Dr. Sascha J. Flemnitz: Veränderung im digitalen Zeitalter

Interview mit Dr. Sascha J. Flemnitz
Dr. Sascha J. Flemnitz ist Geschäftsführer der bbw Gruppe. Im Interview sprechen wir mit ihm über den Bildungswandel, veränderte Anforderungen sowie Anbieten von Sprachkursen.

Bildung im Wandel: Die Anforderungen an Bildungseinrichtungen und LehrerInnen, DozentInnen und ProfessorInnen haben sich im digitalen Zeitalter verändert. Wie haben Sie das in den letzten Jahren wahrgenommen?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Ich denke: Die Erwachsenenbildung mit Ihren Facetten der Aus- und Weiterbildung, der Qualifizierung, Seminaren, bis hin zum akademischen Studium ist aus dem Kreidealter heraus. Viele Berufsbildungseinrichtungen wie das bbw beherrschen digital inzwischen die Pflicht. Aber mein Eindruck ist, dass wir – auch im bbw – zur Kür noch ein gutes Stück unterwegs sein werden. Wir sammeln in der Pandemie wie unter Laborbedingungen Erfahrungen, die für Bildungsunternehmen einmalig sind. Zum Glück wurde im bbw schon in den letzten zwei Jahren die technische Ausstattung modernisiert und viel Geld in Hard- und Software sowie Schulungen von Mitarbeitenden investiert – so hat der Umstieg auf virtuelle Lehr- und Lernformen recht stolperfrei funktioniert. Seitdem haben alle Studierenden, alle SchülerInnen und nahezu alle TeilnehmerInnen von Fortbildungskursen, Umschulungen und Weiterbildungen Zugang zu digitalen Lernplattformen des bbw und arbeiten mit unterschiedlicher Intensität auch dort. Es gab insgesamt einen großen gemeinsamen Kompetenzschub – für alle Beteiligten, auch für die Lehrkräfte. Aber natürlich haben wir auch gesehen, dass wir für die kommenden Jahre vieles neu denken und planen müssen.

Was ist aktuell die größte Herausforderung?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Es sind zwei: Die wichtigste ist nach und nach passende Lernszenarien für künftige Kompetenzprofile zu entwickeln. Die Krux ist, dass es noch viele Unklarheiten gibt. Wir brauchen viele neue Lerninhalte und Experten für aktuelle Themen wie KI, Programmierung, Data Science, Medienkompetenz in riesigen Abstufungen von Standardsoftware bis hin zu individuellen branchen- oder sogar betrieblichen Lösungen. Es geht aber natürlich auch um Führungsthemen – vom mobilen Arbeiten, über Kommunikation, Konflikt- und Krisenmanagement bis zu Resilienz und Ambiguitätskompetenz. Deshalb rücken wir als Bildungswerk der Wirtschaft in Berlin und Brandenburg jetzt noch näher ran an die regionalen Unternehmen. Das ist unsere zweite große Herausforderung. Schließlich wollen wir ihre Fach- und Führungskräfte fit machen für die neuen Arbeitswelten. Praktisch geht es auch darum, das richtige Maß zu finden und zu entscheiden, wie künftig im bbw gelernt werden soll: Wie viel online, wie viel in Präsenz? Wir müssen dabei die jeweiligen Vorteile und Risiken für die unterschiedlichen Zielgruppen individuell bewerten, die neuen Märkte analysieren und danach die Lehr- und Lernkonzepte sehr speziell gestalten.

Das klingt kleinteilig und aufwändig. Wie ist das zu leisten?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Man braucht dafür gut ausgebildetes, vielseitiges, erfahrenes und gut vernetztes Personal. Individuelle Lösungen sind sehr ressourcenintensiv.

Welche Erkenntnis hat das reine Online-Lernen während der Pandemie fürs bbw gebracht?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Vor allem, dass wir auch künftig auf Präsenz setzen, aber einen guten Mix mit virtuellen Formaten suchen. Wir wissen jetzt besser als vorher: Virtuelles Lernen hat viele Vorteile, aber das ist nicht in jeder Situation so und auch nicht für jeden gleichermaßen geeignet. Natürlich ist das bbw zurecht stolz darauf, dass es z. B. an seiner Hochschule oder an den beruflichen Privatschulen den Unterricht sehr früh und sehr schnell ins Netz verlegen konnte. Es gab viel Lob und Zustimmung dafür von allen Seiten. Aber, wir haben auch festgestellt, dass reines Onlinelernen für eine große Gruppe unserer KursteilnehmerInnen nicht immer geeignet ist.

