Dr. Wulf Albach: Kündigung ist eine einseitige Erklärung

Interview mit Dr. Wulf Albach
Dr. Wulf Albach ist Rechtsanwalt in der Kanzlei RechtsAnwälte&Notare in Darmstadt. Mit ihm sprechen wir über Zweifel an einer ausgesprochenen Kündigung, Wirksamkeit sowie Aufhebungsvertrag.

Vielen ist der Begriff Aufhebungsvertrag zwar ein bekannter Begriff, doch die tatsächliche Bedeutung ist vielen unklar. Wie unterscheiden sich eine Kündigung und Aufhebungsvertrag?

Dr. Wulf Albach: Eine Kündigung ist eine einseitige Erklärung, an der der Empfänger nicht mitwirkt. Juristen nennen es „einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung“, weil eine solche Erklärung erst wirksam wird, wenn sie zugegangen ist. Gegen den Zugang, also den Ausspruch einer Kündigung als solcher, kann sich niemand wehren. Aber natürlich kann man (z.B. als Arbeitnehmer) die Wirksamkeit einer ausgesprochenen Kündigung anzweifeln und z.B. Kündigungschutzklage erheben. Ein Aufhebungsvertrag ist dagegen – wie der Name sagt – ein Vertrag, der nur zustande kommt, wenn beide Vertragsparteien mitwirken, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit dem Inhalt des Aufhebungsvertrages einverstanden sind. Zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist niemand verpflichtet und kann niemand gezwungen werden.

In einem Aufhebungsvertrag können viele Bedingungen geregelt werden. Können Sie uns die relevantesten Punkte nennen, die in einem Aufhebungsvertrag behandelt werden können?

Dr. Wulf Albach:

– (natürlich) immer: die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als solche und deren Zeitpunkt. Häufig wird man eine Formulierung suchen, die dem Arbeitnehmer keine Steine in den Weg legen, wenn er anschließend Arbeitslosengeld beantragen will. Man wird also z.B. festhalten, dass die Kündigung aus „betriebsbedingten Gründen“ (oder sonstigen Gründen, für die der Arbeitnehmer nichts kann) erfolgte.

– sehr häufig: Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Abfindung. Zu einer solchen Zahlung ist ein Arbeitgeber nach dem Gesetz im Normalfall nicht verpflichtet. Aber sehr häufig werden gerade in Aufhebungsverträgen oder in entsprechenden Vergleichen in gerichtlichen Verfahren Abfindungen vereinbart, weil nur dann der Arbeitnehmer zustimmt. Der Arbeitgeber muss sich also in der Regel die Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag durch die Zahlung einer Abfindung erkaufen.

– sehr häufig: Vereinbarungen über die Erteilung eines Zeugnisses, manchmal mit konkreter Beschreibung des Inhalts des zu erteilenden Zeugnisses

– oft: Regelungen über sonstige finanzielle Fragen (z.B. rückständiger Lohn, Forderung des Arbeitgebers usw.)

– oft: Rückgabe von Betriebsmitteln, auch Dienst-Pkw

– im Übrigen sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt, was noch geregelt werden könnte. Das hängt aber sehr vom Einzelfall ab.

Was sind die Vor- und Nachteile eines Aufhebungsvertrag aus Sicht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Dr. Wulf Albach: Für einen Arbeitnehmer kann ein Aufhebungsvertrag nicht selten trotz entsprechender Formulierung (siehe oben) zu Nachteilen beim Bezug von Arbeitslosengeld (insbesondere Sperrfrist) führen. Denn nach den sozialrechtlichen Bestimmungen verhängt die Bundesagentur für Arbeit in der Regel eine zwölfwöchige Sperrfrist, wenn ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis selbst beendet hat oder an der Beendigung (durch Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag) mitgewirkt hat, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Für beide Seiten hat der Aufhebungsvertrag den Vorteil, dass eine schnelle Regelung erzielt wird und ein Kündigungsschutzprozess vermieden wird, der erfahrungsgemäß insbesondere Arbeitnehmer, vor allem wegen des gelegentlich längeren Schwebezustands (wie geht der Prozess aus?) nicht selten sehr deutlich belastet. Ein Vorteil für den Arbeitnehmer ist natürlich, dass er sicher ist, eine Abfindung zu erhalten, wenn man dies wie so oft im Aufhebungsvertrag vereinbart hat. In einem Prozess kann man dies war auch häufig vereinbaren, Gewissheit hat man vorher aber natürlich nicht.

Wenn ein Aufhebungsvertrag erst einmal unterschrieben ist, denken viele Arbeitnehmer, dass dieser nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Ist diese Annahme wahr und welche Möglichkeiten hat der Arbeitnehmer bei einem schon unterschriebenen Aufhebungsvertrag?

Dr. Wulf Albach: Im Ausgangspunkt ist die Annahme zutreffend. Generell gilt rechtlich immer noch: „Vertrag ist Vertrag“. Eine grundsätzliche rechtliche Rücktrittsmöglichkeit gibt es also bei Aufhebungsverträgen nicht. Gelegentlich fechten Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag an, weil sie vom Arbeitgeber unzulässig unter Druck gesetzt und überrumpelt worden seien. Das kann im Einzelfall Erfolg haben. Generell ist es aber in den allermeisten Fällen schwierig bis nicht möglich, sich von einem einmal abgeschlossen Aufhebungsvertrag zu lösen. Eine Lösungsmöglichkeit kann im Einzelfall bestehen, wenn ein Arbeitgeber (wie häufig) damit droht, eine fristlose Kündigung auszusprechen, ohne dass es hierfür ausreichende Gründe gibt. Nach der Rechtsprechung kann in solchen Fällen eine Anfechtung nach § 123 BGB wegen „widerrechtlicher Drohung“ Erfolg haben, wenn ein „verständiger Arbeitgeber“ im konkreten Fall nicht an eine außerordentliche Kündigung gedacht hätte. Gelegentlich rechtfertigen auch die Umstände der Unterzeichnung eine Anfechtung. Nicht wenige Arbeitgeber könne erheblichen (zeitlichen und mentalen) Druck aufbauen, dem Arbeitnehmer gelegentlich nicht standhalten. Dann können derartige Umstände im Einzelfall auch eine Anfechtung begründen.

Herr Dr. Albach, vielen Dank für das Gespräch!

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