Michael Horling: Umweltfreundliche Investitionen

Interview mit Michael Horling
Michael Horling ist Geschäftsführer Grüne Sachwerte. Mit ihm sprechen wir über Umweltfreundlichkeit, Windkraft sowie Aktienfonds.

Welche Investitionen sind umweltfreundlich und was zählt zu nachhaltigen Geldanlagen?

Michael Horling: Viele Menschen, mit denen ich im Rahmen meiner Tätigkeit als ökologischer Finanzdienstleister spreche, haben sehr individuelle Vorstellungen und Bewertungen davon, was sie als „umweltfreundlich“ empfinden. Immer höhere Windparks oder größere Freiflächen-Solarparks erfreuen nicht alle Menschen auf den ersten Blick, und manche Menschen fragen sich, ob das ökologisch passt. Faktisch können wir uns hingegen bei der Auswahl unserer Investitionsangebote gut an den ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) orientieren: Wenn man wissenschaftliche Standards anlegt und die Auswirkungen verschiedener Investitionen auf den Klimawandel und die Artenvielfalt untersucht, und die ökologisch dringendsten Fragestellungen zugrunde legt, wird schnell klar: Aktuell sind zum Beispiel die Windkraft und die Photovoltaik diejenigen Technologien, die schnell dazu beitragen können, aus fossiler und klimaschädlicher Energieproduktion auszusteigen, welche unseren Planeten so massiv erwärmt und zerstört. Man sollte also auf die energetische oder ökologische Gesamtbilanz schauen und dann sagen: Ja, das macht insgesamt Sinn.         

Der Umweltgedanke wird in vielen Bereichen immer wichtiger. Welche Rolle spielt der Klimaschutz bei Geldanlagen?

Michael Horling: Aus mehreren Blickwinkeln heraus wurde und wird der Klimaschutz immer wichtiger bei der Gestaltung sowie der Auswahl von Geldanlagen: Die Emittenten müssen bei der Konzeption von Kapitalanlageprodukten darauf achten, dass langfristige Entwicklungen in Wirtschaft und Finanzwelt, aber natürlich auch Politik, Gesellschaft und Umwelt bzw. Klima berücksichtigt werden. Und hier ist insbesondere das Klima in den letzten Jahren verstärkt in den Vordergrund gerückt. Niemand kann es sich wirtschaftlich erlauben, Gelder langfristig in Bereiche zu investieren, deren Geschäftsmodell durch den verstärkten Klimawandel bereits in wenigen Jahren auszulaufen drohen könnte oder in Bereiche zu investieren, die den Klimawandel vorantreiben. Die großen institutionellen Investoren, sowie auch Kirchen und zunehmend Versicherungen, berücksichtigen Anlagekriterien der Ökologie und der Nachhaltigkeit. Aber auch private Investoren fragen vermehrt nach. Immer mehr Anlegerinnen und Anleger wenden sich konkret an uns, um ihren persönlichen CO2-Fußabdruck oder ihren Stromverbrauch durch ökologische Geldanlagen in sinnvolle Projekte auszugleichen.

Wie wird das Thema Nachhaltigkeit in der Finanzbranche behandelt?

Michael Horling: In vielen größeren Konzernstrukturen, so mein Eindruck, leider immer noch wie eine rechtliche Vorgabe aus der Politik, die so lange verzögert wird, wie es noch geht. Daneben gibt es aber auch viele kleinere, dynamische Unternehmen, welche die neu entstehende Branche mit ihren Wachstumspotenzialen zum Aufstieg nutzen und ganz gezielt innovative Finanzprodukte entwickeln. Und es gibt die „Überzeugungstäter“, die Nachhaltigkeit und Ökologie als Basis ihres Handelns verstehen. Wir prüfen bei unseren Geschäftspartnern immer auch, ob es tatsächlich eine Überzeugung hin zu umweltgerechtem Handeln gibt und idealerweise an der schnellen Umsetzung ökologischer Fortschritte gearbeitet wird – denn nur das reine „Einhalten gesetzlicher Vorgaben“ wird nicht reichen, den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden.

Wie rentabel und sicher sind nachhaltige Geldanlagen im Vergleich zu klassischen Kapitalanlagen?

Michael Horling: Das kann natürlich nicht allgemeingültig beantwortet werden. Mein Eindruck und meine Erfahrung zeigen, dass die Berücksichtigung der ESG-Kriterien langfristig zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit Risiken sowie deren größtmöglicher Vermeidung führen – wenn professionell damit umgegangen wird und unter der Voraussetzung sonstiger professioneller Tätigkeit. Andererseits ist es aber auch so, dass natürlich gerade auch im Umweltbereich viele neue und unerfahrene Anbieter aktiv werden, und ethisch-ökologisch motivierte Anleger eher bereit sind, Vertrauen zu gewähren. Hieraus entstehen öfters Kapitalanlagen, die dann nicht so gut funktionieren wie erwartet, und zu Frust führen können. Auch die „schwarzen Schafe“ der Branche werben öfters mit Marketing-Schlagworten wie „Nachhaltigkeit“, „Sicherheit durch gesetzliche EEG-Vergütungen“, „umweltfreundliches Anlagemodell“, und tarnt dahinter riskante Anlagemodelle, selbstentwickelte Prototypen oder überteuerte Finanzprodukte. Das gibt es leider schon, seitdem diese Branche entstand – daher ist auch unsere Arbeit als unabhängige Anlegerbetreuung wichtig. Anlegerinnen und Anleger müssen vorab wissen, ob es sich um gute, professionelle ökologische Finanzprodukte handelt, oder ob sie lieber gleich etwas spenden können.

Was steckt hinter dem FNG-Siegel und für wie sinnvoll halten Sie diese Zertifizierung?

Michael Horling: Das FNG-Siegel prüft Investmentfonds anhand verschiedener Kriterien auf ihre Umweltverträglichkeit – um den Anlegern in der Breite und Tiefe die Auswahl zu erleichtern. Dahinter steckt unabhängiger Research, wodurch einerseits Glaubhaftigkeit entsteht und sich andererseits auch viele Finanzhäuser zunehmend tiefer und ernsthafter mit Nachhaltigkeitsprozessen beschäftigen. Zum Teil konzentriert sich die Thematik auf die größeren Investmentfonds-Häuser, die für den Prozess bezahlen. Bei vielen Aktienfonds ist aus meiner Sicht die Umweltwirkung neuer Anlegergelder beschränkt, weil lediglich Anteile von verkaufenden Anlegern weitergereicht werden. Viele weitere Anlageprodukte mit echter Nachhaltigkeit, die Investments direkt in einzelne Umweltprojekte ermöglichen, werden hingegen nicht geprüft – das sollten Impact-orientierte Anleger bei der Auswahl ihrer Investitionen bedenken und sich ein breites Bild machen.

Herr Horling, vielen Dank für das Gespräch!

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