Dr. Jörg Schmidt: Die Welt dreht sich immer schneller

Interview mit Dr. Jörg Schmidt
Dr. Jörg Schmidt ist Systemischer Coach und Mediator bei SCHMIDT coaching & mediation in Pforzheim. Mit ihm sprechen wir über Managementtrainings-Sektor, neue Formen der Unternehmensführung sowie hybrides Arbeiten.

Es gibt eine zunehmende Zahl von Instituten und freien Trainern, die das Internet mit Angeboten im Managementtrainings-Sektor überschwemmen. Was macht einen erfolgreichen Manager eigentlich aus, und benötigt der überhaupt ein Führungskräfte-Seminar?

Dr. Jörg Schmidt: Wir alle wissen: Die Welt dreht sich immer schneller. Erfolgreiche Manager:innen müssen in der Lage sein, auf die unterschiedlichsten Entwicklungen der Märkte und der Arbeitswelt schnell und angemessen zu reagieren – zum Beispiel mit neuen Geschäftsmodellen oder neuen Formen der Unternehmensführung. So gewinnen aktuell selbstbestimmte und agile Arbeitskonzepte an Bedeutung und hybrides Arbeiten wird das neue Normal. Dies sind nur einige der Themen, mit denen sich Manager:innen beschäftigen müssen, aber sie machen deutlich, wie wichtig Weiterentwicklung für Führungskräfte ist: Neue Skills wie das Führen auf Distanz oder die neue Rolle als Mentor und Coach fallen Führungskräften nicht zu  – sie müssen genauso erlernt werden wie aktuelles fachliches Wissen. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass die Fähigkeit zur Weiterentwicklung eine eigene Kompetenz ist, die erfolgreiche Manager:innen besitzen sollten. Denn die nachhaltige Weiterentwicklung eines Unternehmens oder Teams beginnt immer bei einem selbst.

Wenn ja, warum sind zunehmend weitere Kompetenzen heutzutage für Manager gefragt?

Dr. Jörg Schmidt: Die Anforderungen an Führungskräfte werden immer vielfältiger und wachsen beständig, weil unsere Welt immer komplexer wird. Digitalisierung, Innovationsmanagement und Globalisierung sind nur einiger der Themen, mit denen Manager:innen sich heutzutage befassen müssen. Ein weiterer wichtiger Treiber ist die moderne Arbeitswelt, in der Teams oft über mehrere Standorte – und manchmal auch Zeitzonen versetzt – zusammenarbeiten und in der hierarchische Strukturen durch agiles Teamwork ersetzt werden. Diese Herausforderungen zu meistern, ist für Führungskräfte nicht einfach, aber unerlässlich, um das eigene Unternehmen zukunftsfähig zu machen. Grundvoraussetzung dafür: Mit der Zeit zu gehen und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln!

Sind quantitative Ziele wie Wachstum, Rendite und Umsatz immer noch der Hauptfokus einer Managementspitze?

Dr. Jörg Schmidt: Natürlich sind die „nackten Zahlen“ immer noch essenzielle Zielgrößen eines Unternehmens. Qualitative Faktoren werden aber immer wichtiger. Vertrauen sich die Mitarbeitenden untereinander oder herrscht eine Kultur des Misstrauens? Diktiert das Führungspersonal die Aufgaben von oben nach unten oder begreift es sich als Bestandteil des Teams? All diese Indikatoren sind heute für Unternehmen von wachsender Bedeutung, denn sie zahlen langfristig auf die quantitativen Ziele ein. Herrscht in der Organisation beispielsweise eine konstruktive Feedbackkultur, sind die Mitarbeitenden eher dazu bereit, kreative Ideen zu äußern und „Out of the Box“ zu denken. Das braucht eine Organisation, um sich an immer schneller ändernde Rahmenbedingungen anzupassen. Nur wenn ein Unternehmen das Gleichgewicht zwischen den „sanften“ und „harten“ Faktoren herstellt, ist es auch langfristig erfolgreich.

Können Sie kurz erklären, was ein Managementtraining umfasst und welche gängigen Lernziele verfolgt werden?

Dr. Jörg Schmidt: Mit unseren Managementtrainings bei der Haufe Akademie möchten wir vor allem drei Dinge vermitteln, die für Führungskräfte heute besonders wichtig sind: den Mut, sich selbst und die Organisation zu hinterfragen; die Kreativität, das eigene Geschäftsmodell immer wieder neu zu erfinden und die Skills, die eine exzellente Führungsperson ausmachen. Dafür setzen sich die Teilnehmenden in den Trainings aktiv mit ihrer Rolle als Leader:in auseinander, hinterfragen und schärfen ihre Führungspersönlichkeit, lernen die zentralen Kompetenzen einer erfolgreichen Führungskraft und wenden diese auf reale Praxisbeispiele an.

Ist ein Managementtraining sinnvoll und kann das Führungsverhalten dadurch wirklich nachhaltig verbessert werden?

Dr. Jörg Schmidt: Trainings sind heutzutage nicht nur eine sinnvolle Ergänzung für Führungskräfte, sondern sogar notwendig für eine zeitgemäße Organisationsentwicklung. Der beste Weg, das Führungsverhalten nachhaltig zu verbessern, liegt dabei in der kontinuierlichen Weiterentwicklung sowie in der direkten Anwendung des Gelernten. Wird eine neue Kompetenz direkt in der Praxis erfolgreich angewandt, geht sie bald in Fleisch und Blut über und das Führungsverhalten wird nachhaltig verbessert. Generell empfehle ich bei Managementtraininges – wie bei allen anderen Weiterbildungen auch – einen guten Mix aus synchronen Formaten wie Präsenz- oder Online-Seminaren und asynchronen Tools wie E-Learnings oder Micro-Formaten, mit deren Hilfe genau der Content, der in der jeweiligen Situation benötigt wird, in kurzen prägnanten Lerneinheiten zur Verfügung steht. Wie fast überall gilt auch beim Lernen: Die Mischung macht‘s.

Was halten Sie vom Training für Führungskräfte und worauf sollte bei der Wahl der Trainings-Seminare und des Coaches geachtet werden?

Dr. Jörg Schmidt: Eine umfassende Lernkultur ist für jedes Unternehmen heutzutage ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunftsentwicklung und Führungskräfte sollten mit gutem Beispiel voran gehen. Bei der Entscheidung für ein bestimmtes Format ist zunächst die Erfahrung des Anbieters ein guter Indikator für die Weiterbildungsqualität. Langjährige Tätigkeit am Markt ist in der Regel ein gutes Zeichen. Für einzelne Coaches gibt es zudem Zertifikate, die Aufschluss darüber geben, welche Kenntnisse ein Coach mitbringt. Der Begriff des Coaches ist nicht geschützt und daher sollte hier ein besonderes Augenmerk bei der Auswahl liegen. Auch Online-Bewertungen von Coaches und Anbietern können bei der Wahl herangezogen werden. Letztendlich ist es aber für jede/n, egal ob Einzellerner:in oder Unternehmen, wichtig, dass das Training zu den eigenen Bedürfnissen passt. Auch digitale Lernangebote oder kompakte Online-Formate können hier oft eine sinnvolle Ergänzung oder schnell zugängliche Alternative zu mehrtägigen Seminaren darstellen. Daher sollten Unternehmen sich auch hier verstärkt umsehen.

Herr Dr. Schmidt, vielen Dank für das Gespräch!

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