Sören Schuster: US-Investoren sind in Deutschland verstärkt aktiv

Interview mit Sören Schuster
Sören Schuster ist Geschäftsführer von CFH Management GmbH. Mit ihm sprechen wir über Seed-Finanzierungen, internationale Kapitalanleger und Start-Up-Unternehmen.

Von 2012 bis 2019 wuchs laut statista das Volumen von Venture Capital in Deutschland von 574 auf 1.740 Millionen Euro. Ist hierzulande ausreichend Risikokapital verfügbar, um den Kapitalbedarf innovativer Start Up-Unternehmen zu decken?

Sören Schuster: Im Grunde genommen: nein. Auch wenn hier differenziert werden muss. Für Seed-Finanzierungen ist m.E. ausreichend Kapital in Deutschland vorhanden. Dünner wird die Luft allerdings, wenn Series-A-Runden mit deutlich mehr als 5 Millionen Euro erforderlich sind, insbesondere bevor das Zielunternehmen signifikante Umsätze erzielt.

Internationale Kapitalanleger interessieren sich vermehrt für Start Up-Unternehmen aus der EU. Rund ein Viertel des Kapitals aus Finanzierungsrunden deutscher Start Up-Unternehmen stammt beispielsweise von US-Investoren. Handelt es sich um einen nachhaltigen Trend?

Sören Schuster: Ja, schon seit geraumer Zeit sind US-Investoren in Deutschland verstärkt aktiv. Die Gründe hierfür sind vielschichtig: Gute Technologien und im Vergleich zu den USA attraktive Einstiegskurse treffen auf eine hohe Geldmenge, die im Markt zirkuliert. Solange sich diese Rahmenbedingungen nicht ändern, wird diese Entwicklung nachhaltig sein.

Welche Stärken und Schwächen bietet Deutschland aus Sicht von Start Up-Unternehmen und Investoren?

Sören Schuster: Gründer profitieren von der großen wirtschaftlichen Substanz, die in Deutschland vorhanden ist, sowie dem hohen Niveau der Ausbildung an (Fach-)Hochschulen, die auch sehr vielen Menschen zugänglich ist. Ein Start Up zu gründen oder dort zu arbeiten, selbst etwas auf die Beine zu stellen, ist inzwischen „angesagt“, obwohl es andere Lebenswege gibt, die eine bessere Work-Life-Balance bieten. Viele Förderprogramme erlauben es, eine Gründung mit geringem persönlichem Risiko (aber trotzdem hohem Arbeitsaufwand!) zu wagen. Ein immer noch unterentwickelter Kapitalmarkt sowohl für große VC-Runden als auch Börsengänge sowie eine überbordende Regulierung unternehmerischer Freiheiten sind die Schwachpunkte.

In welchen Bereichen ist die deutsche Wirtschaft innovationsstark und die heimischen Start Up-Unternehmen international wettbewerbsfähig?

Sören Schuster: Deutschland ist noch stark bei industriellen Produktionsprozessen. Bei der Digitalisierung dieser Prozesse, wo mehr als das reine Software-Know-how notwendig ist, sehe ich die größten wirtschaftlichen Potentiale für Innovationen.

Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft? Welche Rolle spielen universitäre Ausgründungen in der Start Up-Landschaft?

Sören Schuster: Der Standort Deutschland profitiert immer noch von seiner hervorragenden öffentlichen Grundlagenforschung. Ausbaufähig hingegen ist die Zusammenarbeit von Start Ups und staatlichen Forschungseinrichtungen. Hier gibt es viele administrative Hürden und Fehlanreize, die Ausgründungen sichtbar erschweren. Auch müsste in der universitären Ausbildung noch mehr Entrepreneurship vermittelt werden. Gute Beispiele dafür sind die HHL Leipzig und die TU Dresden, mit denen wir in den letzten Jahren mit unserem TGFS Technologiegründerfonds Sachsen mehrfach erfolgreich zusammengearbeitet haben.

Welche zusätzlichen Impulse könnte der Gesetzgeber geben, um Deutschland für Gründer und Investoren noch attraktiver zu machen?

Sören Schuster: Maßnahmen, die zur Deregulierung und (Wieder-)Freisetzung von Marktmechanismen führen, wären hilfreich. Wünschenswert wäre zudem, die Rahmenbedingungen für VC-Investoren zu verbessern, um zumindest mit Frankreich oder Großbritannien aufzuschließen, was das zur Verfügung stehende Kapital betrifft. Auch geänderte Anlagevorschriften für Pensionskassen und Versicherungen könnten dafür sorgen, dass mehr Kapital in Richtung Zukunftsinvestitionen fließt. 

Herr Schuster, vielen Dank für das Gespräch!

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