Achim Weyel: DW und Vonovia haben Fusion angekündigt – Gewinne bleiben in Deutschland

Interview mit Achim Weyel
Achim Weyel ist selbständiger Immobilienmakler in Bochum. Mit ihm sprechen wir über Initiativen zur Enteignung von Immobilienkonzernen sowie seit Jahren steigende Immobilienpreise.

DW und Vonovia haben eine Fusion angekündigt. Es soll der größte deutsche Immobilienkonzern entstehen. Droht eine schädliche Konzentration am Immobilienmarkt?

Achim Weyel: Die Wohnungsbestände sind Deutschlandweit verteilt. Zwar ergeben Sie hier in NRW und im Raum Berlin Konzentrationen von Wohnungsbeständen, jedoch bei ca.  20.Millionen Wohnungen in Deutschland sind das mit 540.000 Wohnungen nicht mal 3% Gesamtanteil am Wohnungsmarkt. Amazon und Google haben da andere Marktanteile und die Gewinne wandern ins Ausland. Bei Vonovia und Deutsche Wohnen werden bleiben Gewinne in Deutschland, schaffen Arbeitsplätze und jeder kann sich daran über die Aktien beteiligen und am Sachwertzuwachs teilhaben. 

In Berlin gab es bereits Initiativen zur Enteignung von Immobilienkonzernen. Wird der Widerstand weiter anwachsen?

Achim Weyel: Wenn dies passiert, wie bereits in Berlin bei der Mietpreisbremse entstanden, wandern die Investoren ab. Bei dem Beispiel Berlin hat sich gezeigt, dass vermehrt Investoren aus Berlin versucht haben, Ihre Immobilien in Berlin zu veräußern und in NRW zu investieren. Wir haben zu dieser Zeit selber zahlreiche Anfragen aus dem Berliner Raum gehabt und haben diese immer noch.

Seit Jahren steigen die Immobilienpreise in den Metropolregionen stetig. Wird diese Preisentwicklung anhalten?

Achim Weyel: Solange nicht genug Bauland vorhanden und die Zinsen auf niedrigen Stand bleiben, wird dieses so weiter gehen. Eine Entspannung wird es vorerst nicht geben. Gleichzeitig liegt das auch am Facharbeitermangel. Wenn man dann endlich eine Projektentwicklung mit Baugenehmigung in Händen hält, fängt die Suche nach Handwerker an. Wenn hier 58 € für Helfer und 85 € für einen Gesellen im Heizungsbereich aufgerufen werden, kann man sich denken, wo die Kalkulation hingeht. Die Handwerker können sich ja aussuchen, wo Sie Ihre Arbeit verrichten, und das treibt die Preise. Hinzu kommt jetzt auch noch die Knappheit an Baustoffen durch COVID. Hier wird kräftig zugelangt. Es ist den Bauherren schwer zu erklären, dass sie für ein Dach doppelt so viel zahlen sollen als ursprünglich kalkuliert oder das Eisen und Beton innerhalb eines Jahres um 20-30 % Preisanstieg hatte. Hier sollten ähnlich wie im Pflegebereich Fachkräfte auch außerhalb der EU unbürokratisch eine Arbeitserlaubnis erhalten. Ich kenne viele Firmen, die bereits Bewerbungen vorliegen haben und Fachkräfte in Albanien unter Vertrag haben, aber die Arbeitsvisa nicht ausgestellt werden, weil die Botschaft jetzt erst zum 1.7.2021 wieder eröffnet hat. Hier sollten schnelle Erleichterungen zum Tragen kommen, das entspannt die Baubranche und damit auch die Preistreiber. 

Besser: In den letzten 5 Jahren sind die Nebenkosten um mehr als 20% gestiegen. Woran liegt das?