Für wen trifft das besonders zu?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Zum Beispiel für unsere SprachkursteilnehmerInnen und viele Arbeitslose. Vor allem Langzeitarbeitslose. Sie verfügen einfach nicht immer über die nötige Technik. Wer nur ein Handy hat, kann auf einer Lernplattform nur eingeschränkt mitarbeiten, Dokumente schwieriger lesen und kaum Texte eingeben. Auch dort, wo der Internetzugang nicht stabil ist, gibt es Probleme. Das heißt, hier kommen für einen guten Lernerfolg vor allem Lernszenarien mit hohem Präsenzanteil in Frage. Digitales Wissen ist natürlich nötig, aber das muss hier in den Bildungszenten vermittelt werden. Außerdem ist es besonders wichtig, den sozialen Aspekt des Lernens nicht zu vernachlässigen.

Inwiefern?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Digitales Lernen – ohne oder mit nur wenigen persönlichen Kontakten zur Gruppe – führt häufig zu sozialer Distanz. Wer z. B. neu in einem fremden Land ist oder/und arbeitslos, hat ohnehin stark eingeschränkte Sozialkontakte und braucht, um sich orientieren zu können, die Nähe zu anderen Lernenden und zu Lehrkräften. Anrufe und Videokonferenzen reichen dafür nicht aus.

Warum nicht, was fehlt besonders?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Vor allem die direkte Rückkopplung zwischen Lehrkraft und Lernendem – was verstanden wurde und wo sofort Unterstützung nötig ist. Lernende mit großem Förderbedarf, mit manchmal geringerer Lernmotivation oder negativen Lernerfahrungen müssen Schritt für Schritt mitgenommen werden. Das kann man digital nicht gewährleisten. Wenn DozentInnen aber im Unterricht durch die Reihen gehen können, bleibt ihnen normalerweise nicht so leicht verborgen, wie Einzelne vorankommen. Im Präsenzlernen finden hier deutlich weniger Abkopplungsprozesse statt. Für Berufstätige, die das Lernen gewöhnt sind und das weitestgehend auch selbstorganisiert schaffen, ist das seltener ein Problem. Aber auch hier ist Blended Learning eine gute Alternative.

Sind die Lehrkräfte für diese Anforderungen gut genug geschult?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Ich denke, inzwischen ja. Obwohl natürlich auch Lehrkräfte jeden Tag dazulernen müssen. Didaktik in virtuellen Szenarien ist speziell. Die meisten PädagogInnen wissen z. B., dass räumliche Distanz und die Technik, wie kleine Monitore etc. die Aufmerksamkeitsspannen verkürzen. Sie müssen sich etwas einfallen lassen. Variable Wissenseinheiten und verschiedenen Aufgabentypen helfen, die Lernmotivation auch online zu schaffen und länger zu halten. Aber vor allem müssen Interaktionen erzeugt werden, denn daraus wird besonders intensiv gelernt. Und dann ist es natürlich die Aufgabe der Lehrkraft, Missverständnisse und Konflikte von Bildschirm zu Bildschirm zu vermeiden. Sie ist die Lehrkraft Moderator, manchmal Coach, Führungskraft… alles in einem.

Die Veränderung in der Bevölkerungsstruktur mit Flüchtlingen und mehr Migranten führt zu veränderten Lerninhalten. Wie reagiert Ihre Einrichtung darauf?

Dr. Sascha J. Flemnitz: In jedem Fall mit adäquater Didaktik. Am Anfang, wenn es bei MigrantInnen vor allem um die Vermittlung von Sprachkenntnissen geht, kommt der Versuch dazu, die Gruppen so homogen wie möglich zusammenzustellen. Aber am Ende stehen Sprachprüfungen. Die müssen bewältigt werden. Dafür wird viel Wissen vermittelt. Und es muss viel geübt werden, auch zuhause. Später bei der Vermittlung von beruflichem Fachwissen ist es genauso. Der Erfolg in den Berufsabschlussprüfungen ist auch keine Verhandlungssache. Das vermitteln wir, auch im Hinblick darauf, dass die Unternehmen der Region Fachkräfte suchen, die qualifiziert sind. Darauf wollen und müssen sie sich verlassen können.

