Dr. Uta Klingbeil: AGB müssen meist individuell entworfen werden

Interview mit Dr. Uta Klingbeil
Dr. Uta Klingbeil ist Rechtsanwältin in der Kanzlei UHY Wahlen & Partner mbB in Köln. Mit ihr sprechen wir über Verwendung eigener AGB, Individualvereinbarungen sowie Regelung durch Rahmenvertrag.

Kaum eine Rechtsmaterie ist so bedeutend wie das AGB-Recht. Die AGB sind wohl der am häufigsten verwendete Bestandteil der Vertragsgestaltung. Was ist der Sinn und Zweck von den AGB?

Dr. Uta Klingbeil: Durch Verwendung eigener AGB kann die gesetzliche Reglung, dort wo es möglich ist, also wenn die gesetzliche Regelung durch Individualvereinbarung abdingbar ist, durch eine Regelung ersetzt werden, die für das verwendende Unternehmen günstiger ist.  Bspw. kann die Beweislast in bestimmten Fällen umgekehrt oder erleichtert werden oder es wird ein für das Unternehmen günstigerer Gerichtsstand vereinbart.

Eine gesetzliche AGB-Pflicht gibt es in Deutschland nicht, doch sind sie für Unternehmen nahezu unverzichtbar. Wie genau profitieren Unternehmen von den AGB?

Dr. Uta Klingbeil: Unternehmen profitieren von AGB, wenn sie Regelungen beinhalten, die gegenüber der gesetzlichen Regelung einen Vorteil bieten. Beispielsweise kann die Verjährung zeitlich reduziert werden oder die Haftung auf Schadensersatz wegen leichter Fahrlässigkeit beschränkt werden. Auch die Mängelgewährleistung kann zeitlich begrenzt werden. Ein wichtiger Punkt ist auch die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts für gelieferte aber noch nicht bezahlte Ware. Hierdurch hat der Verkäufer eine Sicherheit für die Kaufpreiszahlung und kann seine Ware im Notfall zurückholen, wenn der Vertragspartner nicht zahlt oder insolvent wird.

Pflegen Unternehmen Geschäftsbeziehungen zu anderen Unternehmen, und eines davon hat keine eigenen AGB, so gelten automatisch die Geschäftsbedingungen des Geschäftspartners. Warum ist das meist schlecht, und wie können sich Unternehmen vor Nachteilen durch die AGB des anderen schützen?

Dr. Uta Klingbeil: Im allgemeinen Geschäftsbetrieb ist es meist nicht üblich und zeitlich nicht möglich, vor einem Vertragsschluss mit einem Geschäftspartner zunächst dessen AGB eingehend zu prüfen, um einzelne nachteilige Regelungen in den AGB nachzuverhandeln. Bei einer laufenden Geschäftsbeziehung bietet sich jedoch an, die laufende Geschäftsbeziehung durch einen Rahmenvertrag zu regeln und bestimmte Vereinbarungen abweichend von den AGB des Vertragspartners zu vereinbaren. Das kann bspw. auch eine Vereinbarung des Gerichtsstandes sein, der für beide Seite akzeptabel ist, wenn der Sitz beider Unternehmen weit voneinander getrennt liegt. Völlig ungeschützt ist der Vertragspartner gegenüber den AGB des anderen Vertragspartners aber nicht. Selbst gegenüber Kaufleuten kann die gesetzliche Regelung nicht vollständig durch AGB ersetzt werden. So sind beispielsweise sog. überraschende Klauseln auch gegenüber einem Kaufmann unwirksam, wenn er mit einer solchen Regelung nach Inhalt oder Ort der Verwendung nicht rechnen muss. So wäre wohl vermutlich eine Regelung als überraschende Klausel unwirksam, wenn in den AGB geregelt wäre, dass die Ansprüche des Vertragspartners gegen seine Versicherung auf den Verwender der AGB übergehen oder ein pauschaler Schadensersatz in weit überhöhtem Maße vereinbart wäre. Des weiteren besteht die Möglichkeit, in den eigenen AGB anderen AGB des Vertragspartners mit sog. Abwehrklauseln zu widersprechen.

Was muss man beachten, wenn man AGB verwenden möchte und woher bekommt man rechtssichere AGB?

Dr. Uta Klingbeil: AGB müssen meist individuell entworfen werden, damit sie für das jeweilige Unternehmen passen. Im Zweifel wird hierfür die Hilfe eines Rechtsanwalts erforderlich sein. Es bietet sich bspw. nicht an, einfach fremde AGB zu kopieren und als eigene zu verwenden. Diese fremden AGB können unwirksame Klauseln enthalten oder vielleicht den Anforderungen des eigenen Unternehmens gar nicht entsprechen. Diese fremden AGB können aber auch als eigenständiges Werk dem Urheberrechtsschutz unterfallen, so dass die Übernahme fremder AGB eine Urheberrechtsverletzung darstellen kann. Für ein Unternehmen, welches überwiegend Ware vertreibt, die eventuell beim Vertragspartner verarbeitet wird, ist es beispielsweise wichtig, einen erweiterten Eigentumsvorbehalt zu vereinbaren, um die Gegenleistungsansprüche abzusichern. Durch die Verarbeitung würde es ansonsten nach der gesetzlichen Regelung sein Eigentum verlieren und hätte keine Sicherheit für die Gegenleistungsansprüche. Eine solche Regelung ist jedoch für Unternehmen, die überwiegend Dienstleistungen anbieten, nicht so entscheidend. Hier kann es wichtig sein, die Haftung für Fahrlässigkeit zu begrenzen. Wichtig ist, dass die AGB tatsächlich einbezogen werden. Die AGB müssen bei bzw. vor Vertragsschluss von dem Vertragspartner in zumutbarer Weise zur Kenntnis genommen werden können.  So reicht es bspw. nicht aus, wenn bei Vertragsschluss nur auf AGB verwiesen wird, die im Internet abrufbar sind oder die AGB erst auf der Rechnung aufgedruckt sind. Grundsätzlich reicht es aber aus, wenn auf einem Bestellformular auf die AGB verwiesen wird, die sich auf der Rückseite des Bestellformulars befinden. Bei einer online abgeschlossenen Bestellung kann es aber ausreichen, wenn die AGB im Internet abrufbar sind und beim Bestellvorgang auf diese verwiesen wird.

Wenn beide Vertragspartner AGB verwenden und diese sich widersprechen, gibt es keine übereinstimmende Willenserklärung und es gilt die gesetzliche Regelung.

Welche Konsequenzen drohen bei fehlerhaften AGB und unwirksamen Klauseln?

Dr. Uta Klingbeil: Unwirksame Klauseln werden durch die gesetzliche Regelung ersetzt. Es gibt keine geltungserhaltende Reduktion. Es wird also bspw. nicht eine unzumutbare Frist durch eine noch gerade noch zumutbare ersetzt.

Frau Dr. Klingbeil, vielen Dank für das Gespräch!

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