Achim Weyel: Zum einen ist dies auch wieder Handwerkerbedingt, zum anderen liegt dies wohl auch an der Energiepolitik. Als Beispiel Schweden, wo ich öfters verweile, ist dies weit günstiger. Als Sozialstaat sicherlich besser als Deutschland, aber im Bruttosozialprodukt auch deutlich besser als Deutschland. Die Energiepolitik besteht aus 30% Kernkraft, 30-35% erneuerbare Energien und 30-35 Wasserkraft. Dort kostet der Strom zurzeit 5 Cent. Luftwasserwärmepumpen sind in Schweden seit über 20 Jahren bekannt. Jede 3. Neuanmeldung KFZ ist ein Elektroauto. Es gibt zusätzlich Förderung darauf. In Deutschland zahlt man mittlerweile um die 30 Cent für ein Kilowatt Strom und das soll noch mit einer CO2 Steuer belegt werden. Im Jahr 2000 lag der Strompreis bei umgerechnet 6 Cent. Eine 500%ige Steigerung. Hier wäre eher mal Einfluss der Regierung auf die Energiekonzerne zu nehmen. 

Die Quadratmeterpreise in München liegen oft über 20€/m2. Wird Wohnen in Metropolregionen zum Luxusgut?

Achim Weyel: Sicherlich. In Bochum liegen diese mittlerweile im Neubaubereich auch bei 10-12 €. Es ist kein Metropolenproblem, sondern ein Bauland- und Baupreisproblem. In München dauert eine Baugenehmigung für ein Einfamilienhaus zurzeit mehr als 1 Jahr, Großprojekte etwas länger. Obwohl ich nicht sonderlich politisch bin, sollte man doch die Wahlprogramme der Parteien mal in diesem Punkt studieren. CDU und FDP haben die „Genehmigungsfiktion“ im Angebot. Bauanträge, die vollständig eingereicht werden, müssen in 2 Monaten bearbeitet sein, ansonsten gilt die Genehmigung als erteilt. NRW hat dieses bereits bei Abriss von Objekten im 1-2 Familienhaus im Programm. Es ist keine Abrissgenehmigung erforderlich, sondern nur eine einfache Anzeige ans Bauamt. Sollte man innerhalb von 4 Wochen nichts hören, kann man abreißen. Meist meldet sich in dieser Zeit nur das Umweltamt und schaut nach Schadstoffen und achtet auf die richtige Entsorgung.

Was kann die Politik machen, um auch in Zukunft bezahlbaren Wohnraum in Städten anbieten zu können?

Achim Weyel: Eigenes Bauland zu günstigen Preisen verkaufen. Auch Städte und Gemeinden sollten dies tun. Ja, alle Städte sind verschuldet und versuchen mit Ihren Grundstücken Gewinn zu machen. Eine benachbarte Stadt von Bochum hat kürzlich einen Sportplatz umgewandelt. Von der Idee recht schön. Wäre da nicht das Gebotsverfahren gewesen. Und wenn dann einige Grundstücke bei weit über 500 € verkauft wurden, muss man sich nicht wundern, wenn der Gutachterausschuss im nächsten Jahr eine deutliche Preissteigerung und höhere Bodenrichtwerte veröffentlicht. Die Preistreiber sind hier auch die Städte selber. Generell werden die Grundstücke auch von den Stadtentwicklungsgesellschaften über Bodenrichtwert verkauft. Ein Beispiel in Gelsenkirchen, wo man am Angang vor ca. 3 Jahren an sogenannte „First Mover“ sehr schöne und große Filetgrundstücke an der Zahl 10 für 180 € verkauft hat, liegen diese heute nach 3 Jahren bei 340 €. Verkauft wurden diese unter dem Aspekt, „damit die Erschließung gesichert ist“. Stadtentwicklung hätte sich dies auch günstig finanzieren lassen können.  Diese Preisschraube ist damit eigenständig verursacht worden. Die First Mover haben damit schon mal 160.000 € Gewinn gemacht bei Ihren 1000 qm großen Grundstücken. Arm waren die Käufer vor 4 Jahren aber auch nicht.

Herr Weyel, vielen Dank für das Gespräch!

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