Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Babeck und Yuanyuan Yin: Das chinesische Anti-Sanktionsgesetz

Interview mit Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Babeck
Mit Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Babeck, Partner bei BUSE und Yuanyuan Yin, chinesische Juristin bei BUSE (BUSE-China Desk), sprechen wir im Interview über deutsche Exporte nach China, Anti-Sanktionsgesetz sowie mögliche Exportunsicherheit.

Die deutschen Exporte nach China betrugen im vergangenen Jahr 95 Mrd. Euro. In die USA 104 Mrd. Euro. Nun geraten deutsche Unternehmen immer mehr zwischen die Fronten der Nationen. Was hat es mit dem Anti-Sanktionsgesetz auf sich, das in China beschlossen werden soll?

Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Babeck und Yuanyuan Yin: Nach den Angaben von Destatis ist China zur Zeit der wichtigste Handelspartner der Europäischen Union. In 2020 wurden zwischen China und der EU Waren im Wert von 586 Mrd. Euro gehandelt (Importe und Exporte). Das entsprach 16 % des gesamten EU-Warenverkehrs. Der Anteil der Vereinigten Staaten lag bei 15 %. Nicht nur für die EU ist China nach den offiziellen Angaben der chinesischen Regierung weltweit der größte Handelspartner von mehr als 120 Ländern und Regionen.

Ziel des chinesischen Anti-Sanktionsgesetzes (中华人民共和国反外国制裁法) ist, ein rechtliches Mittel zu schaffen, um auf die westlichen Sanktionsmaßnahmen zu reagieren. China möchte eigentlich eine harmonische Beziehung mit allen ausländischen Handelspartnern haben. Sollte keine spezielle Sanktionspolitik gegen China von anderen Ländern umgesetzt werden, wird dieses Gesetz die Handelslage zwischen China und anderen Ländern effektiv nicht beeinflussen. Es wäre insoweit nur das Werkzeug, das für den Einsatz in dem nicht erwünschten Fall der Fälle bereit steht.

Die USA haben selbst chinesische Firmen auf die schwarze Liste gesetzt und erschweren so eine Zusammenarbeit mit Unternehmen in Europa. Was geschieht, wenn man gegen das chinesische Anti-Sanktionsgesetz oder US-Sanktionen verstößt?

Yuanyuan Yin

Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Babeck und Yuanyuan Yin: „Verstöße“ gegen das chinesische Anti-Sanktionsgesetz durch die Verhängung von tatsächlichen Sanktionsmaßnahmen werden gemäß § 6 des Anti-Sanktionsgesetzes folgende Maßnahmen auslösen:

  • Verweigerung von Visa, Verweigerung der Einreise, Annullierung von Visa oder Ausweisung aus China;
  • Beschlagnahme oder Einfrieren von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern sowie von anderen Arten von Eigentum in China;
  • Verbot oder Einschränkung der Beteiligung von Organisationen oder Einzelpersonen an relevanten Investitionen, Kooperationen und anderen Aktivitäten in China;
  • Andere „notwendige“ Maßnahmen: hier besteht ein großer Spielraum für die chinesische Regierung.

Grundsätzlich beziehen sich die US-Sanktionen nur auf die Investoren aus den USA, daher sollten europäische Unternehmen davon vorerst nicht erfasst werden. Investoren aus den USA dürfen nicht mehr in die chinesischen Unternehmen, die auf der sog. Schwarzen Liste sind, investieren. Die Investoren, die bereits in diese Unternehmen investiert haben, müssen innerhalb von einem Jahr das Investment beenden.

Das chinesische Außenministerium ist allerdings der Meinung, dass das US-Investitionsverbot „die Fakten“ und die „tatsächliche Situation“ der betroffenen Unternehmen ignoriere und die Regeln und die Ordnung des freien Marktes untergrabe. „Sie schadet nicht nur den legitimen Rechten und Interessen chinesischer Unternehmen, sondern auch den Interessen globaler Investoren, einschließlich US-Investoren selbst.“

Wie schaffen es Firmen, die Regularien beider Länder zu beachten, gibt es dafür Hilfsmittel oder beschäftigt jedes Exportunternehmen einen Rechtsrat?

Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Babeck und Yuanyuan Yin: Um die Risiken der Verstöße der Sanktionsvorgaben zu minimieren, sollten die Unternehmen tatsächlich immer auf den aktuellen Stand der Rechtslage achten. So ist beispielweise wichtig zu verfolgen, ob neue Sanktionsmaßnahmen bzw. neue Vorschriften verabschiedet wurden, wie die aktuellen Zollabgaben geregelt sind, ob der Export und Import von Gütern von dem chinesischen Exportkontrollgesetz (中华人民共和国出口管制法)erfasst sind, usw.

Dafür existieren zwei in der Praxis für die Unternehmen sinnvolle Mittel:

  • Die Einrichtung eines internen Compliance-Management-Systems (dies entspricht auch der Empfehlung des chinesischen Wirtschaftsministeriums);
  • Die Einholung externen fachlichen Rats.

In beiden Bereichen stehen die Experten von BUSE den deutschen Unternehmen zur Seite. Wir haben Juristen aus unterschiedlichen Ländern, auch aus China, um die auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittene Hilfestellung zu leisten.

Welche Chancen und welche Risiken sehen Sie für Unternehmen, angesichts eines neuen kalten Kriegs?

Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Babeck und Yuanyuan Yin: Wir sehen die aktuelle Lage noch nicht als „neuen kalten Krieg“. Natürlich ist es gerade für deutsche Unternehmen sehr unangenehm, ohne effektiven Einfluss der deutschen Regierung auf die Entwicklungen mit der eigenen unternehmerischen Tätigkeit gleichsam „zwischen den beiden Polen“ zu stehen. Abhängig von den tatsächlichen Sanktionsmaßnahmen der amerikanischen und chinesischen Regierungen dürfte zuerst das Foreign Direct Investment zwischen diesen beiden Ländern eingeschränkt werden. Dies betrifft zuerst die Unternehmen in den USA und China. Die Änderung von Zollabgaben dürfte die deutschen Exportunternehmen direkter und schneller beeinflussen.

Die wirtschaftliche Entwicklung gelingt am besten in einer harmonischen Handelsbeziehung. Die gegenseitigen Sanktionsmaßnahmen dürften beiden Seiten am Ende nur schaden. Streitlagen und Konflikte sind nach der chinesischen Handelstradition sowie der chinesischen Philosophie nicht sinnvoll. Die chinesische Regierung sowie erfolgreiche chinesische Unternehmen glauben immer daran, dass nur sogenannte Win-Win Situationen maximalen Gewinn bringen können. Daher vermuten wir, dass die Handelslage sich nicht in wirklich extreme Richtungen entwickelt.

Bemerken Sie aus dem beruflichen Alltag Auswirkungen angesichts möglicher Exportunsicherheit?

Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Babeck und Yuanyuan Yin: Ganz aktuell noch nicht. Manche Unternehmen befürchten allerdings konkrete negative Folgen aus der Exportunsicherheit. Über die aktuellen Sanktionsmaßnahmen sowie die Rechtslage beraten BUSE unsere Mandanten ständig.

Eine Insider – Übersicht über das chinesische Exportkontrollgesetz steht ebenfalls auf unserer Website lesen: https://buse.de/insights/das-chinesische-exportkontrollgesetz/

Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Babeck und Yuanyuan Yin, vielen Dank für das Gespräch!

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