Rene Wienholtz: Idealerweise ist soziale oder ökologische Wirkung messbar

Interview mit Rene Wienholtz
Rene Wienholtz ist Gründer und Vorstand LOOM Impact AG. Mit ihm sprechen wir über Social Investment, Philanthropie sowie Sozialinvestitionen.

Für viele scheint der Begriff „Social Investment“ immer noch das gängige Spenden für wohltätige Organisationen und Projekte zu sein. Die Bedeutung des Begriffs hat sich allerdings gewandelt. Wie sehen Sie das?

Rene Wienholtz: In der Tat wird der Begriff „Social Investment“ in Deutschland gern mit dem Spenden oder der Philanthropie gleichgesetzt. Dabei gibt es ein ganzes Spektrum an Formen, Geld für eine gute Sache einzusetzen. Die Spende ist am einen Ende sicher die bekannteste Form dafür – man gibt Geld, ohne dieses zurückzuerwarten. Man erwartet lediglich eine positive „Wirkung“ (im englischen „Impact“) als Gegenwert. Idealerweise ist diese soziale oder ökologische Wirkung messbar. Generell muss man diese Projekte aber weiter durch Spendengelder am Leben erhalten, weil sie generell keine oder kaum finanzielle Erträge generieren, die das Projekt selbst lebensfähig halten würden. Eine andere Form des „guten Investments“ ist die unternehmerisch fokussierte Philanthropie. Das bedeutet: ich freue mich darüber, wenn das eingesetzte Geld nicht weg ist, sondern es erlaubt ein sozial/ökologisch positiv wirkendes Projekt so zu beleben, dass es sich auf Dauer durch die Erträge des Unternehmens selbst ohne weitere externe Spenden oder Investitionen trägt. Auch hier erwartet man das Geld eigentlich nicht zurück, sondern will damit etwas sich selbst Erhaltendes starten. Die dritte Form des „Social Investment“ ist ein echtes Investment, auch in finanzieller Hinsicht. Also auch mit der Erwartung das Geld nicht nur zurückzuerhalten, sondern auch mit einer Verzinsung zu versehen. Dafür hat sich der Begriff „Impact Investment“ etabliert, denn in dem Bereich geht es (wie bei auch allen vorigen Formen) nicht nur um Investitionen ins Soziale, als auch z.B. in ökologisch positiv agierende Organisationen. Der Überbegriff „Wrikung“ oder „Impact“ fasst hier sinnvoll beides zusammen. Beim Impact Investing wird also die erwartete positive finanzielle Rendite um eine möglichst genau messbare ökologische bzw. soziale Rendite ergänzt. Die hierbei finanzierten Unternehmen arbeiten for-profit meistens im Umfeld der Adressierung der Herausforderungen, die in den UN „Sustainable Development Goals“ (kurz: SDGs) der Agenda 2030 beschrieben sind.

Oft hört man, dass Social Investments Investitionen in Menschen seien. Dabei könnte man eher soziale Projekte meinen. Was heißt das jetzt genau?

Rene Wienholtz: Wie zuvor gesagt, so fasst zumindest für mich der Begriff „Social Investments“ zu kurz, denn man kann auch neben den sozialen ebenfalls die ökologischen Herausforderungen der Menschheit adressieren. Daher bleibe ich weiterhin bei dem Überbegriff „Impact Investment“.

In Menschen zu investieren kann zweierlei Bedeutung haben in diesem Zusammenhang: einerseits ist es natürlich so, dass jede „positive“ Wirkung innerhalb der SDGs irgendwie direkt oder indirekt der Menschheit zugute kommt. Egal ob ich die Klima-Krise adressiere oder gegen Hunger & Armut kämpfe.

Die andere Ebene des „Investierens in Menschen“ meint aus meiner Sicht die Investition in Projekte & Firmen, die wiederum von Menschen mit starker Motivation für das Gute gegründet wurden. Ich als Impact Investor achte insbesondere auf die inneren Beweggründe der Gründer:innen, um herauszufinden, ob sie die Unternehmung nur gegründet haben weil das Thema „Impact, Nachhaltigkeit & Soziales“ sich gerade gut verkaufen lässt, oder ob da eine echte Motivation dahinter steht mit der Idee die Welt weiter zu bringen.

In wen wird also investiert? Wer profitiert von nachhaltigen Social Investments?

Rene Wienholtz: Als Vertreter des Impact Investings investiere ich in Unternehmungen, die for-profit arbeiten aber zu gleichem Maße auch klar mindestens eins der Felder aus den UN-Nachhaltigkeitszielen (SDGs) der Agenda 2030 adressieren. Das sind meistens Vorhaben, die einen besonderen Anschub benötigen, weil sie als besonders risikoreich gelten, aber auch (wenn sie funktionieren) ein gutes Renditepotential haben, weil sie eben ein echtes Problem lösen.

Unternehmen haben schon immer drängende Probleme mit wirtschaftlichen Methoden lösen können, also sicher auch die Probleme, die die Menschheit leider selbst durch das Industriezeitalter erzeugt hat. Wenn es gelingt hier positive Beispiele für Rendite + Wirkung zu erzeugen, dann wird eine neue Marktbewegung hin zu dieser Art Investments erzeugt werden – und genau vor dieser Schwelle stehen wir genau jetzt.

Europa steht weiterhin vor gewaltigen Herausforderungen. Die Wirtschaftskrise und der demografische Wandel rufen Lösungsbedarf hervor. Inwiefern könnten Social Investments dahingehend helfen?

Rene Wienholtz: Europa kann sich mit frischen und unternehmerisch ausgeprägten Ideen, die die UN SDGs angehen, besonders profilieren. Gelingt es uns in Europa hier eine Ideen- & Talentschmiede zu werden, dann können wir die größten Herausforderungen der Menschheit nutzen, um daraus die größten Chancen für neue Unternehmen zu generieren.

Was hat es mit dem Sozial-Investitionspaket (SIP) der EU-Kommission auf sich? Können Sie das kurz erklären?

Rene Wienholtz: Das SIP ist eine in den SDGs sehr fokussierte Initiative (hier insbesondere die SDGs Nr. 3, 4, 5, 8 & 10 – siehe https://sdgs.un.org/goals). Dieses politisch geschnürte Paket ist ein Mix aus gesetzlich-regulatorischem Fokus auf die dort genannten Themen und dem Bedarf dafür staatliche Mittel bereitzustellen. Seitens unseres Unternehmens beleuchten wir eher die privaten & institutionellen Finanzierungsvorhaben, weshalb wir hier keine direkte Verbindung zum SIP-Programm haben.

Warum sollten Sozialinvestitionen schließlich mit Priorität behandelt werden?

Rene Wienholtz: Sozial- bzw. Impact Investment sollten eine hohe Priorität erhalten, weil sie wie vorgenannt nicht nur die momentan „heißen“ Herausforderungen der Menschheit generell (und natürlich der EU im näheren Bereich) adressieren, sondern weil der Lösung dieser Probleme auch eben ein unternehmerisches Momentum inne wohnt, welches behoben werden sollte.

Herr Wienholtz, vielen Dank für das Gespräch!

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