Nils Flaßhoff: Das erwartete Wohn- und Wohlfühlgefühl ist der anzusetzende Maßstab

Interview mit Nils Flaßhoff
Nils Flaßhoff ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei BETHGE in Hannover. Im Interview spricht er über baubegleitende Rechtsberatung und die typischen Fallstricke beim Immobilienkauf.

Immer wieder hört man von Häuslebauern oder Immobilienkäufern, dass es Probleme gibt. Was versteht man eigentlich unter baubegleitender Rechtsberatung?

Nils Flaßhoff: Diese Beratung startet im Idealfall bereits bei der Idee, sich ein Grundstück zu kaufen und dort ein Eigenheim zu errichten. Wir verstehe darunter die rechtliche Begleitung von dieser Idee an bis hin zum Einzug – bei Mängeln sogar darüber hinaus.

Nicht nur im gewerblichen Bereich, sondern gerade im Falle des Eigenheim-Baus handelt es sich um eine erhebliche und oft einmalige Investition. Von der wunschgemäßen Durchführung des Bauvorhabens hängt weit mehr ab als der bloße Sachwert der Immobilie. Im Ergebnis ist das erwartete Wohn- und Wohlfühlgefühl der anzusetzende Maßstab. Es muss geprüft werden, ob das Grundstück sich überhaupt für die geplante Bebauung eignet oder Besonderheiten bei der Beantragung einer Baugenehmigung zu beachten sind. Bei der Beauftragung des Bauunternehmens muss eindeutig festgehalten sein, was gebaut werden soll und welche Möglichkeiten zur Einflussnahme der Bauherr hat. Auch wenn das Gesetz hierzu Regelungen vorsieht, bestehen über deren Inhalt unterschiedliche Vorstellungen. Sowohl die Abwicklung des Grundstückskaufvertrages als auch die Beauftragung des Bauunternehmens sind aus Sicht der Finanzierung – insbesondere, wenn über ein Darlehen finanziert wird – zu betrachten. Und wie immer spielen auch steuerliche Aspekte eine Rolle.

Bis hin zur Fertigstellung des Bauvorhabens besteht ein bunter Blumenstrauß an Chancen und Risiken: Die Risiken zu kennen, zu bewerten und auszuräumen und die Chancen zu nutzen – das verstehen wir unter baubegleitender Rechtsberatung.

Welches sind die typischen „Fallstricke“, auf die ein Käufer einer Immobilie achten sollte?

Nils Flaßhoff: Ein typischer Fallstrick ist die Vorstellung über den zeitlichen Ablauf. Zwischen Beauftragung des Notars und der Schlüsselübergabe liegen oft bis zu zwei Monaten. Der Notar wird schnell einen ersten Entwurf versenden. Erst dann können die individuellen Wünsche aufgenommen und in den Vertrag eingearbeitet werden. Bis dann alle „Formalitäten“ erledigt sind und der Kaufpreis gezahlt werden kann, vergeht wieder einige Zeit.

Gerade bei der derzeitigen Marktsituation liegt der größte Fallstrick darin, dass sich die Käufer oft nicht ausreichend vergewissern, ob die Immobilie ihren Wüschen entspricht. Das betrifft den technischen Zustand ebenso wie die technische und rechtliche Möglichkeit, die Immobilie wie geplant zu nutzen. Vielfach wird nicht das geltende Baurecht oder Teilungserklärung darauf geprüft, ob die Nutzung für eine freiberufliche Tätigkeit oder die Vermietung als Ferienwohnung zulässig ist.

Das gilt aber auch für den Verkäufer: Der muss bestimmte Aspekte offenlegen.

Ebenso wichtig ist es, dass alle Zusagen und Informationen, die für Verkäufer oder Käufer wichtig sind, in dem Vertrag enthalten sind. Legt etwa der Verkäufer offen, dass die Heizung vollständig defekt oder das Dach undicht ist, muss das in den Vertrag aufgenommen werden. So schützt sich der Verkäufer vor einer späteren Haftung.

Wann bzw. wohin soll ich den Kaufpreis überweisen? Nach Vertragsunterschrift auf das Konto des Verkäufers oder auf ein Notar-Anderkonto?

