Matthias Wittenburg: Private-Equity-Investoren planen häufig mit „buy and build“-Strategien

Interview mit Matthias Wittenburg
Matthias Wittenburg ist Geschäftsführender Gesellschafter der Companylinks GmbH. Im Interview spricht er über Private-Equity-Investoren und Auswirkungen auf Übernahmekandidaten.

Private-Equity-Unternehmen werden im Volksmund häufig als Heuschrecken bezeichnet. Woher kommt dieser zweifelhafte Ruf?

Matthias Wittenburg: Dies geht auf eine Aussage des damaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering zurück.

Halten Sie die Kritik an Ihrer Branche gerechtfertigt?

Matthias Wittenburg: Wie jede pauschale Kritik, ist auch diese so nicht gerechtfertigt. Sicherlich gab und gibt es Finanzinvestoren, die sich vergleichsweise aggressiv verhalten, auf Arbeitnehmer/-innen – Rechte wenig Rücksicht nehmen oder Unternehmen durch strategische Fehlentscheidungen in die Knie gezwungen haben. Das alles kommt aber bei anderen Eigentümerstrukturen ebenso vor. Gleichzeitig gibt es, gerade auch in Deutschland, unzählige Beispiele von langjährig erfolgreichen und harmonischen Beziehungen zwischen Investor und Unternehmen. Insofern steckt in der „Heuschreckendebatte“ auch eine erhebliche Portion tradierter Kapitalismuskritik.

Wie agieren und arbeiten Private-Equity-Unternehmen wirklich? Welchen Bedarf decken Sie?

Matthias Wittenburg: Auch hier sind pauschale Aussagen natürlich kaum zu treffen, aber Private Equity-Investoren haben zunächst einmal identische Interessen wie jeder andere (private) Unternehmensinhaber auch: eine Investition in den Kauf oder die Finanzierung einer Firma soll einen attraktiven Ertrag erbringen. Dazu muss das Unternehmen ordentlich aufgestellt (Digitalisierung) und geführt werden, sich mit guten Produkten oder Dienstleistungen im Markt bewähren und möglichst wachsen. Letzteres „organisch“ ebenso wie „anorganisch“, also im Falle von Private Equity häufig auch im Zuge sogenannter „buy and build“-Strategien: zu einem bestehenden Unternehmen werden weitere passende Unternehmen hinzugekauft, um so größere Einheiten zu bilden. Grundsätzlich gibt es für quasi alle Branchen, Unternehmensgrößen und -situationen (StartUp, Wachstum, Restrukturierung, Nachfolge…) passende Private-Equity-Investoren.

Wessen Geld verwalten Private Equity Unternehmen?

Matthias Wittenburg: Einige Private Equity-Firmen sind inhabergeführt oder investieren das Geld vermögender Familien (Family Offices). Auch große Versicherungen (z.B. die Allianz) unterhalten eigene PE-Gesellschaften. Meist jedoch werden geschlossene Fonds aufgelegt, d. h. eine Gruppe institutioneller Investoren stellen gemeinsam einen Betrag x zu Verfügung, der dann von einer PE-Firma (meist auf 7-10 Jahre zeitlich begrenzt) investiert und anschließend wieder zurückgeführt wird. Über Kapitalsammelstellen wie z. B. Astorius Capital aus Hamburg können aber auch private Investoren breit gestreut in unternehmerische Direktbeteiligungen investieren.

Risikokapitalgeber sind auf Rendite aus. Ist das eine Chance oder eher ein Risiko für einen Übernahmekandidaten?

Matthias Wittenburg: Rendite lässt sich nur mit gut geführten Unternehmen (vgl. vorletzte Frage) erzielen. Da dies grundsätzlich das Ziel aller for-profit-Organisationen sein sollte, sehe ich persönlich hier eher Chancen. Nur wenn ein Unternehmen langfristig erfolgreich ist, können Arbeitsplätze geschaffen und Steuern bezahlt werden. Daneben legen immer mehr PE-Firmen bzw. die dahinter stehenden Investoren großen Wert auf ESG (Environment, Social, Governance Anlagekriterien) und CSR (Corporate Social Responsibility), also Nachhaltigkeitsfragen. Da hinken viele Unternehmen deutlich hinterher; auch hier kann der Einstieg eines professionellen Investors also positive Impulse setzen.

Während sich der US-Kongress mit einer stärkeren Regulierung der Branche befasst, wird in Europa um Risikokapital geworben. Wie steht es um den europäischen Private-Equity-Markt im internationalen Vergleich?

Matthias Wittenburg: Die Regulierung in den USA zielt m. W. in erster Linie auf die ganz großen Unternehmen (Google, Facebook & Co.) ab. Zudem gibt es den „Mittelstand“, der ja richtigerweise häufig als das „Rückgrat der deutschen Wirtschaft“ beschrieben wird, in den USA nicht so ausgeprägt wie in Europa. Der Kapitalmarkt, und damit auch die Bereiche Venture Capital und Private-Equity, ist in den USA traditionell stärker ausgeprägt. Aber auch in Deutschland gibt es sehr viel Kapital für die Unternehmensfinanzierung. Private-Equity spielt hier seit Jahren eine bedeutende Rolle. Übrigens auch immer mehr für kleinere Unternehmen. Hier spielt der Branchenverband BVK (Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e. V.) in Berlin eine hervorragende Rolle.

Hat der Brexit Auswirkungen auf die europäische Private Equity Szene?

Matthias Wittenburg: Das beobachten wir bislang nicht. Zwar betreiben einige internationale PE-Firmen ihr Geschäft aus London heraus, gerade Deutschland ist aber als führende Industrienation so wichtig für diese, dass fast alle namhaften Investoren hierzulande auch selber vertreten sind. Ganz generell kann man sagen, dass Kapitalflüsse – zwischen den großen Finanzplätzen allemal – immer möglich waren und sind, daran ändert der Brexit für dieses Geschäft wenig. Stärker betroffen sind da aufgrund der spezifischen Regulierung die Wertpapiermärkte.

Herr Wittenburg, vielen Dank für das Gespräch.

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