Thomas Czekala: Beziehungen und Netzwerke sind sehr wichtige Erfolgsfaktoren

Interview mit Thomas Czekala
Thomas Czekala ist Geschäftsführender Gesellschafter der Block2Job GmbH. Mit ihm sprechen wir über verdeckten Stellenmarkt, Vorteil für Arbeitgeber sowie Strategien für Bewerber.

Nicht jede freie Stelle landet als Stellenanzeige in einer Jobbörse. Das Institut für Arbeitsmarktforschung fand heraus, dass nur ca. 35 Prozent der freien Stellen auf dem Arbeitsmarkt zu finden sind. Was hat es mit dem verdeckten Stellenmarkt auf sich?

Thomas Czekala: Die Forschungsergebnisse sind von der Größenordnung her interessant, spiegeln aber nur eine schon lange bekannte Situation wider. Ein Großteil aller neu zu besetzenden Arbeitsplätze wird von je her nicht über öffentliche Ausschreibungen neu besetzt, sondern über Beziehungen. Die Frage stellt sich damit, wie bei 65% der Besetzungsfälle Arbeitgeber mit passenden neuen Mitarbeitern zusammen finden können. Die Antwort ist relativ einfach: weil man sich schon kennt, oder jemanden kennt, der für die passende Vernetzung sorgt. Dass der Anteil dieser Form der Stellenbesetzung so groß ist, überrascht mich zwar. Für unsere Firmengruppe mit insgesamt rund 100 Mitarbeitern und jährlich einer Reihe von Neubesetzungen, kann ich die Verteilung aber ebenfalls bestätigen.

Für viele Bewerber scheint es unergründlich, warum nicht alle Stellenanzeigen in den Jobbörsen landen. Welchen Vorteil ziehen Arbeitgeber und Unternehmen aus dem verdeckten Stellenmarkt?

Thomas Czekala: Es gibt mehrere Gründe, warum wir Arbeitgeber eine Besetzung über „Empfehlungen“, „Vernetzungen“ oder „persönliche Tipps“ gerne anstreben.

  • Über persönliche Beziehungen zugespielte Kandidaten sind bereits durch eine Vorselektion gelaufen, die von einem Insider durchgeführt wurde. Wer jemanden empfiehlt oder uns auch unverbindlich vernetzt, der kennt in irgendeiner Form sowohl das suchende Unternehmen als auch die möglicherweise für die Stelle passende Person. Fakt ist, dass solche Bewerber im Durchschnitt deutlich besser sind als die Bewerber ohne Vorfilter.
  • Auch nicht aktiv einen neuen Arbeitsplatz suchende Personen (sog. „passive Kandidaten“) können über Vernetzungen, Tipps und Empfehlungen von einer offenen Stelle erfahren, während auf den Stellenportalen lediglich die „aktiv nach einer neuen Stelle“ suchende Personen erreicht werden können. Die Anzahl der aktiv suchenden Personen ist nur ein Teil aller möglichen Kandidaten und interessanterweise deutlich kleiner als die Menge der latent wechselwilligen Personen.
  • Zusätzlich sind die Kosten für die Aktivierung von Bewerbungen im Recruiting-Prozess nicht zu vernachlässigen. Wenn man als KMU eine Stellenanzeige auf Jobportalen platzieren will, dann kostet das i.d.R. eine Aufschaltgebühr. Als Gegenleistung erhält man einen Platz in einer Datenbank und muss hoffen, dass das Jobportal passende Kandidaten auf die eigene Stellenanzeige schieben kann. Wenn man bedenkt, dass die größte Stellenbörse in Deutschland (Stepstone) bei rund 600 TSD aktiven Stelleanzeigen eine Media-Reichweite von ca. 2,5 Mio. Unique Usern pro Monat hat, dann kann man im Monat auf seine Anzeige im Durchschnitt mit knapp 3 Besuchern rechnen. Das ist ziemlich wenig, insbesondere wenn man annehmen darf, dass die großen Unternehmensmarken davon einen größeren Anteil haben als man als KMU bekommen wird. Demgegenüber ist die Aktivierung des eigenen Netzwerkes, d.h. von Personen die einen Kennen und die oft in der gleichen Job-Community ihre Ausbildung, ihr Studium und andere Jobs gehabt haben, deutlich einfacher und Zielgenauer.
  • Und zum Schluss muss auch gesagt werden, dass die Suche nach einer Neubesetzung einer Stelle nicht immer öffentlich erfolgen kann. Wenn also z.B. eine Führungskraft nicht den Erwartungen entspricht, dann ist es üblich verdeckte Suchen über Personalberater zu beauftragen. Damit wird gewährleistet, dass der aktive oft ahnungslose Stelleninhaber produktiv weiter arbeitet, während bereits sein Nachfolger gesucht wird.

