Frank Hellweg: Steuer- und Sozialabgabenlast lassen wenig Spielraum

Interview mit Frank Hellweg
Frank Hellweg ist Finanzberater und Inhaber der Hellweg & Hinzen Wirtschafts- und Finanzberatung in Münster. Mit ihm sprechen wir über die Idee der Altersvorsorgepflicht für Selbständige, kränkelndes Umlagesystem sowie Solo-Selbständige.

Die Idee der Altersvorsorgepflicht für Selbstständige ist nicht neu. Was halten Sie davon?

Frank Hellweg: Die Pflicht zur Altersvorsorge für Selbständige ist kein neues Thema. Vielleicht möchte der Gesetzgeber vordergründig die Selbständigen vor einer Altersarmut schützen, was durchaus nobel wäre. Jedoch ist anzuzweifeln, dass es ihm darum geht. Vielmehr besteht der Verdacht, dass es eher darum geht, mehr Beitragszahler in sein kränkelndes Umlagesystem der Deutschen Rentenversicherung zu bitten. Des weiteren versucht der Staat auf diese Weise, noch mehr Einfluss auf die Selbstbestimmung der Menschen zu nehmen. Jedem sollte es überlassen sein, selbst darüber zu entscheiden, wie lange er beruflich tätig sein und aus welchen Quellen er zukünftig seinen Lebensunterhalt bestreiten möchte. Der Staat wäre gar nicht in der Lage, fundiert zu entscheiden, ob jemand etwas für seine Altersvorsorge tut oder nicht. Geschweige denn über eine erforderliche Größe derselben zu bestimmen. Der Staat möchte unter dem Deckmantel des Beschützers mehr Kontrolle ausüben und mehr Beitrag einnehmen. Dies ist aus unserer Sicht strikt abzulehnen. Es funktioniert bereits in weiten Teilen der Angestellten nicht richtig, warum sollte dies auf einmal bei Selbständigen anders werden?

Selbstständige bezahlen deutlich höhere Beiträge an die Kranken- und Pflegeversicherung als Arbeitnehmer mit vergleichbarem Einkommen. Woran liegt das?

Frank Hellweg: Tun sie das? Mir wäre das neu. Es gibt keinen Arbeitgeberzuschuss für die Selbständigen, das ist korrekt, jedoch ist der Beitrag identisch. Außerdem haben Selbständige später ebenfalls die Möglichkeit aus der GKV heraus in die Krankenversicherung der Rentner zu wechseln und somit recht niedrige Beiträge im Ruhestand zu bezahlen. Als PKV Versicherte unterscheiden sich die zu zahlenden Beiträge in keiner Weise. Weder in der Zeit der Erwerbstätigkeit noch im Ruhestand.

Wenn die Altersvorsorgepflicht auch auf Selbstständige ausgeweitet wird: Was bedeutet das für Solo-Selbstständige?

Frank Hellweg: Sollte diese Pflicht tatsächlich kommen, wäre dies für Solo-Selbständige ein relevantes Thema. Es käme primär darauf an, was der Gesetzgeber unter der, die Pflicht erfüllenden, Altersvorsorge versteht. Investmentfonds, die Rürup-Rente, die Deutsche Rentenversicherung, Immobilien? Es gibt einen breiten Strauß an Möglichkeiten. Wenn es nur um die Deutsche Rentenversicherung geht, dann wird es zu einem Problem, da hier die Rendite schwach und die Beitragshöhe groß wäre. Dies würde die Gewinnsituation von vielen Solo-Selbständigen deutlich schmälern, denn es wäre in jedem Fall eine zusätzliche Belastung und pauschal nicht tolerierbar. Vor allem dann nicht, wenn bereits andere Vorsorgen bestehen, die der Gesetzgeber nicht als solche akzeptiert.

Wie soll die Altersvorsorgepflicht ausgestaltet, wie vorgesorgt werden?

Frank Hellweg: Das auch Selbständige Ihre eigene Vorsorge im Blick haben sollten, versteht sich doch von selbst. Wie das Erreichen dieses Ziels umgesetzt wird, kann jedoch pauschal nicht gesagt werden. Wie bei allen anderen ist es wichtig, die Prioritäten zu berücksichtigen. Wer nur geringe Risiken im Anlageprozess toleriert, muss naturgemäß mehr Aufwand betreiben als Diejenigen, die langfristig etwas aufbauen und die Mechanismen des Kapitalmarkts nutzen. Jedoch müsste nach unserer Meinung alles erlaubt sein, was zum Ziel führt. Also Rentenversicherungen genauso, wie Immobilien oder Investmentfonds. Das größere Problem dürfte jedoch sein, die Gruppe der Selbständigen mit niedrigen Einkünften zu erreichen. Deren Kostenbelastung lässt im Allgemeinen wenig Spielraum. Diese mit einer Pflichtvorsorge aus dem Sozialhilfe-Niveau zu heben, wäre sehr ambitioniert. Außerdem ist davon auszugehen, dass der Staat die Rahmendaten stark an denen für Angestellte orientieren würde. Selbst bei Angestellten sind diese schon viel zu starr. Bei Selbständigen aber völlig unvernünftig, da sie die individuelle Situation unberücksichtigt lassen.

Was wären die Alternativen dazu? Ein gemeinsamer Rententopf für Angestellte und Selbständige?

Frank Hellweg: Das einzig Sinnvolle und auch nachhaltig Zielführende wäre eine Sensibilisierung der Betroffenen für ein eigenverantwortliches Handeln. In dieser Richtung unternimmt der Staat nichts. Im Gegenteil, die Steuer- und Sozialabgabenlast lassen wenig Spielraum, gerade für Solo-Selbständige. Das Wissen, mit zusätzlicher Vorsorge dennoch später in der Grundsicherung zu bleiben, ist sicher kein Anreiz. Etwas für die Vorsorge zu tun, muss attraktiv sein, also einen Mehrwert besitzen. Ohne dieses Mehr an Rente bleibt die Bereitschaft sehr überschaubar.

Herr Hellweg, vielen Dank für das Gespräch!

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