Wie sorgen Sie denn z. B. in Sprachkursen dafür, dass die Lernziele erreicht werden kön-nen?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Wir versuchen, die größten Spannungsfelder auszuschließen. Zum Beispiel sorgen wir dafür, dass in Sprachkursen alle dasselbe Eingangs-Zertifikat haben. Dass dieses nicht immer dasselbe Sprachniveau bedeutet, ist leider unvermeidlich, denn die TeilnehmerInnen kommen oft von verschiedenen Schulen zu uns und nicht jedes Zertifikat, das bei uns auf den Tisch kommt, ist ganz frisch. Leichte Niveauunterschiede in unterschiedlichen Kompetenzbereichen sind deshalb völlig normal. Außerdem bringen sie in gewissem Maß positive soziale Interaktion in die Gruppen, die die Lehrkräfte auch initiieren und steuern. Gute Lehrkräfte schaffen es, die langsameren und die besseren SchülerInnen zu fördern, ohne die besseren zu vernachlässigen. Darauf setzen wir. Schwierig ist, wenn durch ständige Wiederholungen Schleifen entstehen und die Zeit knapp wird. Dann muss es auch mal Hausaufgaben geben. Am Ende kann nicht jeder bei den Prüfungen erfolgreich sein.

In der Bildungsbranche gibt es auch ein Qualitätsmanagement. Welchen Anforderungen muss der Qualitätsbeauftragte eines Bildungsinstituts in der Praxis gerecht werden?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Das Qualitätsmanagement ist der Rhythmus, bei dem jedes Bildungsunternehmen mit muss. Der heißt aktuell DIN ISO 9001:2015. Das ist die Norm, die Bildungsunternehmen und ihre Mitarbeitenden fit machen soll für die Dynamik der Wissensgesellschaft. Mit dieser Qualitätsnorm standen einst gravierende Neuerungen an. Sie hat die Bildungsunternehmen und ihre Aufgabe deutlich systemischer erfasst. Zum Beispiel wurden erstmals Wissens- und Risikomanagement reflektiert, neue Verantwortlichkeiten der Unternehmensführung festgelegt, neue Zielgruppen in den Blick genommen. In der Organisationsentwicklung wurde stärker auf die Rolle der Mitarbeitenden orientiert. Insgesamt wird das viel komplexere QM durch die neue Norm auch im bbw nun auf breiteren Schultern von allen Führungskräften gesteuert, aber auch von den Mitarbeitenden und freiberuflichen Lehrkräften getragen. Um das zu koordinieren, haben wir ein zentrales Qualitätsmanagement in der bbw Gruppe, QualitätsmanagerInnen in jedem bbw Unternehmen und ein elektronisches Qualitätsmanagementsystem für alle. Dazu gehört auch eine digitale Plattform, zu der alle MitarbeiterInnen Zugang haben. Dort liegen nahezu 800 digitale Dokumente – Leitbilder, Richtlinien, Handlungsanleitungen, ganze Handbücher, Prozessbeschreibungen, Formulare, Hinweise. Sie sind im Arbeitsprozess wichtig und hilfreich. Da es eine große Anzahl von öffentlich geförderten Bildungsangeboten mit anspruchsvollen und komplexen Qualitätsanforderungen gibt und auch unsere Partnerunternehmen, unsere KundInnen und wir selbst hohe Standards für die Qualität unserer Arbeit haben, ist es die Aufgabe der Qualitätsbeauftragten, die Zertifizierungen, interne und externe Audits, gründlich vorzubereiten. Sie sorgen dafür, dass Produkte und Bildungszentren erfolgreich bestehen. Das bbw ist mit seinem QM-System offenbar gut aufgestellt. Das zeigt sich u. a. daran, dass es schon 2017, ein Jahr vorfristig für fünf Jahre institutionell zertifiziert wurde. Auch jedes einzelne bbw Unternehmen und die bbw Hochschule wurden für das QM-System erfolgreich nach neuer Norm geprüft und bestätigt. Und natürlich lassen wir auch viele Bildungsangebote begutachten und zertifizieren – vor allem für KundInnen, die mit öffentlichen Geldern gefördert werden. Eine Besonderheit ist unsere Hochschule, sie ist durch den Wissenschaftsrat akkreditiert und durch die FIBAA-Akkreditierungskommission systemakkreditiert.

