Sebastian Hoop: KI macht die Transaktion zur Konversation

Interview mit Sebastian Hoop
Wir sprechen mit Sebastian Hoop, Geschäftsführer der collectAI, ein Fintech für KI-basierte Rechnungen und Zahlungserinnerungen über die Fintech-Szene.

Die Fintech-Szene ist angetreten, um den etablierten Wettbewerbern in der Finanz- und Versicherungsbranche den Rang abzulaufen. In welchen Bereichen konnten Fintechs signifikante Marktanteile gewinnen?

Sebastian Hoop: Kund*innen erwarten heute über alle Branchen hinweg digitalisierte und kund*innenzentrierte Produkt- und Serviceangebote. Klingt erstmal logisch. Dennoch stellen viele etablierte Unternehmen Kund*innen noch nicht in den Mittelpunkt oder sind weiterhin analog aufgestellt. Diese offensichtliche Lücke besetzen Fintechs und gewinnen hier verdient Marktanteile.

Den größten Druck haben aus meiner Sicht die traditionellen Banken. Die haben zu lange die digitalen Bedürfnisse der Kund*innen vernachlässigt. Mit der Einführung von PSD2 im September 2019 ist die letzte Bastion – das Girokonto – gefallen. Geldinstitute haben hier den exklusiven Zugriff verloren. Genau dort setzen viele erfolgreiche Fintechs an. In ihrem “Payments Survey 2019” prognostiziert das Beratungsunternehmen Accenture den Banken daher bis 2025 einen Umsatzverlust von 280 Mrd. USD, der an Fintech-Unternehmen geht.

Was ist Ihr Kerngeschäft, welche die wichtigsten Alleinstellungsmerkmale Ihres Unternehmens?

Sebastian Hoop: Wir digitalisieren den Lebenszyklus einer Rechnung mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz. Ein Großteil der Bezahlung erfolgt in Deutschland nach wie vor auf Basis von Papier-Rechnungen per Banküberweisungen. Für Kund*innen total umständlich: sie müssen sich erst mühsam in ihren Bank-Account einloggen und die Überweisungsdaten händisch eintragen. Dabei sind Tippfehler vorprogrammiert.

Heute geht es darum dem Kunden beim Bezahlen ein Erlebnis zu bieten und ihn auf eine Payment Journey mitzunehmen. Komfortables Bezahlen – ohne Ländergrenzen, unabhängig vom Bank-Login, flexibel, schnell, mobil. Als Intelligent Payment Solution Provider haben wir genau dafür eine Software-Plattform, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basiert und Rechnungen und Mahnungen digitalisiert und modernisiert. Bei unseren interaktiven Rechnungen und dem intelligenten Mahnwesen werden modular oder ganzheitlich digitale Kommunikationskanäle mit vielfältigen Bezahlmethoden kombiniert. Unsere smarte Technologie erhöht nachweislich die Realisierung von offenen Beträgen bei geringen Kosten.

Welchen Mehrwert bieten Sie Kunden im Vergleich zu ihren etablierten Wettbewerbern?

Sebastian Hoop: Der bestehende, alte Inhouse-Prozess ist unser größter Wettbewerber. Das häufig durch vorhandene Software wie z.B. SAP unterstützte traditionelle Vorgehen ist weder digitalisiert noch flexibel. Im Vordergrund steht hierbei eine Transaktion – Unternehmen wollen die offenen Beträge beglichen sehen. Wir stellen die Konversation und damit die Kund*innenbeziehung in den Fokus. Durch smarte Kommunikation ergänzt um Künstliche Intelligenz und digitale Bezahlmethoden wird die Transaktion zur Konversation. Das führt in Summe zu besseren Ergebnissen: zufriedenere Endkund*innen, schnellerem Zahlungseingang bei weniger Kosten.

Es gibt zwei Ansätze in der Fintech-Szene: Übernahme des Marktes oder Kooperation mit etablierten Unternehmen. Welchen Ansatz halten Sie für zielführender, wie agiert ihr Unternehmen?

Sebastian Hoop: Wir sprachen gerade schon über die Banken. Hier sehen wir seit ein, zwei Jahren, einen verstärkten Coopetition-Ansatz, also smarte Kooperationen auch mit der Konkurrenz. Banken haben sich beispielsweise für Apple- und Google-Pay entschieden, nachdem diverse Bemühungen der letzten Jahre eigene Payment Apps zu etablieren, gescheitert sind.

Grundsätzlich halten wir den kooperativen Ansatz auch für den erfolgreicheren. Vereint man die Potentiale und die Assets etablierter Unternehmen mit der Schnelligkeit und Innovationskraft von Fintechs ergibt das die perfekte Lösung für Kund*innen! Letztlich hängt eine Zusammenarbeit immer auch vom Geschäftsmodell und der spezifischen Lücke ab, die ein Fintech schließt. So macht aus meiner Sicht eine Kooperation zwischen einer Challenger Bank und einer großen deutschen Bank beispielsweise keinen Sinn.

Wenn collectAI aber einer Bank hilft, ihre Zahlungs-Kommunikation zu digitalisieren und durch unsere KI die Conversion Rate noch erhöht, profitiert die Bank direkt von unseren Innovationen. Eine solche Kooperation ist eine Win-Win-Situation. Fakt ist: Wir beschleunigen die digitale Transformation unserer Kunden.

Wie schnell reagieren Ihre Wettbewerber auf neue Trends, wie hoch ist der Innovationsdruck?

Sebastian Hoop: In unserem Umfeld sind wir First Mover, sehen aber zunehmend neue Player am Markt. Wir haben zwar einen Vorsprung von drei Jahren, zurücklehnen dürfen wir uns allerdings nicht. Innovationen sind Teil unserer DNA. So werden wir in den nächsten Monaten mehrere neue Features launchen, die u.a. speziell auf die Bedürfnisse von Energieversorgern, Telekommunikationsunternehmen und Banken zugeschnitten sind.

Welche Innovationen dürfen wir von Ihnen in nächster Zeit erwarten?

Sebastian Hoop: Wir arbeiten permanent an kleinen, aber auch großen Innovationen. Derzeit entwickeln wir z.B. eine Technologie, die wir AIR (Automated Intention Recognition) nennen. Dabei leitet eine KI automatisch Aktionen aus den Rückmeldungen von Endkund*innen auf unsere Kommunikation ab. Viele Kund*innen fragen nach Erhalt einer Zahlungserinnerung beispielsweise nach weiteren Informationen oder benötigen eine Ratenzahlung oder Stundung. Das lässt sich mit AIR alles automatisch abwickeln. Ein Telefonat mit dem Servicecenter ist dafür dann nicht mehr nötig. Für 2021 folgt dann ein eigenes Factoring-Produkt, das besonders für Unternehmen aus Energiewirtschaft und Telekommunikation interessant ist.

Herr Hoop, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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