Susanne Höhne: Kunstkauf ist immer auch eine emotionale Entscheidung

Interview mit Susanne Höhne
Susanne Höhne ist Galeristin in der Beuteltier Art Galerie in Leipzig. Mit ihr sprechen wir über Freude an dem Werk, ästhetische Rendite sowie Kunstkauf.

Wer in Kunst investiert, will oft Leidenschaft mit Rendite verbinden. Funktioniert auch oft, doch gerade bei diesem Investment sind Recherche und Fachkenntnis nötig. Dabei hat sich Kunst als Investment über die Jahre als sichere Kapitalanlage bewährt. Warum ist ein Totalverlust bei Kunstwerken fast komplett ausgeschlossen?

Susanne Höhne: Ein Totalverlust ist schon deswegen ausgeschlossen, weil das Kunstwerk selbst bleibt. Die Freude an dem Werk, seine Geschichte, der Wert, dem Sie dem Werk beimessen, das geht nicht verloren. Selbst wenn Sie es aktuell nicht zum Wunschpreis verkaufen können, so haben Sie eine “ästhetische Rendite” als Gewinn zu verbuchen.

Das ist Ihr Gewinn:

● Sie besitzen etwas Einzigartiges, etwas Schönes, das Ihr Herz erfreut.

● Sie können ihr Kunstwerk zeigen, es in ihrem Zuhause oder Unternehmen ausstellen, sogar als Leihgabe an Museen und Galerie geben.

● Sie unterstützen mit einem Kunstkauf die Kultur und die Idee, mehr Kunst in die Welt zu bringen.

● In der Außenwirkung wird Ihr Einsatz für die Kunst positiv angesehen und Ihnen neue Kontakte und Möglichkeiten eröffnen.

● Sie lernen die Menschen hinter der Kunst kennen, bekommen Einblick in interessante Lebenswege und Ansichten.

● Sie entdecken eine große Vielfalt an Techniken und Botschaften.

● Besonders spannend finde ich, ist es, die eigenen Vorlieben zu ergründen und zu hinterfragen: “Warum spricht mich gerade dieses Werk an?” Jedes Kunstwerk ist ein Spiegel Ihres Inneren und erzählt Ihnen etwas über sich selbst. Diese inneren Erkenntnisse und Werte bleiben Ihnen unabhängig von jeder Wertentwicklung auf jeden Fall erhalten.

Sammler betonen allerdings, dass Kunst keine reine Wertanlage ist. Was ist darunter zu verstehen?

Susanne Höhne: Wenn Sie sich ein Kunstwerk holen, dann können Sie es sehen, Sie können es (meistens) anfassen und das Beste, Sie können sich dafür begeistern.

Ein Kunstkauf ist immer auch eine emotionale Entscheidung. Es geht nicht nur um das Kunstwerk selbst, sondern um die Geschichte, die Botschaft, um das Gefühl oder die Erinnerung, die es im Publikum auslöst. Vielen Kunstfans geht es nicht zuletzt darum, die Kunstschaffenden und kreativen Menschen zu unterstützen, ihre Kunst in die Welt zu bringen. Damit ihre Kunst die Menschen erreichen und bewegen kann.

Oftmals ist es der diffuse Kunstmarkt, der potenzielle Anleger dann doch abschreckt. Warum ist der Kunstmarkt so undurchschaubar?

Susanne Höhne: Die Intransparenz entsteht durch die vielen Akteure im Kunstmarkt, denen genau die Intransparenz zugutekommt. Denn die Undurchsichtigkeit ist ein guter Boden für Spekulationen und hohe Preise und. Mit Kunstsammler:innen, die hohen Beträge investieren, wird das meiste Geld verdient.

Eine gute Erklärung für den Kunstmarkt bietet die Dokumentation “Die Kunst der Fälschung”. An der wahren Geschichte über Wolfgang Beltracchi, der den Kunstmarkt ad absurdum geführt hat, ist gut zu sehen, wie der Kunstmarkt funktioniert und wie verschiedene Parteien von der Intransparenz profitieren.

Interessant ist der Fakt, dass Kunstsammler:innen selbst durch ihr Kaufverhalten den Markt mitbestimmen. Denn am Ende wirken auch hier die Gesetze der Marktwirtschaft – es geht um Angebot und Nachfrage – mit einer ordentlichen Prise Vitamin B.

Eine bessere Transparenz ist in meinen Augen wünschenswert, denn Transparenz schafft Vertrauen und ist fair für alle Kunstfans. Transparenz macht die Kunstwelt offener und zugänglicher für Kunstfans, angehende Kunstsammler ebenso wie für Kunstschaffende.

Denn wenn die Preise nachvollziehbar sind, dann wird es vielen Menschen leichter fallen, in Kunst zu investieren und sich Ihr Kunstwerk zu holen, ohne das Gefühl zu haben, vielleicht über den Tisch gezogen worden zu sein.

Meine Vision als Galeristin ist es, Kunst und Menschen zu verbinden. Ich arbeite dafür, dass Kunst für die Menschen zugänglich sind und gleichzeitig Künstler:innen von ihrer Arbeit leben können.

Das Kunstgebiet ist riesig und reich an Gattungen und Stilrichtungen. Aber welche Kunstwerke sind als Investition geeignet?

