Markus Hennig: Schutz gegen Angriffe aus dem Internet

Interview mit Markus Hennig
Markus Hennig ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Hennig, Nieber, Stechow Artejura Partnergesellschaft in Berlin. Mit ihm sprechen wir über die zunehmende Gefahr des Persönlichkeitsrechts, das Wehren gegen die Nennung von Namen und Posts sowie Beschimpfungen im Internet.

Immer wieder gibt es Streit über Einträge im Internet, bei denen sich Personen gegen Veröffentlichungen wehren, die ihr sogenanntes „Persönlichkeitsrecht“ gefährden. Warum gehen Urteile oft durch so viele Instanzen, statt das Thema grundsätzlich juristisch zu regeln?

Markus Hennig: Die im Grundgesetz verankerten Persönlichkeitsrechte über mehrere Instanzen regeln zu müssen, bildet die Ausnahme – in der Regel schon aus Kostengründen, da der Unterlegene ja die Kosten beider Seiten tragen muss. Soweit ein Fall mehrere Gerichte beschäftigen muss, handelt es sich um seltene Grenzfälle.

Wie kann ich mich gegen eine negative Berichterstattung oder die Nennung meines Namens in Posts oder Einträgen in den Suchmaschinen wehren?

Markus Hennig: In der Regel kann man sich gegen negative Berichterstattung oder die Nennung des Namens erwehren, wenn falsche Fakten genannt werden oder es sich um Thematiken handelt, die aus dem Bereich der Privat- oder Intimsphäre stammen.

Besteht nicht grundsätzlich die Gefahr, dass jeder jeden verunglimpfen und beschuldigen kann, indem Beiträge im Internet veröffentlicht werden?

Markus Hennig: „Dass jeder jeden verunglimpft oder beschuldigen kann“, ist kein Phänomen des Internets, sondern kann, wenn man so will, auch „am Stammtisch“ stattfinden. Das rechtliche Instrumentarium, dem jeweils zu begegnen, ist sehr groß – der Betroffene muss es aber auch nutzen.

Wann ist z.B. der Betreiber einer Suchmaschine wie Google oder auch ein Bewertungsportal wir „kununu“ verpflichtet, einen Kommentar, eine Bewertung oder einen Beitrag unverzüglich zu indexieren, bzw. zu löschen?

Markus Hennig: Die Betreiber von Internet-Plattformen sind nach dem TMG verpflichtet, strafbare Inhalte zu löschen, wenn sie ihnen gemeldet werden. Das betrifft also Bewertungsportale genauso wie auch sogenannte soziale Netzwerke. Daneben kann im Ergebnis eine Löschung durchgesetzt werden, wenn Lügen verbreitet werden oder wie ich es an anderer Stelle juristisch ausgedrückt nannte: falsche Tatsachenbehauptungen.

Wie kommt es, dass in dem Zusammenhang von Klagen zum Thema „Recht auf Vergessen“ oft das Landgereicht oder auch Oberlandesgericht der Klage stattgibt, der Bundesgerichtshof aber diese abweist?

Markus Hennig: Das sogenannte „Recht auf Vergessen“ ist eine relativ junge Rechtsproblematik, die also zum Gegenstand hat, dass im Internet Beiträge noch sehr lange Zeit und zum Teil über Jahrzehnte aufgerufen werden können. In diesem Zusammenhang kann man noch von keiner komplett abgeschlossenen Rechtsprechung reden – die sogenannte „digitale Resozialisierung“ hat erst vor ca. einem Jahr zum Beispiel das Bundesverfassungsgericht beschäftigen müssen. Anders als die Bezeichnung suggeriert, gibt es in dem Sinne kein Recht auf Vergessenwerden in einem grundsätzlich allein von den Betroffenen beherrschbaren Sinn. Es geht im Ergebnis zumeist um eine Abwägungsfrage zwischen der betroffenen Person auf der einen Seite, die vor vielen Jahren einmal vielleicht mit einer sehr schwerwiegenden Berichterstattung zu tun hatte, die heute noch im Netz abrufbar ist, und auf der anderen Seite das öffentliche Informationsinteresse, in gewisser Hinsicht darüber informiert zu bleiben. Soweit Abwägungsfragen betroffen sind, besteht potentiell immer die Möglichkeit, dass sich verschiedene Gerichte mit einem Sachverhalt bzw. Fall beschäftigen müssen.

Wenn eine Zeitung oder ein Journal in einem Bericht einen Namen einer Person in einem negativen Zusammenhang nennt, kann der/die Betroffene dann auf eine Löschung oder Unkenntlichmachung des Namens bestehen?

Markus Hennig: Ein „negativer Zusammenhang“ unter Namensnennung wird für den Betroffenen in der Regel nicht allein ausreichend sein, eine Löschung des Beitrages oder die Löschung seines Namens zu bewirken. Zu prüfen ist, ob die entsprechenden Inhalte unter die Meinungsfreiheit fallen, die ebenso wie das Persönlichkeitsrecht im Grundgesetz geregelt ist. Auch eine negative Bewertung oder ein „negativer Kommentar“ können unter den Schutz der Meinungsfreiheit fallen. Von daher ist quasi jeder Fall ein Einzelfall. Im Übrigen wären dabei nicht nur sogenannte Unterlassungsansprüche bzw. die Pflicht zur Löschung zu prüfen, sondern es gibt zum Beispiel auch das Instrument der Gegendarstellung, und bei schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen hat der Betroffene sogar ein Anspruch auf Geldentschädigung.

Herr Hennig, vielen Dank für das Gespräch!

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