Christoph Ossenkopp: Steigende Bauzinsen gehen mit höheren Finanzierungskosten einher

Interview mit Christoph Ossenkopp
Christoph Ossenkopp ist Inhaber BAUFINANZIERUNG XPERT in Essen. Mit ihm sprechen wir über eine Interhyp-Analyse, gestiegene Bauzinsen sowie Risiken für angehende Immobilienbesitzer.

Eine Analyse des Kreditvermittlers Interhyp deutet daraufhin, dass die Bauzinsen auf durchschnittlich 1% gestiegen sind. Welche Entwicklung stellen sie im Tagesgeschäft fest?

Christoph Ossenkopp: Zunächst sollte präziser Weise erwähnt werden, dass es einen übergeordneten Bauzins oder einen durchschnittlichen Bauzins nicht gibt. Er ergibt sich vielmehr aus vielen variablen Faktoren, wie zum Beispiel der Bonität des Kreditnehmers, dem eingebrachten Eigenkapital, der Darlehenssumme, der Objektlage sowie der gewünschten Zinsbindung und fällt daher immer unterschiedlich aus. Ein weiterer bestimmender Faktor ist zudem die Rendite von langfristigen Bundesanleihen, insbesondere der von Pfandbriefen mit zehnjähriger Laufzeit. Hier ist in der Tat seit Jahresbeginn ein Anstieg um rund 30 Basispunkte festzustellen. Da der Bauzins vereinfacht gesagt dem Pfandbriefzins plus Bankenmarge entspricht, hat er sich seit Anfang des Jahres analog um ca. 0,30 Prozent verteuert.

Angenommen, der Bauzins steigt tatsächlich: Welche Auswirkungen oder sogar Risiken entstehen für angehende Immobilienbesitzer?

Christoph Ossenkopp: Steigende Bauzinsen gehen mit höheren Finanzierungskosten einher. Wenn der Bauzins weiter steigt, müssen angehende Immobilienbesitzer gegebenenfalls bei der Darlehenssumme Abstriche machen und sich mit einem etwas günstigeren Eigenheim begnügen. So könnte es zum Beispiel erforderlich werden, dass die gewünschte Wohnfläche nach unten korrigiert oder die bevorzugte Objektlage um günstigere Randbezirke erweitert werden muss. Dies würde notwendig, da die monatliche Darlehensrate zum Einkommen bzw. Haushaltsnetto passen muss und Banken hierauf im Rahmen ihrer Haushaltsrechnung achten. Sollten die Immobilienpreise trotz eines steigenden Bauzinses auf unverändert hohem Niveau verharren und sollten keine zusätzlichen, staatlichen Förderungen aufgelegt werden, so bekämen angehende Eigenheimbesitzer für das gleiche Geld weniger Wohnraum bzw. weniger Wunschlage.

Wenn Käufer sich mittels langen Zinsbindungen oder Volltilgerdarlehen absichern und somit das Risiko von höheren Zinsen für ihre Anschlussfinanzierung minimieren bzw. ausschließen, geht von steigenden Bauzinsen zunächst einmal kein direktes Finanzierungsrisiko aus. Ein indirektes Risiko bestünde jedoch in der Gefahr, dass die Immobilienpreise aufgrund einer nachlassenden Nachfrage sinken. So könnte es sich ergeben, dass Erwerber ihre Immobilie bei einem erforderlich werdenden Verkauf unter den Anschaffungskosten veräußern müssten.

Eher betroffen von steigenden Bauzinsen wären hingegen Immobilienkäufer der jüngeren Vergangenheit. Käufer, welche sich für kurze Zinsbindungen und kleinstmögliche Tilgungsraten entschieden haben, um so eine für ihr Haushaltsbudget eigentlich zu hohe Darlehenssumme finanzieren zu können. Diese Käufer würden die Anschlussfinanzierung zu höheren Zinsen und eine damit einhergehende höhere monatliche Darlehensrate nicht schultern können. Im schlimmsten Fall droht dann ein Notverkauf.

Viele Experten schätzen, dass die Inflation steigt. Gibt es einen Zusammenhang mit den Bauzinsen?

