Robert Golz: Öffentliche Interesse vs. Persönlichkeitsrecht

Interview mit Robert Golz
Wir sprechen mit Rechtsanwalt Robert Golz, LL.M., Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht der Kanzlei HÄRTING Rechtsanwälte PartGmbB, über Fake News und Verunglimpfungen im Internet.

Immer wieder gibt es Streit über Einträge im Internet, bei denen sich Personen gegen Veröffentlichungen wehren, die ihr sogenanntes „Persönlichkeitsrecht“ gefährden. Warum gehen Urteile oft durch so viele Instanzen, statt das Thema grundsätzlich juristisch zu regeln?

Robert Golz: Weil bei diesen Fällen in der Regel zwei Grundrechte aufeinandertreffen. Auf der einen Seite das Recht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Grundgesetz) und auf der anderen Seite das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Grundgesetz), die in jedem Einzelfall mit einander in Ausgleich gebracht werden müssen (sog. praktische Konkordanz). Jede schematische Lösung verbietet sich hier.

Wie kann ich mich gegen eine negative Berichterstattung oder die Nennung meines Namens in Posts oder Einträgen in den Suchmaschinen wehren?

Robert Golz: Hierauf gibt es keine klare Antwort. Zum einen ist zwischen einer „negativen Berichterstattung“ und einer reinen Namensnennung zu unterscheiden. Eine negative Berichterstattung muss man nicht hinnehmen und kann dagegen im Wege der Abmahnung vorgehen, wenn diese unwahre Tatsachenbehauptung oder sog. Schmähkritik (Beleidigungen etc.) enthält oder wahre Tatsachen, die aber in der Privat- oder Intimsphäre stattgefunden haben. Ein Vorgehen gegen eine reine Namensnennung ist schwieriger. Ohne Grund muss es eine private Person zwar nicht so ohne weiteres nicht hinnehmen, in die Öffentlichkeit gezogen zu werden. Ob aber in der öffentlichen reinen Namensnennung ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht liegt, der nicht aufgrund der freien Meinungsäußerung hinzunehmen ist, bedarf wiederum einer Einzelfallprüfung. Ein Vorgehen gegen Suchmaschinen folgt wiederum etwas anderen Grundsätzen, denn die Suchmaschine verbreitet ja nur fremde Inhalte und haftet, wenn nur als Störer. Hier kann ein Vorgehen gestützt auf das „Recht auf Vergessenwerden“ in Betracht kommen.

Besteht nicht grundsätzlich die Gefahr, dass jeder jeden verunglimpfen und beschuldigen kann, indem Beiträge im Internet veröffentlicht werden?

Robert Golz: Die Gefahr besteht. Im Internet gelten aber dieselben Gesetze wie in der Offline-Welt. Wer Falsches behauptet oder Andere beleidigt, kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Aber natürlich wohnt dem Internet als Medium mit seiner ständigen und überall abrufbaren Natur eine besondere Gefahr inne.

Wann ist z.B. der Betreiber einer Suchmaschine wie Google oder auch ein Bewertungsportal wir „kununu“ verpflichtet, einen Kommentar, eine Bewertung oder einen Beitrag unverzüglich zu indexieren, bzw. zu löschen?

Robert Golz: Zunächst ist hier wiederum zwischen einem Kommentar auf der Plattform und einer Verlinkung auf einen Beitrag (Google) zu unterscheiden. Ein Kommentar ist zu löschen, wenn er unwahre Tatsachenbehauptungen enthält oder klar beleidigend ist. Eine Verlinkung kann zu löschen sein, wenn das Recht auf Vergessenwerden einer Privatperson, das allgemeine Informationsinteresse überwiegt. Auch dies bedarf einer Einzelfallprüfung.

Wie kommt es, dass in dem Zusammenhang von Klagen zum Thema „Recht auf Vergessen“ oft das Landgericht oder auch Oberlandesgericht der Klage stattgibt, der Bundesgerichtshof aber diese abweist?

Robert Golz: Allgemein lässt sich dies nach meiner Erfahrung so nicht sagen. Es gibt schon eine Rechtsprechungspraxis, die auch auf der Ebene der Instanzengerichte, und hier je nach Gericht, eine gewisse Konstanz aufweist. Sollte eine Entscheidung dann doch einmal durch den BGH aufgehoben werden, so ist dies wiederum der bereits beschriebenen im Einzelfall durchzuführenden Grundrechtsabwägung geschuldet.

Wenn eine Zeitung oder ein Journal in einem Bericht einen Namen einer Person in einem negativen Zusammenhang nennt, kann der/die Betroffene dann auf eine Löschung oder Unkenntlichmachung des Namens bestehen?

Robert Golz: Auch dies lässt sich pauschal nicht beantworten. Der Presse kommt in unserer Demokratie eine wichtige Funktion zu. Sie unterrichtet die Öffentlichkeit über Vorgänge von allgemeinem Interesse. Hierbei kann es durchaus zulässig sein, den Namen einer Person, auch in einem negativen Zusammenhang, zu nennen. Etwa bei nicht unerheblichen Straftaten, Vorgängen von besonderem öffentlichen Interesse. Je bedeutender der Vorgang für das öffentliche Interesse, desto stärkere Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht muss ein Betroffener hinnehmen.

Herr Rechtsanwalt Golz, vielen Dank für das Gespräch.

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