Michael Hater: Nachhaltige Geldanlagen

Interview mit Michael Hater
Michael Hater ist Dipl. Anlage- und Vermögensberater und Geschäftsführer Beratungslounge Essen – Service der WWS GmbH. Mit ihm sprechen wir über umweltfreundliche Investitionen, Klimaschutz bei Geldanlagen sowie Nachhaltigkeit.

Welche Investitionen sind umweltfreundlich und was zählt zu nachhaltigen Geldanlagen?

Michael Hater: In unseren Augen ist der Begriff umweltfreundlich oder nachhaltig etwas weiter zu fassen. Meist sind mit dem Begriff „Nachhaltige Investments“ Geldanlagen gemeint, die sich nach den sog. ESG-Kriterien richten. Neben dem Thema Environmental (Umwelt), dass die meisten mit nachhaltiger Energiegewinnung, bewusstem Ressourcenverbrauch und ähnlichen Themen verbinden, spielen auch das S für Social und G für Governance eine Rolle (also die Themen Soziales und Unternehmensführung). Etwas genauer definieren nachhaltige Geldanlagen alle Investments, die sich an den sog. 17 SDGs (Ziele für nachhaltige Entwicklung) ausrichten, die von der UN in der Agenda 2030 definiert wurden. 

Der Umweltgedanke wird in vielen Bereichen immer wichtiger. Welche Rolle spielt der Klimaschutz bei Geldanlagen?

Michael Hater: Genau so sehen wir das auch. Nicht zuletzt durch die zunehmenden Unwetterextreme auf der Welt (Überflutungen in Deutschland, verheerende Brände im Mittelmeerraum, extreme Temperaturen in den südlichen Ländern) geraten auch Klimaskeptiker langsam in Erklärungsnot. Nicht nur bei jungen Leuten wird das Thema auch im Bereich der Geldanlage immer stärker nachgefragt. Viele legen Wert auf dieses Thema bei der Auswahl der Geldanlagen. Dabei ist es aber insbesondere im Bereich der Investmentfonds nicht so einfach wirklich „grüne“ Fonds von denen zu unterscheiden, die es nur nach außen so darstellen. Was bringt es nach dem sog. Best-in-class Ansatz den nachhaltigsten Kohlestromhersteller im Portfolio zu haben? Hier ist wirklich viel Nachforschung zu betreiben und in der Regel sind es am Ende dann nicht die ETFs der großen Investmenthäuser die wirklich „grün“ investieren sondern eher die kleineren Fondsboutiquen oder Häuser wie die marktführenden nachhaltigen Banken in Deutschland oder auch den Niederlanden die wirklich nachhaltige Produkte im Angebot haben.

Für uns war es im letzten Jahr Grund genug eine eigene Internetplattform für nachhaltige Investments namens gruenekohle.de ins Leben zu rufen. Denn immer häufiger wird uns die Frage gestellt „Wie lege ich meine Kohle grün an?“.

Wie wird das Thema Nachhaltigkeit in der Finanzbranche behandelt?

Michael Hater: Das Thema gewinnt seit 2-3 Jahren zunehmend an Brisanz. Auch seitens der Regulatorik gibt es erste Vorgaben für Produktanbieter und Berater. So wird es zukünftig nicht mehr ausreichen den Kunden nur zu fragen wie lange, wie liquide und wie risikoreich er sein Geld investieren möchte, sondern eben auch wie nachhaltig investiert werden soll. An sich ein guter Trend, wobei man wie bei vielen regulatorischen Vorgaben auch aufpassen muss, dass man nicht über das Ziel hinaus schießt. Meiner Meinung nach gibt es aktuell ein noch zu uneinheitliches Bild was die Nachhaltigkeitssiegel angeht. Hier muss die Branche für mehr Transparenz sorgen. Die EU Regeln nach Artikel 6,8 und 9 bietet hier aktuell einen weiteren Ansatz in der Auswahl. Während Artikel 6 Fonds alle gemanagten Fonds meinen, investieren Artikel 8 Fonds in Unternehmen mit Nachhaltigkeitsmerkmalen (hellgrüne Fonds). Artikel 9 Fonds (die dunkelgrünen) zielen hingegen selbst darauf ab, eine Nachhaltigkeitswirkung zu erzielen. So können Sie anhand ihrer Stimmrechte auf Hauptversammlungen z.B. auf nachhaltige Entwicklungen hinwirken. Schaut man sich den Fondsmarkt an, so sind etwa 18 % der Fonds am Markt als hellgrün und nur 3,6 % als dunkelgrün eingestuft. Also noch eine verschwindend geringe Menge.

Wie rentabel und sicher sind nachhaltige Geldanlagen im Vergleich zu klassischen Kapitalanlagen?

Michael Hater: Hierzu gibt es unterschiedlich Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen. Was man aber glaube ich bereits klar sagen kann ist, dass nachhaltige Geldanlagen sich auf jeden Fall nicht schlechter entwickeln als klassische Kapitalanlagen. Interessante Gedanken zu diesem Thema findet man auch im Buch „The global green new deal“ von Jeremy Rifkin. Was die Sicherheit angeht wurde festgestellt, dass gerade im letzten Jahr 2020, das Jahr der Corona Krise an den Börsen, nachhaltige Anlagen nicht so stark nachgegeben haben, wie klassische Investments.

Was steckt hinter dem FNG-Siegel und für wie sinnvoll halten Sie diese Zertifizierung?

Michael Hater: Das FNG Siegel ist eines der bekanntesten Siegel in der DACH-Region. Ich persönlich halte es für eines der besseren Siegel, wobei man wissen muss, dass es innerhalb des Siegels noch drei Abstufungen gibt (1 bis 3 Sterne). Bei der Auswahl sollte man dann also eher auf Fonds mit 2 oder 3 Sternen setzen, wenn einem der nachhaltige Anlagegedanke besonders wichtig ist. Aber auch ein Stern ist sicher schon einmal besser, als wenn man dieses Siegel nicht hat. Wir selbst schauen uns auch an, welcher Fonds das Siegel hat. Zudem sind aber auch weitere Quellen wie z.B. die Zeitschrift „Ecoreporter“ empfehlenswert, wenn man sich mit dem Thema Nachhaltige Geldanlagen beschäftigt. Zur Not hilft es aber auch immer mal selbst ein Blick in die Top10 Positionen eines Fonds zu werfen.

Herr Hater, vielen Dank für das Gespräch!

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