Susanne Höhne: Mein TIpp ist es, klein anzufangen und Schritt für Schritt in die Welt der Kunst einzutauchen. Für den Start sind sicherlich Werke unbekannter Künstler:innen ideal – dort ist zwar auch die Gewinnchance eher gering, doch so finden Sie erstmal raus, was Sie anspricht. Mit der Zeit werden Sie Ihre Vorlieben weiterentwickeln und verfeinern.

Die Werke bekannterer und etablierter Künstler:innen sind sicherlich eine solide Geldanlage – doch ist hier ein höherer Startinvest erforderlich.

Für Investitionen im Sekundär-Kunstmarkt ist auf jeden Fall Expertise gefragt. Hier empfehle ich Ihnen, sich eingehend mit den Werken und dem Markt zu beschäftigen oder sich eine gute Beratung zu holen, zum Beispiel bei einem Art Consultant.

Falls Sie sich fragen, welche Materialien und Techniken für den Einstieg gut sind: Ziehen Sie die ganze Vielfalt der visuellen Kunst in Betracht. Originale sind bestens geeignet, Malerei ebenso wie Skulpturen und Druckgrafiken in kleinen Auflagen.

Falls Sie experimentell und technikaffin veranlagt sind: Neben Videokunst gibt es mittlerweile auch Augmented-Reality-Kunstwerke. Ein sehr aktuelles Feld für risikofreudige Anleger sind Non-Fungible Tokens, kurz NFT. Dabei handelt es sich um Krypto-Kunst, die nicht austauschbar und somit einmalig und fälschungssicher ist.

Auf welche steuerlichen Aspekte muss man beim Investieren in Kunst achten?

Susanne Höhne: Bei privaten Käufen und Verkäufen gilt: Kunstwerke fallen ebenso wie Oldtimer und Immobilien unter eine Spekulationsfrist. Achten sie darüber hinaus auf die Menge ihre Verkäufe, denn besonders wenn sie Gewinne erzielen, kann es passieren, dass das Finanzamt eine gewerbliche Tätigkeit darin sieht.

Wenn Sie die Kunstwerke für Ihr Unternehmen kaufen, gelten andere Regeln. Ein Vorteil ist, dass sie den Kauf steuerlich absetzen können. Es gibt sogar Leasing- und Mietmodelle für Kunst, die sich für Sie eignen können. Ein weiterer Pluspunkt: Kunst in Ihren Unternehmens-Räumen wirkt sich positiv auf Ihre Angestellten und Gäste aus.

Auf alle Fälle befragen Sie für steuerliche Aspekte bitte die Steuerberatung Ihres Vertrauens.

Relativ neu im Kunstmarkt sind auch Art-Consultants. Wie können Kunstberater Anlegern effektiv helfen?

Susanne Höhne: Art Consultants kennen sich im Kunstmarkt aus, sie pflegen Kontakte und beobachten, wer wo ausstellt und wie sich Preise entwickeln. Eine gute Beratung entwickelt mit Ihnen zusammen einen Plan, welche Kunstwerke sich für Sie eigenen und macht Ihnen passende Vorschläge. Ebenso unterstützt Sie ein Art Consultant beim Verkauf Ihrer Kunstwerke.

Der wichtigste Unterschied zu Galerien ist: Der Art Consultant wird direkt von Ihnen bezahlt, eine Galerie, Kunsthandlung oder Auktionshaus hingegen verdient am Verkauf der eigenen Kunstwerke. Es ist ähnlich wie eine unabhängige Finanzberatung im Vergleich zur Beratung bei Ihrer Hausbank.

Natürlich ist ein Art Consultant abhängig vom eigenen Netzwerk, Erfahrungen und Vorlieben. Des Weiteren gibt es keine feste Ausbildung, um diesen Jobtitel zu führen. Wichtig sind die Erfahrungen der Person und ein gutes Vertrauensverhältnis.

Man sollte kein Geld in ein Kunstwerk stecken, das man schnell wieder kapitalisieren muss. Worauf sollte man Ihrer Meinung nach bei einem Kunstinvestment noch achten?

Susanne Höhne: Überlegen Sie sich, wo das Kunstwerk einen Platz bei Ihnen findet, wie Sie es aufbewahren und präsentieren können. Denken Sie bei hochpreisigen Werken auch an die Kosten für Versicherung und Pflege.

Wenn Ihnen Werte wie Nachhaltigkeit, Offenheit oder die Unterstützung junger Künstler:innen am Herzen liegen, sollten Sie das in Ihre Kaufentscheidung einbeziehen. Auch Künstler:innen ohne Studium erschaffen wundervolle Werke, dennoch bekommen diese oft weniger Anerkennung im etablierten Kunstmarkt. Das wird sich meiner Meinung in Zukunft ändern, da immer mehr Künstler:innen ebenso wie Galerien neue Wege finden und Kunstwerke unabhängig von den konventionellen Strukturen ausstellen und verkaufen. Der Kunstmarkt ist in Bewegung.

Mein wichtigster persönlicher Rat an Sie:

Haben Sie Freude am Prozess und am Erkunden, an den interessanten Begegnungen in der Kunstwelt und vor Allem: Holen Sie sich ein Kunstwerk, das Ihnen gefällt.

Frau Höhne, vielen Dank für das Gespräch!

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Susanne Höhne

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