Christoph Ossenkopp: Einen direkten Zusammenhang zwischen Inflation und Bauzinsen gibt es nicht. Dennoch würden die Bauzinsen voraussichtlich ansteigen, sollte die Inflation anziehen. Grund hierfür ist, dass in der Folge auch die Renditen deutscher Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit steigen würden, und diese wiederum sind mit den Bauzinsen verknüpft. Hinzu käme die Möglichkeit, dass die Europäische Zentralbank den Leitzins erhöht, um einer steigenden Inflation entgegenzuwirken und somit offiziell das Ende der Niedrigzinsen einläutet. Da Leitzinsänderungen der EZB frühzeitig ankündigt werden und der Zinsmarkt in der Vergangenheit bereits auf die Ankündigungen reagierte, hat der Bauzins die Leitzinsentwicklung häufig vorweggenommen. Dementsprechend ist zumindest ein indirekter Zusammenhang zwischen Bauzinsanstieg und steigender Inflation gegeben.

Von welchen weiteren Faktoren ist der Bauzins-Anstieg noch abhängig? Wohin geht der Trend?

Christoph Ossenkopp: Der Trend ist eigentlich der, dass wir uns schon seit mehreren Jahren in einer historischen Niedrigzinsphase befinden. Und obwohl die Nachteile einer langanhaltenden Niedrigzinsphase, insbesondere für Sparer, hinlänglich bekannt sind, verzichtet die EZB bislang auf eine wirkliche Trendwende bei ihrer Geldpolitik und stellt dem Markt mehr als genug günstiges Geld zur Verfügung. Aus diesem Grund ist es bislang auch bei einem moderaten Anstieg der Zinsen auf immer noch sehr niedrigem Niveau geblieben. Wie sich die Bauzinsen mittelfristig entwickeln werden, ist von vielen Faktoren abhängig und sehr schwer abzuschätzen. Insbesondere ausschlaggebend für die weitere Bauzinsentwicklung wird sein, wann die EZB ihre Niedrigzinspolitik beendet und den Zinsmarkt nicht mehr durch massive Anleihekäufe manipuliert. Da die EU-Staaten aber selbst teilweise hoch verschuldet sind, haben sie nur ein geringes Interesse an einem echten Kurswechsel, schließlich würden sich durch steigende Zinsen die Aufwendungen für Zinszahlungen erheblich erhöhen.

Immobilienpreise steigen insbesondere in den Großstädten und gleichzeitig steigen die Bauzinsen. Werden sich in Zukunft immer weniger Menschen ein Eigenheim leisten können?

Christoph Ossenkopp: Sollte diese Konstellation so zutreffen, dann wäre das sicher irgendwann eine Konsequenz. Andererseits würde eine zinsbedingte, anhaltende Kaufzurückhaltung dazu führen, dass gewisse Preisausschläge, die gerade in den Metropolen zu beobachten sind, sich auch wieder zu Gunsten der Käufer regulieren würden. Weiterhin ist zu berücksichtigen, wie sich parallel die Mietpreise entwickeln. Die Mieten haben sich zuletzt ebenfalls stark verteuert. Insofern kann der Kauf eines Eigenheims oder einer eigenen Wohnung trotz hoher Kaufpreise und hoher Zinsen nach wie vor und auch künftig die bessere Option darstellen. Kaufinteressenten, die sich bei dem derzeitigen Preisniveau entweder keine Immobilie leisten können oder möchten, dürfen mittelfristig übrigens durchaus auf eine Trendwende hoffen. Ein Grund: Im Jahr 2020 ist die Nettozuwanderung gesunken und die Bevölkerung schrumpft wieder. Noch ist die Nachfrage zwar größer als das Angebot, doch auch im Jahr 2021 wird auf Grund der anhaltenden Corona-Pandemie von weniger Zuwanderung ausgegangen. Somit könnte es – zumindest rechnerisch – absehbar mehr Angebot als Nachfrage geben. Nachdem die Kaufpreise über 15 Jahre nur eine Richtung kannten, besteht also die Chance auf eine Trendwende. 

Herr Ossenkopp, vielen Dank für das Gespräch!

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