Roland Polanski: Bewerber sollten auf eine klare Ausdrucksweise achten

Interview mit Roland Polanski
Roland Polanski ist Geschäftsführer der Zelos Consulting GmbH. Er beantwortet Fragen zu Bewerbungsgesprächen, authentischem Auftreten sowie Vorbereitung von Bewerbern.

Human Ressource-Leiter wollen mit Kandidaten ins Gespräch kommen, statt sie, wie früher zu verhören. Was bedeutet das im Alltag?

Roland Polanski: Dies ist richtig und wichtig. Je nach Unternehmensgröße finden die Erstgespräche mit Bewerbern in der Regel mit einem Mitarbeiter oder dem Leiter der HR-Abteilung statt, um den „cultural fit“ zu sondieren. Der Fokus wird hier auf die kommunikativen Fähigkeiten, das Interesse am und die Kenntnisse über den neuen potenziellen Arbeitgeber sowie die intrinsische Wechselmotivation zu eben diesem Arbeitgeber gelegt. Die Gründe für Jobwechsel in der Vergangenheit werden beleuchtet. Auch Hobbys werden stellenweise nachgefragt, um einen Eindruck über die etwaige Kompatibilität mit dem neuen Kollegen-Team zu erhalten. Softskills statt Hard-Facts sind hier immer häufiger der Türöffner für die zweite Bewerbungsrunde, in der es dann um die technische Befähigung geht. Leider haben wir bemerkt, dass nach wie vor ein gewisser Prozentsatz an Unternehmen die Kennenlerngespräche tatsächlich eher wie Verhöre gestaltet und gezielt versucht wird, die Schwächen des Bewerbers in den Fokus zu legen, um Argumente für die nachfolgenden Gehaltsverhandlungen zu generieren. Diese Arbeitgeber werden sich aber, besonders in einem Bewerbermarkt mit Fachkräftemangel, wie dem der IT, selbst aus dem Pool hochkarätiger Talente ausgrenzen und an Bedeutung und Umsätzen verlieren, sollten sie den Wandel nicht begreifen.

Welche Tipps haben Sie für Bewerber, um authentisch und professionell zu erscheinen?

Roland Polanski: Zu guter Erst sollten Bewerber gut informiert sein, ihre Motivation zeigen und dabei stets „sie selbst“ bleiben. Je nachdem, ob das Bewerbungsgespräch telefonisch, per Video-Interview oder vor Ort stattfindet, sollten sie darauf achtgeben, dass keine Störumgebung vorhanden ist und dass man ein gepflegtes Äußeres an den Tag legt. Darüber hinaus sollte man auf eine klare Ausdrucksweise achten und auf eventuelle Lücken oder Sprünge im Lebenslauf eine gute Antwort parat haben. Das Wichtigste ist es aber sich hier nicht zu verstellen. Wenn man als komplett andere Person auftreten muss, als man in Wirklichkeit ist, um eine Anstellung zu erreichen, dann ist es schlichtweg nicht der richtige Job und man wird mit diesem auf lange Sicht keine Freude haben.

Worauf sollten sich Bewerber vorbereiten, die das Unternehmen betreffen? Klassische Daten wie Gründungsdatum und Co. oder auch Daten, die in die Tiefe gehen?

Roland Polanski: Bei der Vorbereitung zum Gespräch sollte man sich neben den klassischen Fakten wie Gründungsdatum, Anzahl der Mitarbeiter oder Tätigkeitsfeld vorher definitiv über die Kultur des Unternehmens erkundigt haben, denn auch mit Anzug und adrett geschnürter Krawatte, kann man sich ein Eigentor schießen, wenn plötzlich ein CEO eines hippen Startups, gekleidet mit einem schlichten T-Shirt, einem gegenübersitzt, womit wir wieder beim „cultural fit“ wären. Mit Finanzdaten wie den Jahresumsätzen und Gewinnen kann man imponieren, besonders wenn diese Zahlen es zulassen, dass sich das Gegenüber geschmeichelt fühlen kann. Prinzipiell gilt hier, dass man besser punkten kann, je mehr man über das jeweilige Unternehmen weiß, da es von einem größeren Interesse des Bewerbers zeugt. Neben des Webauftritts des potenziellen Arbeitgebers, eignen sich hierzu auch News-Artikel oder diverse Bewertungsportale als Informationsquelle.

Die Frage nach den Gehaltsvorstellungen ist ein heißdiskutiertes. Welche Tipps haben Sie für Bewerber? Pokern oder Zurückhaltung?

