Stephan von Bülow: Die Behörden müssen digitaler werden

Interview mit Stephan von Bülow
Stephan von Bülow ist Vorsitzender der Geschäftsführung Block Gruppe. Mit ihm sprechen wir über den internationalen Währungsfonds IWF, ökonomische Stärke Deutschlands sowie wünschenswerte Verbesserungen. 

Der Internationale Währungsfonds IWF hat in seinem Wachstumsreport Deutschland einen schlechten politischen Führungsstil in Corona-Zeiten attestiert. Deutschlands Zukunft als Wirtschaftsstandort stehe auf dem Spiel, prophezeien die IWF-Experten. Teilen Sie diese Befürchtungen?

Stephan von Bülow: Ja. Während der gesamten Zeit sind Entscheidungen getroffen worden ohne vorherigen Diskurs mit den Unternehmen und der Wirtschaft. Dies wäre wichtig gewesen, um zu verstehen, was realistisch von den Unternehmen leistbar ist und welche staatliche Unterstützung an welcher Stelle notwendig ist. So haben z.B. viele Unternehmen, die wirtschaftlich stark betroffen sind durch die Krisen, keine Wirtschaftshilfen erhalten. Dieses Vorgehen hat einen enormen wirtschaftlichen Schaden verursacht und zudem den Abbau von vielen Arbeitsplätzen befördert.

Die Politik verweist auf die ökonomische Stärke Deutschlands, der Wachstumsreport zeichnet hingegen ein anderes Bild. Deutschland und Großbritannien selbst Italien meistert die Krise aus Sicht des IWF besser und die Wirtschaft werde schneller in den Wachstumsmodus übergehen. Woran liegt das?

Stephan von Bülow: Dies kann ich mir kaum vorstellen. Der Zentralismus hat diesen Ländern in der aktuellen Situation sicherlich geholfen, während das uneinheitliche Vorgehen in Deutschland aufgrund des Föderalismus viele Prozesse verkompliziert und verlangsamt hat. Wir werden in Deutschland noch einige Nachwehen der Corona-Pandemie zu spüren bekommen, die uns wirtschaftlich im internationalen Vergleich zurückwerfen.

Welche Verbesserungen würden Sie sich als Unternehmer am Wirtschaftsstandort Deutschland wünschen?

Stephan von Bülow: Die Corona-Pandemie hat deutlich gezeigt, dass wir überbürokratisiert sind. Das hat uns Geschwindigkeit in der Entscheidungsfindung und bei der Umsetzung von Prozessen gekostet. Hier muss nachgebessert werden. Die Behörden müssen digitaler werden und schneller agieren können. Das Thema Digitalisierung betrifft jedoch noch viele weitere Bereiche im ganzen Land. Auch hier sind wir im Ländervergleich abgehängt. Viele Länder haben im vergangenen Jahr schneller und besser handeln können, waren besser vernetzt und digitalisiert. Dass wir den Datenschutz über den Gesundheitsschutz gestellt haben, war eine absolute Fehlentscheidung, die dazu geführt hat, dass die Corona-App bei der Krisenbewältigung absolut unbrauchbar war.

Wie sind Ihre Zukunftsaussichten des Unternehmens und Ihrer Branche?

Stephan von Bülow: Wir sind zuversichtlich, dass sich unser Unternehmen erholen wird und an die Erfolge vor Corona anknüpfen wird, auch wenn das etwas Zeit in Anspruch nehmen wird. Die gesamte Branche braucht nun den Rückenwind der Politik, Zertifizierungen von Lüftungsanlagen, die einen sicheren Aufenthalt in Restaurants und Bars gewährleisten und strengeres Durchgreifen bei Verfehlungen Einzelner.

Für den Sommer sind wir optimistisch, spannend wird es Richtung Herbst / Winter. Darauf müssen wir uns nun gemeinsam mit der Politik vorbereiten. Voraussetzung ist das erfolgreiche Voranschreiten der Impfkampagne und das Bereitstellen von ausreichend Impfstoff. Zudem hat sich der Kampf um gutes Personal nochmals verschärft, da viele Mitarbeiter im vergangenen Jahr die Branche gewechselt haben. Hier ist es notwendig, gute Recruiting-Konzepte zu entwickeln und attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Welches Szenario fürchten Sie? Und welches sollte keinesfalls eintreten?

Stephan von Bülow: Einen vierten Lockdown – viele Gastronomen und Einzelhändler haben bereits ihre Selbstständigkeit in der Krise aufgegeben. Ein weiterer Lockdown würde das Ausdünnen der Gastronomie und der Einzelhandelsbranche weiter verstärken. Die Wiederbelebung der Innenstädte war vor Corona bereits eine Mammut-Aufgabe und wird es zukünftig erst recht sein. Zudem darf diese Jahrhundert-Krise nicht in einem Verbotseldorado enden. Vielmehr müssen wir mit technischen Konzepten Lösungen schaffen, wie wir auch mit dem Virus die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben aufrechterhalten können.

Herr von Bülow, vielen Dank für das Gespräch!

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