Man sagt, dass Lehrer/innen und Ausbilder/innen dem Stress in den Bildungseinrichtungen mit den Schülern kaum noch gewachsen sind. Haben Sie ähnliche Erfahrungen oder kennen Sie Beispiele dafür?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Das Stresslevel ist in Bildungseinrichtungen generell hoch, weil die Dynamik mit jährlich rund 600 Bildungsangeboten und tausenden Teilnehmern pro Jahr hoch ist. Da laufen viele Prozesse gleichzeitig. Außerdem treffen mit den Menschen in den verschiedenen Bildungspro-grammen alle Konflikte der Gesellschaft aufeinander. Auch in der beruflichen Bildung gibt es entsprechend jede Art von Stress. Dabei viel positiver, konstruktiver. Aber natürlich auch anderen. Dem müssen gut qualifizierte und erfahrene Lehrkräfte standhalten können. Es gibt allein schon in den unterschiedlichen Bereichen deutlich Unterschiede: Als ProjektleiterIn oder Lehrkraft in einem Privatzahlerbereich – z. B. in einem Seminar für Berufstätige oder in einem berufsbegleitenden Studium oder Lehrgang gibt es nur selten Konflikte mit TeilnehmerInnen. Meist haben wir es hier mit den ehrgeizigen Zielen und hohen Ansprüchen zu tun. Die TeilnehmerInnen sind hochmotiviert und bezahlen für eine professionelle Vorbereitung auf die Prüfungen, um danach Führungskraft zu werden oder sich fachlich besser aufzustellen. Diese Art von Stress ist überwiegend konstruktiv und sehr sachlich. Es gibt aber auch KursteilnehmerInnen, die aufgrund extremer Lebensumstände Bildungsangebote nutzen möchten bzw. zu uns geschickt werden, um mit öffentlicher Förderung ihren beruflichen (Wieder)-Einstieg zu finden. Wer aufgrund von erheblicher Existenzangst selbst großem Stress ausgesetzt ist, bringt ihn manchmal auch mit in die Gruppe. In jedem Fall geht es darum, professionell zu bleiben und die Konflikte zu lösen. Deshalb gibt es in einigen Kursen sozialpädagogische Begleitung für die TeilnehmerInnen. Sie sorgt dafür, dass die TeilnehmerInnen den Kopf wieder frei bekommen, um überhaupt nach vorn schauen und sich beruflich neu orientieren zu können.

Wie muss denn ein Pädagoge für die Erwachsenenbildung beschaffen sein, damit er profes-sionell arbeiten und die täglichen Anforderungen bestehen kann?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Lehrkräfte müssen heute nicht nur interkulturell fit sein, sie müssen vor allem fachlich qualifiziert und didaktisch sattelfest sein. Dafür gibt es in allen Bildungsbereichen bei uns festgelegte Anforderungen. Schließlich stehen sie vor Klassen, in denen so gut wie jeder ein Handy und damit Zugang zum Wissen dieser Welt hat. Das heißt, jeder Fakt kann in Sekunden direkt überprüft werden. Sie müssen darüber hinaus auch gute Pädagogen und Führungspersönlichkeiten sein, die Wissen vermitteln können. Sie müssen die Gruppe schließlich möglichst erfolgreich durch den Lernprozess und ggf. auch durch Prüfungen manövrieren können. Wo die Persönlichkeit, Expertise oder Erfahrung an dem einen oder anderen Ende einmal etwas dünner ausfallen sollten, oder die Tagesform nicht stimmt, kann auch Stress entstehen.

