Führungscoaching: Ein Coaching zum Coach?

Interview mit Hermann Müller
Führungskräfte, die als Coach für ihre Mitarbeiter fungieren, führen statistisch gesehen ein effizienteres und zufriedeneres Team. Doch um zu wissen, wie man als Coach richtig an die Dinge herangeht, sollte man vielleicht selbst erstmal ein Coaching absolvieren, so der Expertenrat von Hermann Müller, Führungskräftecoach und Ausbilder im Trainer- und Mediationsbereich aus Augsburg. Mit seinen über 25 Jahren Erfahrung verrät er uns sein Geheimrezept zur „perfekten“ Führungskraft.

Wie würden Sie die Rolle eines Chefs als Coach definieren, und welche Vorteile kann dies für das Unternehmen und die Mitarbeiter haben?

Als Coach habe ich das Vertrauen der Mitarbeiter und des Unternehmens und kann somit besonders effizient und wirkungsvoll auf das Arbeitssystem einwirken. Der Coach wird somit angefragt, angefordert vom Mitarbeiter. Der Mitarbeiter erkennt in der Führungskraft als Coach eine für ihn wertvolle Ressource um seine Verantwortlichkeiten schneller und oder besser umzusetzen, zu erreichen. Das Unternehmen ist flexibler und braucht weniger formelle Strukturen, das System reagiert schnell. Das Unternehmen bekommt mittelfristig eigenverantwortliche, selbstständige und initiative Mitarbeiter, die dadurch befähigter werden. Die Führungskraft als Coach ist also Motor für die Anpassungsfähigkeit des Unternehmens.

Welche spezifischen Fähigkeiten und Qualitäten sollten Führungskräfte entwickeln, um erfolgreich als Coaches für ihre Teams zu fungieren?

Eine Führungskraft in der Coach-Rolle muss lernen zu zusehen, braucht Methodenkompetenz in der Analyse der Ist-Situation und weiß, dass Veränderung Zeit braucht und durchaus Widerstände zu überwinden sind. Menschen haben keinen Umschalter. Als weiteres braucht sie die Fähigkeit, Fragen zu stellen bezüglich der Außenperspektive bezogen auf den Mitarbeiter und das System, damit der Mitarbeiter mehr erkennen und verstehen kann. Die Führungskraft in der Rolle als Coach muss die Gesprächsführung eines professionellen Auditors beherrschen. D.h. aktives Zuhören, Rückformulieren, Paraphrasieren, Reframing, Spiegeln, ….

Gibt es ein „Coaching-Mindsets“? Welche Schritte oder Ansätze empfehlen Sie Führungskräften, um dieses Mindset zu kultivieren und in den Alltag zu integrieren?

Ja, die Führungskraft muss Klarheit haben zwischen ihrem Erfolgsziel und ihrem Leistungsziel. Hierbei entspricht das Leistungsziel der Verantwortung und das Erfolgsziel ist das Ergebnis, für das die Führungskraft letztendlich bezahlt wird, was aus dem Bereich gefordert wird. Wenn also das Erfolgsziel nicht erreicht wird, so ist die Führungskraft ihrer echten Verantwortung nicht nachgekommen. Die Verantwortung als Coach ist die Befähigung der Mitarbeiter. Das Selbstbewusstsein der Führungskraft, dass sie Coach ist, ist also große Anforderung. Natürlich muss das von der C-Level Führungsebene installiert und geschaffen werden. Die Geschäftsleitung ist hier gefordert, ihrer Verantwortung nachzukommen.

Die Umsetzung von Coaching-Prinzipien in der Führung kann eine Herausforderung sein. Wie können Führungskräfte diese Veränderung effektiv kommunizieren und in ihren Teams implementieren?

Zuerst muss die Führungskraft für sich die Rollenklarheit gewinnen bezüglich ihrer Verantwortlichkeit als Coach und dann die Werkzeuge / Kompetenzen im Sinne von Können aufgebaut haben – am besten durch eine Ausbildung bzw. Training. Als nächstes muss es den Mitarbeitern vermittelt und erklärt werden. Das Ganze ist ein Change Prozess. Besonders wichtig ist es, die Mitarbeiter einzubeziehen und sie durch ständiges Erklären und Erläutern zu gewinnen. Die Führungskraft holt sich deswegen kontinuierlich Feedback ein von den Mitarbeitern und Teams, um ihren Fortschritt in ihrer Rolle als Coach beurteilen zu können. Mit diesem Geben und Nehmen wird es gelingen.

Inwiefern kann eine Kultur, in der Führungskräfte als Coaches agieren, die Mitarbeiterbindung, die Leistung und die Innovation im Unternehmen beeinflussen? Gibt es konkrete Beispiele oder Erfahrungen, die dies verdeutlichen?

So eine Rolle der Führungskraft als Coach ist Kultur, Unternehmenskultur. In vielen Studien wurde immer wieder nachgewiesen, wie bedeutungsvoll das Thema Unternehmenskultur ist. Gerade in der heutigen Zeit verlangt die junge Generation mehr Führung in der Rolle als Coach. Ich darf von Zeit zu Zeit Unternehmen in ihrem Führungswandel begleiten. Wie stark so etwas wirkt, habe ich in einem Unternehmen erleben können, das ich als Business Coach begleitet habe. Die Firma war in der Situation, zu wenig Personal für den Auftragsüberhang von ca. 30 %. Die Folge, Streit, Frust und Überlastung. Wir haben dann die klassische Führung geändert in eine partnerschaftliche Führung mit gegenseitigem Coaching-Verhalten. Und siehe da, es funktionierte. Die Stimmung wandelte sich, die Aufträge wurden alle durchgeführt.

Welche bewährten Praktiken oder Ratschläge würden Sie an Führungskräfte weitergeben, die ihre Coaching-Fähigkeiten weiterentwickeln und ihre Teams erfolgreicher führen möchten?

Liebe Führungskräfte, nutzen Sie als erstes einen Coach für sich selbst. Dadurch erleben Sie Coaching und dessen Wirkung. Sie lernen ganz nebenbei, wie sie selbst mit ihren Mitarbeitern umgehen könnten. Oder besuchen Sie eine praktische Trainer- oder Coach-Ausbildung. Hier liegt die Betonung auf praktisch. Was ein erster Schritt sein könnte, bauen Sie ihre Kommunikationsfähigkeiten aus, werden Sie Kommunikationsprofi, der gut zuhören kann und durch sein Verstehen das Verstehen des Mitarbeiters erhöht. Hier empfehle ich ihnen eine Mediationsausbildung, denn der Mediator muss Verständnis erzeugen, damit die Medianten ihre eigene Lösung entwickeln können. So entwickeln sie mit ihren Fähigkeiten ihre Mitarbeiter, die es mit Loyalität und Engagement zurückgeben. Viel Erfolg.

Herr Müller, vielen herzlichen Dank für das Interview.

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