Doch nicht nur Arbeitgeber profitieren von verdeckten Jobausschreibungen. Wie können auch Bewerber an dem verdeckten Stellenmarkt partizipieren?

Thomas Czekala: Beziehungen und Netzwerke sind schon immer sehr wichtige Erfolgsfaktoren gewesen. Je höher man in der Hierarchie einer Organisation kommt, desto mehr kann man das beobachten. Es ist also jedem zu empfehlen, sich in seiner Job-Community sichtbar zu halten. Wie man das macht, muss jeder selbst ausprobieren. Als sehr hilfreich hat sich aber gezeigt, dass man nicht generell, sondern bei den wichtigen Personen sichtbar sein muss. Das ist vergleichbar mit der Post. Pakete werden über Verteilzentren weiter geleitet und genauso funktioniert das soziale Netzwerke. Rund 5% aller Menschen sind „Verteilzentren“ über die deutlich mehr Informationen laufen als über den Rest. Diese Personen sollte man sich suchen und warm halten, denn die werden auch von Arbeitgebern häufiger nach möglichen potenziell passenden Kandidaten gefragt als andere, schlecht vernetzte Personen. Wer also dort im Hinterkopf als kompetente Person platziert ist, der wird eher Teil des verdeckten Arbeitsmarkts.

Nun ist nicht jedem Bewerber bewusst, wie er sich bei Bewerbungen auf diesem Markt zu verhalten hat. Wie findet man als Bewerber Zugang zu den verdeckten Stellenangeboten?

Thomas Czekala: Leider ist das kein Markt im klassischen Sinn. Man kann nicht hingehen oder sich offene Stellen ansehen. Der verdeckte Arbeitsmarkt heißt so, weil er als Bewerber nicht aktiv betreten werden kann. Man muss von der offenen Vakanz also gefunden werden. Sich selbst vermarkten ist dafür eine wesentliche Voraussetzung. Wer mit Facebook, Instagram und Tiktok aufwächst kennt das besser als die Generation der Baby Boomer und der Generation X, die sich oft nur über die pure Leistung definiert und sehr lange bei einem Arbeitgeber bleibt. Sichtbarkeit ist heute bereits deutlich wichtiger für beruflichen Erfolg und wird es zukünftig noch viel mehr. Wer also am verdeckten Arbeitsmarkt teilnehmen will, der muss sich selbst als „Produkt“ verstehen und offen anbieten. Das ist nicht jedermanns Sache, ist aber die Eintrittskarte.

Auch ist es keine Einbahnstraße, d.h. man kann in Netzwerken nicht nur nehmen. Wer also selbst „gefunden“ werden will in diesem Markt, der muss auch gleichzeitig „geben“. Konkret kann man nicht erwarten, dass man selbst bei einer möglichen passenden Stelle „empfohlen“ wird als Kandidat, wenn man sich selbst weigert, Empfehlungen abzugeben. Wer sich also wundert, warum er nicht angesprochen wird, der sollte sich Fragen, wann er selbst mal eine Empfehlung abgegeben hat. Denn eines ist klar: viele Menschen haben Angst eine Empfehlung abzugeben, weil sie sich damit konkret äußern müssen. Im Deutschen Kulturkreis ist „Empfehlen“ damit nur begrenzt gelernt. Wem aber klar ist, dass „Empfehlung“ keine Verpflichtung bedeutet, sondern eher als „Vernetzung“ und „Tipp geben“ zu verstehen ist, desto eher wird man Teil der verdeckten Arbeitsmarktwelt. Wer nur das Risiko bei einer Empfehlung sieht, dem bleibt diese Welt verschlossen.  