Nils Flaßhoff: Diese Frage ist in dem von dem Notar beurkundeten Vertrag geregelt. Im Normalfall wird der Notar sich darum kümmern, dass für Verkäufer und Käufer gesichert ist, dass das Eigentum an der Immobilie wie gewünscht umgeschrieben werden kann. Dazu holt er Erklärungen von Behörden und Banken ein oder sorgt dafür, dass die Auflassungsvormerkung – eine Art Reservierungsstempel im Grundbuch – eingetragen ist. Erst dann wird er den Käufer informieren, dass und wohin der Kaufpreis zu zahlen ist.

Was macht man, wenn sich nach dem Kauf Baumängel ergeben oder Reparaturen notwendig werden?

Nils Flaßhoff: Zu unterscheiden ist zwischen dem Kauf eines gebrauchten Hauses und dem Erwerb eines Neubaus vom Bauträger. Ersterer muss (jedenfalls nach den üblichen Verträgen) für Mängel nur einstehen, wenn eine ausdrückliche Vereinbarung über bestimmte Eigenschaften getroffen wurde oder die Mängel wesentlich sind und er diese – obwohl er sie kannte – verschwiegen hat.

Bei dem Kauf eines Neubaus vom Bauträger stehen dem Käufer die gesetzlichen Rechte uneingeschränkt zu.

In beiden Fällen ist zunächst der Verkäufer zur Mangelbeseitigung aufzufordern. Kommt der Verkäufer der Aufforderung nicht nach, können die Mängel auf seine Kosten beseitigt werden. Dabei ist genau auf das Verfahren zu achten, damit später nachgewiesen werden kann, dass diese Mängel vorlagen und welche Maßnahmen und Kosten zu Beseitigung erforderlich waren. Dem Käufer stehen aber auch weitere Rechte bis hin zur Rückabwicklung des Vertrages zu.

Wie lange kann ich von dem Kaufvertrag zurücktreten?

Nils Flaßhoff: Ein „grundloses“ Rücktrittsrecht gibt es nicht – auch kein Widerrufsrecht wie bei einer Bestellung im Internet. Ein Rücktritt kommt daher nur in Frage, wenn es im Vertrag vereinbart ist oder sich aus dem Gesetz ergibt. Aus dem Gesetz erwächst ein Rücktrittsrecht hauptsächlich dann, wenn der Verkäufer für Mängel einzustehen hat und er etwa Mängel nicht beseitigt oder der Bauträger das Gebäude nicht rechtzeitig fertig stellt. Das Recht, wegen eines Mangels zurückzutreten, kann nicht mehr entstehen, wenn die Mängelhaftungsfrist von fünf Jahren abgelaufen ist. Diese Frist beginnt mit der Übergabe bzw. Abnahme der Immobilie.

Was muss ich berücksichtigen, wenn zwei Personen die Immobilie zusammen erwerben?

Nils Flaßhoff: Zum einen sind steuerliche – vor allem schenkungssteuerliche – Aspekte zu berücksichtigten: Wenn nur eine der Personen den Kaufpreis bezahlt, der andere aber auch als Eigentümer im Grundbuch steht, stellt das eine Schenkung dar. Gerade bei nicht miteinander verwandten und nicht verheirateten Personen sind die Freibeträge schnell überschritten und das Finanzamt wird eine Steuer festsetzen. Das kann durch entsprechende Gestaltungen vermieden werden.

Zu regeln ist auch, was mit der Immobilie passieren soll: Kauft ein (Ehe-)Paar eine Immobilie, um dort zu wohnen, stellt sich bei einer Trennung regelmäßig Frage, was mit der Immobilie passiert. Wer darf die Wohnung weiter nutzen, wird sie verkauft und wer zahlt das Darlehen weiter? Neben ehe- und familienrechtlichen Regelungen kann und sollte für diese Situation vorgesorgt werden. Etwa durch eine Gemeinschaftsordnung oder in einem Gesellschaftsvertrag, wenn die Gesellschaft die Immobilie erwirbt. Auch wenn den Fall, dass einer der Miteigentümer verstirbt, sollte Vorsorge getroffen werden, z.B. durch Testament oder durch die Eintragung von Wohnrechten oder Nießbrauch für den verbleibenden Miteigentümer.

Herr Flaßhoff, vielen Dank für das Gespräch.

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