Prof. Dipl.-Ing. Bernd Afflerbach: Nachhaltigkeit nimmt besonderen Stellenwert ein

Interview mit Prof. Dipl.-Ing. Bernd Afflerbach
Prof. Dipl.-Ing. Bernd Afflerbach ist neben Andreas Höttler geschäftsführender Gesellschafter der MATTHÄI Bauunternehmen GmbH & Co. KG. Mit ihm sprechen wir über nachhaltiges Bauen, allgemeine Vorteile sowie Umweltaspekt.

Was bedeutet „nachhaltig“ beim Bauen überhaupt?

Prof. Dipl.-Ing. Bernd Afflerbach: Der Begriff der Nachhaltigkeit nimmt in der öffentlichen Debatte völlig zu Recht einen besonderen Stellenwert ein. In der Praxis kann ein einzelner Begriff diesem Thema aber kaum gerecht werden, denn es ist überaus komplex. Gerade anhand der Baubranche, zu der wir gehören, kann man das sehr gut verdeutlichen. Hier liegt der Fokus einerseits auf den Verfahren, die zur Anwendung kommen. Bauen ist immer ein Eingriff in die Umwelt, darum arbeiten wir laufend an schonenden Bauverfahren, um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Dafür sind unsere Fachbereiche Umwelttechnologie und Renaturierung von großer Bedeutung. Nachhaltigkeit am Bau entsteht auch durch die Ausführungsqualität. Die lange Lebensdauer von Gebäuden ist neben der Energieeffizienz bei der Errichtung und im späteren Gebäudebetrieb ein wichtiger Faktor. Darüber hinaus erlaubt die Verwendung nachhaltiger Baustoffe ein nahezu lückenloses Recycling, wenn ein Gebäude nach vielen Jahren der Nutzung wieder abgerissen werden soll. Dann geht es natürlich um die Vermeidung von Emissionen. Hier liegt das größte Potenzial, um einen Beitrag zum nationalen und globalen Klimaschutz zu leisten. Bei Matthäi betreiben wir einen großen Aufwand, um Verbräuche messbar zu machen und in der Folge gezielt zu minimieren. Hierfür sammeln wir große Datenmengen, beispielsweise zu unseren Fuhr- und Maschinenparks. Dieses Wissen nimmt zunehmend Einfluss auf unsere Entscheidungen beim Einkauf. Und wenn wir von „Vermeidung“ sprechen, sprechen wir automatisch auch über Prozesse. Das Vermeiden unnötiger Logistik, das Prinzip der kurzen Wege, die Schaffung regionaler Standortnetze, Baustellentransfer und Versorgung – all dies sind Stellschrauben, die es im Sinne einer intelligenten ökologischen Optimierung zu nutzen gilt. Eine Grundvoraussetzung hierfür ist die Digitalisierung. Wir brauchen sie, um eine Grundlage für nachhaltige Geschäftsentscheidungen zu schaffen. Wenn Sie die Vielschichtigkeit dieser Wechselbeziehungen betrachten, wird schnell klar: Nachhaltigkeit entsteht nicht auf Knopfdruck. Es braucht Wissen, Entschlossenheit und natürlich bedeutende Investitionen. Kurz: Es braucht auch die richtige Haltung.

Wie wichtig ist Nachhaltigkeit beim Bauen, was sind die allgemeinen Vorteile?