Der „nationale Bildungsbericht für Deutschland“ benennt alle zwei Jahre Leistungen und Herausforderungen im deutschen Bildungssystem. Können Sie über Zweck und Nutzen kurz etwas sagen?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Der „nationale Bildungsbericht für Deutschland“ bestätigt zwar, dass Bildungserfolg stark von der sozialen Herkunft abhängt. Dieser Befund ist tatsächlich seit Jahren unverändert. Auch, dass Bildungserfolg zunehmend von sozialen Netzwerken bestimmt wird. Diese Automatismen sind kontraproduktiv. Ich denke, dass auch Kinder aus sozial schwachen Familien intensiv gefördert werden müssen. Was spricht hier gegen eine langfristige, strategische Förderung? Gut wäre auch, die Erkenntnisse der Experten über Bildungsbiografien endlich in zukunftsfähige politische Entscheidungen zu übersetzen, die die Bildungs- und Entwicklungschancen aller Kinder erhöhen. Mit Blick auf das Schulabschlussniveau vieler SchülerInnen, die nach zehn Schuljahren eine duale Ausbildung beginnen sollten, wären z.B. frühe und regelmäßige intensive Praxis-Lernphasen ein Schritt nach vorn. Wahrscheinlich zu mehr Fachkräften. Ein einziges Betriebspraktikum in der 9. Klasse reicht nicht aus. Ich stelle mir regelmäßiges Praxis-Lernen vor, in dem SchülerInnen Berufsbilder kennenlernen, Betriebe besuchen, mit Menschen, Technik, Technologien und Arbeitsgeräten in Berührung kommen können, die sie inspirieren. Wenn „Nationale Bildungsberichte“ die Erkenntnis vermitteln, dass sich lebenslanges Lernen lohnt, ist das positiv. Aber wir müssen den jungen Leuten diese Erkenntnis mit guten Beispielen weitergeben. Eine nachhaltig funktionierende Gesellschaft braucht auch wieder Leuchttürme aus der Arbeitswelt. Das wäre z. B. auch ein gesellschaftlich relevanter Bildungsauftrag an die öffentlich-rechtlichen Medien. Wer viel und länger lernt, steigert seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt und kann ein höheres Einkommen erreichen. Mit dieser Gewissheit lässt sich doch gut werben und gewiss auch wirtschaftlicher Fortschritt erzielen.

Man spricht gern vom „Recht auf Bildung“ und „Lebenslangem Lernen“. Wird Deutschland diesem Anspruch Ihrer Meinung nach voll gerecht?

Dr. Sascha J. Flemnitz: Ich halte das Recht auf Bildung für einen der wichtigsten Werte einer aufgeklärten Gesellschaft. Es ist gar nicht hoch genug einzuschätzen, dass es dieses Recht im Artikel 26 des deutschen Grundgesetzes gibt. Wir müssen nur dafür sorgen, dass dieses Recht z. B. von allen Kindern und Menschen in diesem Land gleichberechtigt wahrgenommen werden kann. Mit Blick auf die Wirtschaft, den wachsenden Innovationsdruck durch die Megatrends wie die Digitalisierung, Globalisierung, Demografie und Ökologie und die Bedürfnisse zukunftsfähiger Unternehmen, halte ich es ebenfalls für wichtig, Kindern wieder stärker zu vermitteln, dass es auch darauf ankommt, der Gesellschaft u. a. für die großartige Chance auf Bildung später durch Arbeit etwas zurückzugeben. Wir brauchen aus meiner Sicht wieder eine stärkere berufliche Orientierung von SchülerInnen auf wertschöpfende Arbeit. Wir brauchen wieder eine stärkere Kompetenz- und Leistungsorientierung – vor allem der SchülerInnen in den Schulen. Wir brauchen mehr Förderung der Leistungsstarken, ohne die Schwächeren zu vernachlässigen! Damit verbunden ist, in der Schule den Wettbewerb nicht länger einzuschränken, sondern ihn zuzulassen. Es kommt darauf an, ihn in wertschätzenden kooperativen Bahnen zu ermöglichen. Wenn wir mit gleicher Kraft das Prinzip der Zusammenarbeit fördern, ist viel getan.

Dr. Flemnitz, vielen Dank für das Gespräch!

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