Kraft tritt, werden wir sicherlich auch eine größere Vielfalt und neue Produkte auf dem Markt sehen. Und eines kann ich noch verraten: Das Jahr 2021 wird für uns ein ganz Besonderes. Wir feiern unser zehnjähriges Bestehen und werden im Laufe des Jahres einige große Neuigkeiten verkünden.

Herr Ranscht, vielen Dank für das Gespräch.

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