Prof. Dipl.-Ing. Bernd Afflerbach: Nachhaltigkeit beim Bauen ist, wenn der Rahmen dafür geschaffen ist, ein Gewinn für alle Beteiligten. Wir halten gar nichts davon, das Thema rein von den Investitionskosten zu betrachten. Als Bauunternehmen profitieren wir direkt bei der Minimierung von Verbräuchen, von kurzen und gut ausgelasteten Fahrwegen, von autonomer Energieversorgung. Und nicht zuletzt ermöglicht uns das Wissen um diese Zusammenhänge eine weitaus gezieltere Investition unserer Mittel. Unsere Kunden und Partner profitieren in Sachen Nachhaltigkeit von einer langen Lebensdauer ihrer Gebäude und von einem wirtschaftlichen Gebäudebetrieb. Wenn man intelligent baut, amortisieren sich Investitionskosten besonders rasch. Man darf auch nicht unterschätzen, dass nachhaltiges Bauen auch für den Bauherrn oder Gebäudebetreiber ein Qualitätsmerkmal mit öffentlicher Wirkungskraft ist. Drittens profitiert die Gesellschaft als Ganzes vom nachhaltigen Bauen, denn wir alle teilen uns gemeinsam diese eine Umwelt. Darum ist Bauen für Matthäi niemals Selbstzweck. Bauen ist das Versprechen einer besseren Zukunft – für den Menschen, für die Gesellschaft und für die Umwelt, von deren Unversehrtheit unser Zusammenleben abhängt.

Geht es beim nachhaltigen Bauen nur um den Umweltaspekt, oder gibt es andere Kriterien?

Prof. Dipl.-Ing. Bernd Afflerbach: Wenn wir uns die schon heute spürbaren und sichtbaren Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels vor Augen führen, ist der Umweltaspekt ganz klar der entscheidende Treiber. Wir müssen uns auch vor Augen führen, dass es beim Thema Umwelt nicht nur um das Klima geht. Es geht ebenso um die Vermeidung von Bodenkontaminationen, um Wald- und Gewässerschutz, um Ressourcen und Luftqualität. Ein weiterer Aspekt von Nachhaltigkeit, ist die Arbeitssicherheit. Und damit ist nicht nur die Sicherheit unserer Arbeiter bei der Baurealisierung gemeint, sondern gleichfalls der spätere Betrieb durch den Betreiber und seiner Mitarbeiter.

Bei Gewerbeimmobilien, so heißt es, wird noch nicht umfassend auf Nachhaltigkeit geachtet. Was hat der Markt vor?

Prof. Dipl.-Ing. Bernd Afflerbach: Diese Aussage würde ich in dieser Pauschalität nicht unterschreiben. Es ist zwar richtig, dass ein Bauherr eine klare Budgetvorstellung und einen Finanzierungsplan hat. Wir stellen aber immer wieder fest, dass es auch an uns als Experten im Bauwesen ist, unseren Kunden und Partnern intelligente nachhaltige Alternativen anzubieten. Diese sind nicht zwangsläufig teurer, schon gar nicht, wenn man die Kosten über die Gesamtlebensdauer des Gebäudes rechnet. Wir nutzen unsere Expertise tagtäglich in der Beratung und stellen fest, dass mit Wissen auch die Offenheit für nachhaltige Lösungen steigt. Das Thema Nachhaltigkeit ist relevant, auch für unsere Kunden. Wir haben den festen Willen, diese Relevanz zu stärken – auch durch eine engagierte Kommunikation auf Expertenebene.

Welche Rolle nehmen Vermieter bei nachhaltigen Gebäuden ein? Welche Vorteile bietet die Vermietung nachhaltig errichteter Häuser?

Prof. Dipl.-Ing. Bernd Afflerbach: Nach unserem täglichen Erleben steigt die Zahl der Vermieter, die Wert auf eine nachhaltige Bauweise legen, dieses ist seit Jahren spürbar. Einerseits liegt dies begründet in einer steigenden Sachkenntnis und einem wachsenden Umweltbewusstsein. Zum anderen entsteht natürlich auch ein öffentlicher Druck seitens der Mieter. Gerade moderne Unternehmen und Start-ups können und wollen es sich nicht leisten, in Gebäuden zu residieren, die offenkundig nicht nachhaltig sind. Sie verlangen nach Lösungen, die den Anforderungen des Umwelt- und Klimaschutzes deutlich sichtbar Rechnung tragen. Und da vereinen sich wieder die Ziele von Mietern, Vermietern und uns als Bauunternehmen. Auf dieser Grundlage gemeinsamer Ziele entstehen aus gesellschaftlichem Weitblick und ökologischer wie wirtschaftlicher Vernunft Lösungen, die der Gesellschaft über Generationen dienlich sind.

Herr Afflerbach, vielen Dank für das Gespräch!

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