Rico Schäfer: Kurze Zinsbindung kostet in der Regel weniger

Interview mit Rico Schäfer
Rico Schäfer ist Vorstand der HYPOFACT AG. Mit ihm sprechen wir über Zinsbindung, Immobilienangebote sowie hohe Finanzierungsraten.

Eine Analyse des Kreditvermittlers Interhyp deutet daraufhin, dass die Bauzinsen auf durchschnittlich 1% gestiegen sind. Welche Entwicklung stellen im Tagesgeschäft fest?

Rico Schäfer: Eine pauschale Aussage hierzu würde zu kurz greifen. Den Zins beeinflussen viele Faktoren wie bspw. Beleihungsauslauf und Zinsbindung. In der Regel kostet eine kurze Zinsbindung weniger als lange Zinsabsicherungen. Diese gehen durchaus bis zu dreißig Jahren und darüber hinaus. Sicherlich kommen wir von einem historischen Zinstief – bedingt durch volkswirtschaftliche und währungspolitische Maßnahmen. Auch wir nehmen einen minimalen Anstieg der Kreditzinsen wahr. Dieser ist absolut betrachtet, jedoch immer noch minimal, bedenkt man, dass vor nicht allzu langer Zeit Zinsen von 4 bis 5% üblich waren.

Im Tagesgeschäft merken wir, dass Kunden, die sich schon sehr lange mit dem Projekt Wohneigentum beschäftigen, jetzt eine gewisse Dynamik entwickeln. Dagegen stehen jedoch leider nach wie vor äußerst knappe Immobilienangebote oder Baugrundstücke.

Angenommen der Bauzins steigt tatsächlich: Welche Auswirkungen oder sogar Risiken entstehen für angehende Immobilienbesitzer?

Rico Schäfer: In Kombination mit noch weiter steigenden Immobilienpreisen und Baukosten kann das bedeuten, dass im schlimmsten Fall die Finanzierungsraten einfach zu hoch werden und so der Traum von den eigenen vier Wänden zumindest kleiner wird oder leider auch mal zerplatzt.

Stark steigende Zinsen können sich aber auch als Gefahr für Kunden entwickeln, die bereits die eigene Immobilie besitzen und bei denen eine Prolongation der noch bestehenden Darlehen ansteht. Weil für das Restdarlehen Anschlusskonditionen auf aktuellem Zinsniveau verhandelt werden müssen. Es muss eben das passende Darlehen für Kunden herausgesucht werden und durchaus kann sich der billigste Zins als teure Falle herausstellen. Die Betrachtung genau dieser Umstände zeichnen die gute und fundierte Beratung bei HYPOFACT aus. Bisher ist der Anstieg aber noch so gering, dass sich für die meisten Bestandsdarlehen eine Entlastung durch Zinsen bei der Prolongation ergibt. Deswegen lohnt es sich, an das Sonderkündigungsrecht zu denken. 10 Jahre nach Vollauszahlung können alle Immobiliendarlehen nach BGB gekündigt werden, auch wenn eine längere Zinsbindung vereinbart wurde. Es lohnt sich also immer der Kontakt zu einem unabhängigen Finanzierungsberater wie HYPOFACT.

Viele Experten schätzen, dass die Inflation steigt. Gibt es einen Zusammenhang mit den Bauzinsen?

Rico Schäfer: Es gibt natürlich keinen gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen Finanzierungszinsen und Inflationsrate. Aber hinter den Darlehenszinsen stecken ja auch Renditeerwartungen der Anleger. Das ist ein sehr komplexes volkswirtschaftliches Thema, die Einflüsse sind vielfältig.

Eigentlich ist Inflation für Kreditkunden etwas Gutes. Es gibt einen festen rückzahlbaren Betrag. Die Geldentwertung der Inflation bewirkt aber eine leichtere Rückzahlung – der Kredit ist weniger wert. Leider steigen aber Löhne und Gehälter meist nicht im selben Umfang, sodass es für Privatkunden eine eher theoretische Betrachtung bleiben wird. Kapitalanleger profitieren von diesem Effekt durchaus. Schließlich haben sie die Möglichkeit, den Mietzins analog der Inflation anzupassen.

Von welchen weiteren Faktoren ist der Bauzins-Anstieg noch abhängig? Wohin geht der Trend?

Rico Schäfer: Traditionell regeln Angebot und Nachfrage den Preis. Diese Regel greift auch bei privaten Immobiliendarlehen. Es ist aktuell enorm viel Geld in Umlauf. Allerdings beobachten wir schon seit vielen Jahren einen stetig steigenden Bedarf. Dieser ist bei der enormen zur Verfügung stehenden Geldmenge aber kaum spürbar. Viel stärker spielen noch Renditeerwartungen und Anlagealternativen der Bankhäuser herein. Auch gibt es einen immer stärkeren regulatorischen Einfluss des Gesetzgebers, der beispielsweise eine höhere Eigenkapitaluntersetzung für Kredite verlangt. Das ist sehr teuer für Banken. Auch die Geldpolitik der EZB hat Einfluss auf den Hauskredit: Aktuell sind Banken bestrebt, liquide Mittel in Form von Krediten zu verleihen. Somit sparen Banken Strafzinsen, die sie bei der EZB für Guthaben zahlen müssen. Es ist auch hier eine sehr differenzierte Betrachtung nötig und lässt sich leider nur bedingt auf einige wenige Faktoren und eine einfache Antwort reduzieren.

Immobilienpreise steigen insbesondere in den Großstädten und gleichzeitig steigen die Bauzinsen. Werden sich in Zukunft immer weniger Menschen ein Eigenheim leisten können?

Rico Schäfer: Wer schon ein paar Jahre im Finanzierungsgeschäft arbeitet, wird sich noch an Zeiten erinnern, in denen Zinsen von 4-5 % als günstig galten. Davon sind wir noch meilenweit entfernt. Historisch gesehen befinden wir uns unverändert in einer totalen Niedrigzinsphase. Der dramatische Anstieg bei Immobilienpreisen ist dagegen real. Solange die Nachfrage nach Wohnraum jedoch nicht durch das Angebot an günstigen Immobilien gedeckt werden kann, ist mit einer Preissenkung bei den Immobilien nicht zu rechnen. Dieser Effekt wird durch sehr günstiges Baugeld verstärkt, da sich immer mehr Menschen immer höhere Kredite leisten können. Die Immobilienpreisspirale bewirkt nicht nur, dass sich trotz der Zinssituation immer weniger „Normal-Bürger“ Wohneigentum im innerstädtischen Bereich leisten können, sondern auch, dass die Mieten immer weiter steigen. Es stellt sich zunehmend die Frage, wie denn in diesen Gebieten die Infrastruktur mittelfristig aufrechterhalten werden kann. Angefangen bei Mitarbeitenden in Supermärkten, Drogerien, eigentlich im gesamten Einzelhandel über Pflegepersonal in Krankenhäusern und gesundheitlichen Einrichtungen. Für mich erreichen diese Überlegungen durchaus auch den öffentlichen Dienst mit Polizei und Feuerwehr. Diese wichtige Stütze unserer Gesellschaft gehört nicht unbedingt zu den Top-Verdienenden. Wo wohnen diese Menschen künftig? Es wird sich möglicherweise vieles in die Peripherie verlagern, die das Wohnen dort sehr angenehm machen wird. Und ob man dann gewillt ist, in die City zu pendeln, bleibt abzuwarten. Mehr Menschen im Umland sorgen auch da wieder für mehr Arbeitsplätze.

Herr Schäfer, vielen Dank für das Gespräch!

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