Roland Polanski: Die Frage der richtigen Verhandlungstaktik ist nur schwer pauschal zu beantworten und es kommt neben vielen Faktoren natürlich auch auf das persönliche Geschick an. Da wir für viele Bewerber nach Absprache die Gehaltsverhandlungen übernehmen, ist es für uns unabdingbar vorab gut über den Gehaltsrahmen und das Gehaltsgefüge in der Abteilung informiert zu sein. Liegt das maximale Budget für eine hypothetische Stelle etwa bei 50.000€ Jahresbrutto und ein Bewerber liegt aktuell bei 48.000€, ist aber aufgrund nicht monetärer Aspekte absolut gewillt diese Stelle anzutreten würde ich diesen Bewerber natürlich nicht mit einer höheren Gehaltsvorstellung als den 50.000€ vorstellen, da man in diesem Falle bereits vor einem ersten Kennenlerngespräch eine Absage erhalten würde. Andererseits erhalten wir teilweise auch sehr spezielle Mandate von unseren Kunden, bei denen ein sehr spezielles, auf dem Kandidatenmarkt kaum verfügbares Skill-Set erfordert ist. Hier kann man in der Regel etwas höher ansetzen. Gleiches gilt für Vakanzen, die aufgrund von Zeitmangel umgehend besetzt werden müssen oder für Arbeitgeber aus finanzstarken Branchen, in denen der Durchschnittslohn höher liegt als für analoge Tätigkeiten in einem anderen Sektor. Wie man sieht, ist das Ansetzen der richtigen Gehaltsvorstellung auch stark abhängig von der Informationsbasis. Kooperiert man als Bewerber nicht mit einem Personalberater, ist diese Basis natürlich begrenzt. Man sollte jedoch auch in diesem Fall definitiv das Gehaltsgefüge für die angestrebte Position kennen und hierbei nicht die regionalen Unterschiede außer Acht lassen. Ein Systemadministrator kann beispielsweise in Stuttgart, verglichen mit den neuen Bundesländern, bis zu 50% mehr Gehalt erwarten. Als Informationsquelle hierfür dienen u.a. Stellenbörsen, Social-Media-Karriere-Plattformen oder Foren. Abschließend kann man sagen, dass man sich nicht unter Wert verkaufen und seinen Wert kennen sollte, aber seine Gehaltsvorstellung auch nicht zu hoch ansetzen darf, da man dadurch riskiert, dass der Bewerbungsprozess in diesem Stadium beendet wird oder sich der potenzielle Arbeitgeber für einen Kandidaten entscheidet, der sich hier realistischer einschätzen konnte.

Welche Gewichtung nimmt die Persönlichkeit und welche die objektiven Fertigkeiten und Fachkenntnisse bei der Auswahl eines Kandidaten ein?

Roland Polanski: Ein solch vielschichtiges Thema in einer Prozentzahl auszudrücken, würde der Komplexität des Themas nicht gerecht werden, zumal sehr viele Faktoren hier eine Rolle spielen. Prinzipiell ist die Antwort dieser Frage vor Allem von der jeweiligen Branche abhängig. In sozialen Berufen haben die Soft-Skills verständlicherweise einen höheren Anteil am Entscheidungsprozess als in rein technischen Berufsfeldern. Auch innerhalb der IT sind je nach Technologie und Jobtitel gravierende Unterschiede in dieser Gewichtung bemerkbar. Bei einem IT-Leiter oder einer IT-Consultant spielt die Persönlichkeit natürlich eine weitaus höhere Rolle als beispielsweise bei einem Programmierer. Ähnlich verhält es sich bei den jeweiligen Technologien. Sucht einer unserer Mandanten beispielweise nach einem AWS-Architekten oder Salesforce-Engineer, beides in Nischen-Skills, bei denen in Deutschland ein absolutes Vakuum an passenden Fachkräften herrscht, muss der Arbeitgeber auch bereit sein jemanden einzustellen, der von seinem Wesen her nicht optimal ins Team passt. Hier entscheidet der Mangel an Alternativen. Sollte ich die gefragte Gewichtung für den gesamten IT-Personalmarkt schätzen müssen, würde diese Einschätzung noch bei etwa 75% zu 25% zugunsten der rein technischen, objektiv messbaren Skills liegen, wobei die Bedeutung der Persönlichkeit und der Soft-Skills stark zunehmend ist.

Welche Methoden und Kanäle nutzen Sie für die Rekrutierung von Personal?

Roland Polanski: Hier möchte ich nicht zu tief ins Detail gehen, da wir unser Multi-Channel-Sourcing in diesem Umfang im IT-Recruiting als Alleinstellungsmerkmal betrachten, welches uns von der Konkurrenz abhebt. Uns war es von Beginn an wichtig nicht ausschließlich „im gleichen Teich zu fischen“ wie unsere Mitbewerber. Natürlich nutzen auch wir die gängigen Karriereportale, deren Namen ich hier nicht zu nennen brauche, und gehen auf diesen aktiv auf potenzielle Kandidaten zu. Darüber hinaus schalten wir Anzeigen in diversen Medien und bekommen auch direkte Empfehlungen zu interessanten Kandidaten. Wir investieren einen großen Teil unserer Einnahmen in diverse Premium-Recruiting-Tools und eine intelligente Datenbank. Das sind Kosten, die für Außenstehende schwer greifbar sind. Wichtig ist es hierbei stets DSGVO-konform zu agieren. Die Bewerber sollen wissen, dass ihre Daten bei uns in guten Händen sind und wir damit nicht hausieren gehen. Zusammengefasst haben wir aktuell sieben Kanäle, um mit potenziellen Kandidaten in Kontakt zu treten.

Herr Polanski, vielen Dank für das Gespräch!

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