Und schließlich wird man nur Teil eines belastbaren Netzwerkes, wenn man es pflegt und wachsen lässt. Im Durchschnitt hat jeder Deutsche ca. 500 Personen, die er in irgendeiner Form halbwegs gut kennt. Je besser man sich kennt, desto höher die Chance im Fall der Fälle auch genannt zu werden. Wer sich also nicht um seine Freunde kümmert, der kann auch nicht erwarten an diesem verdeckten Arbeitsmarkt teilnehmen zu können. Und hier wieder Abschauen bei den Top-Führungskräften: Netzwerken gehört dort zum Tagesgeschäft. Die Regel dort heißt: „Never eat alone“ (gibt auch ein Buch dazu).  

Das Nutzen von verdeckten Stellenmärkten ist also doch einfacher als viele meinen. Dennoch macht es Arbeit und braucht eine richtige Strategie. Welche Strategien können Sie Bewerbern ans Herz legen? Auf welche passive und aktive Weise können diese den Markt nutzen?

Thomas Czekala: Siehe Antwort auf die vorige Frage.

Können „Headhunter“ nicht besser die gutbezahlten Managementpositionen aus dem versteckten Stellenmarkt unter den Bewerber:innen verteilen?

Thomas Czekala: Die Personalberater leben von Ihren persönlichen Netzwerken und von der Fähigkeit, schnell neue Beziehungen knüpfen zu können. In der Vergangenheit war das ausreichend, um für die ausgeschriebenen Stellen über eine Direktansprache gute passende Kandidaten zu finden. In der Fachsprache heisst das „Active Sourcing“ und wird bereits auch von vielen Recruitern in Personalabteilungen so gemacht.

Mit zunehmendem Fachkräftemangel ist diese Form der Suche aber immer weniger zielführend. Das Verteilen der Ausschreibungen via persönlicher Gespräche, Mails oder auch der Suche in den sozialen Netzwerken hat einfach nich genügend Reichweite, um auf mögliche Kandidaten zu treffen. Aus diesem Grund gibt es jetzt auch „Reichweiten-Verlängerer“ wie z.B. Block2Job, mit dem die Suche nach passenden Kandidaten systematisch mehrstufig erfolgen kann. Wenn also ein Headhunter seinen 500 Kontakten (und er hat sicher mehr) eine offene Stelle zuspielt und bereit ist bei erfolgreicher Vernetzung mit einem potentiell guten Kandidaten einen Teil seines Honorars abzutreten, dann steigt seine Reichweite exponentiell. Konkret: statt nur 500 Personen zu erreichen hat er die Chance in einem Topf von 500 x 500 = 250’000 Personen suchen zu dürfen. Hierzu gibt es bereits Headhunter, die offen und verbindlich 4’000 EUR bis 15’000 EUR  ihrer Erfolgsprovision an ihre Netzwerkkontakte bereit sind weiter zu reichen.

Damit steigt natürlich auch die Chance der Arbeitnehmer, öfter von einer verdeckten Ausschreibungen informiert zu werden. Noch sind wir hier in den Anfängen, aber die Personalberater und Headhunter, die mit diesen Reichweiten-Verlängerungen arbeiten werden immer mehr, was auch die Existenz von Block2Job zeigt, das als Tool diesen Prozess für Personalberater und Personalabteilungen unterstützt. Insbesondere die Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter Programme beginnen sich zu öffnen und können mit solchen Tools geöffnet werden. Mit Block2Job sind dann von der Personalabteilung neben den Mitarbeitern auch Geschäftspartner, ehemalige Mitarbeiter, Freelancer oder auch ehemalige Bewerber in die Suche nach Bewerbern einbindbar, incl. der Ausschüttung einer einheitlichen Erfolgsprämie bei Einstellung. Je mehr sich Personalabteilungen also in der informellen Suche solchen neuen Tools öffnen, desto öfter werden gut vernetzte Personen auch von verdeckt ausgeschriebenen Stellen gefunden werden.  

Herr Czekala, vielen Dank für das Gespräch!

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