Elke Schmäling: Die Verpackung ist sehr wichtig für den Verbraucher

Interview mit Elke Schmäling
Elke Schmäling ist selbständige Kosmetikerin HAUTENATURE art of natural beauty in Nürnberg. Mit ihr sprechen wir über Naturkosmetik, nachhaltige Rohstoffe sowie die EU-KosmetikV.

Welche Kriterien müssen Kosmetikprodukte erfüllen, um sie auf dem deutschen Markt als Naturkosmetik anbieten zu können?

Elke Schmäling: Naturkosmetik ist leider noch kein geschützter, genau definierter Begriff. Naturkosmetik kann sich also so einiges nennen, was eigentlich keine ist. Da schaffen Zertifizierungen Abhilfe. Diese sind ein wichtiges Kriterium für Verbraucherinnen und Verbraucher. Die unterschiedlichen Zertifizierer, die unter anderem zu Logona/L’oreal, Lavera und anderen Kosmetikkonzernen gehören, setzen unterschiedliche Maßstäbe an, was vor allem die von ihnen akzeptierten Wirk-und Zusatzstoffe, wie Emulgatoren und Konservierungsmittel betreffen. Nanopartikel sollten sie in keinem Fall enthalten. Die Kriterien und zugelassenen Stoffe der Kosmetikverordnung sind in jedem Fall zu beachten und einzuhalten: Die EU-KosmetikV regelt die wesentlichen Anforderungen und Verpflichtungen bei kosmetischen Mitteln. Sie wird ergänzt durch die Verordnung (EU) Nr. 655/2013 zur Festlegung gemeinsamer Kriterien zur Begründung von Werbeaussagen im Zusammenhang mit kosmetischen Mitteln, des weiteren ein hoher Anteil an kontrolliert biologisch angebauten Roh- und Wirkstoffen. Meine Kriterien sind absolute, rein natürliche Roh-, Wirk- und Hilfsstoffe, die nicht synthetisiert werden aus Stoffen natürlichen Ursprungs. Diese Kosmetik wird dann meist auf „natürlicher Basis“ genannt oder ähnlich, wie „in the footsteps of nature“.

Was sind die Vorteile von Naturkosmetik für die Anwenderinnen und Anwender? Was unterscheidet sie von herkömmlichen Kosmetikprodukten?

Elke Schmäling: Naturkosmetik ist nicht nur umweltfreundlicher hergestellt, verpackt und transportiert, sondern fügt sich in unserer Haut, welche ja ebenfalls Natur ist, besser ein, liegt also nicht auf wie konventionelle Kosmetik, die oft komedogene Öle aus Erdöl enthält, also Mitesser erzeugt, komplettiert durch das Makeup mit Silikonen etc. Konventionelle Kosmetik enthält chemische Verbindungen, Silikone (Dimethicon), Paraffinöl, Starine (Wachse), synthetische Emulgatoren und Konservierungsmittel sowie einen hohen Anteil an industriegereinigtem, entkeimtem, radioaktiv bestrahltem Wasser bis 95 % und wenig Wirkstoffe max. 5 %. Es geht hier mehr um Konsistenzen, Duft und Werbeaussagen. Bei Naturkosmetik ist oft Quellwasser oder Hydrolate aus Pflanzendestillation enthalten in geringer Menge (außer bei Gesichtswasser) und der Wirkstoffgehalt liegt inclusive natürlicher, kaltgepresster Öle, Sheabutter und Pflanzenauszügen, ätherische Öle etc. bei bis zu 95 %. Daher ist Naturkosmetik wirksamer und hautfreundlicher und nicht nur ein Chemiecocktail, der sich sofort nett anfühlt, aber langfristig schädlich sein kann und die Haut trockener oder durch komedogene Öle mehr Mitesser beschert. Naturkosmetik hat keine schädliche Wirkung auf die Haut und weit weniger allergene Stoffe (diese werden speziell gekennzeichnet und niedrig dosiert eingesetzt). Falls eine Haut Naturkosmetik nicht verträgt, ist sie vermutlich überlastet durch lange Anwendung von konventioneller Kosmetik, Ernährung (Allergien entstehen im Atem-und Verdauungstrakt, Lunge und Darm. Blutzusammensetzung und Haut haben enge Zusammenhänge). Der Organismus und die Haut sind vorgeschädigt und müssten erst einmal saniert und entgiftet werden, zumindest entschlackt und ausbalanciert werden. Dann bestehen große Chancen, dass wieder natürliche Substanzen vertragen werden und nicht mehr ebenso als „Feinde“ vom Immunsystem attackiert werden.

Was ist Ihnen bei der Herstellung der Kosmetikprodukte besonders wichtig? Wie wichtig sind nachhaltige Rohstoffe, Verpackungen usw.?

Elke Schmäling: Meine Kriterien sind absolute rein natürliche Roh-, Wirk- und Hilfsstoffe, aufmerksam und liebevoll nach der GMP hergestellt. Nachhaltige Rohstoffe sind mir sehr wichtig, günstige, kurze Transportwege, faire Arbeitsbedingungen, Verpackungen aus Glas (Viosolglas, Mironglas), minimale Umverpackung, Etiketten, Drucksachen aus Papier, aus FSC Holz. Alles fertig und recyclingfähig.

Welches Ihrer Produkte ist am beliebtesten?

Elke Schmäling: Am beliebtesten sind Reinigungsöl, Tonic, Feuchtigkeitsgel, Augencreme, Pflegecreme, Sonnengel, Shampoo, Duschcreme sowie Körperlotion.

Stellen sie auch Kosmetikprodukte speziell für Männer her und wie schätzen Sie den Markt hierfür ein?

Elke Schmäling: Ja, eine Männerserie ist mir wichtig, und der Markt wird hierfür allgemein immer größer, vor allem die Bartpflege und unkomplizierte Produkte. Nicht so viel Schnickschnack für den Mann, ein Mann möchte es klar und einfach: Mann bleiben und kann der Frau Platz im Bad lassen. Wo soll das denn alles hin?

Was denken Sie wie sich der Naturkosmetik-Markt insgesamt in den nächsten Jahren entwickeln wird? Welche Rolle spielen dabei Discounter Eigen-Marken oder Kosmetikkonzerne, die verstärkt in diesen Markt drängen? 

Elke Schmäling: Wie alle Märkte wird dieser immer mehr wachsen. Allerdings wird die Klimaveränderung die natürlichen Ressourcen und den Anbau von Naturstoffen beeinflussen, was zu einer großen Verknappung und Verteuerung führen wird. Derzeit wachsen selbst meine Kräuter durch das nasse Wetter sehr schwierig. Discounter-Eigen-Marken und Linien von Kosmetikkonzernen werden immer große Rollen spielen, zum Bedauern der kleinen Hersteller, die den Markt geöffnet haben. Aber diese Produkte sind keine wahre Naturkosmetik, enthalten sehr viel Wasser und Konservierung und werden in unnatürlicher, unpersönlicher, liebloser Weise unter Lärm industriell hergestellt, was sie preisgünstig macht, aber auch seelenlos. Ich habe manches aus Fachinteresse probiert und bin nicht von der Wirkung überzeugt.

Was hat Ihr Unternehmen für die nächsten Jahre geplant?

Elke Schmäling: Die Verpackung zu perfektionieren und die Präsentation mit einem schönen Online-Auftritt zu starten. Eine Zusammenarbeit mit Fachleuten wie Ihnen wäre wunderbar, um Naturkosmetik nicht in die falsche Richtung sich entwickeln zu lassen (was leider schon in etwa geschehen ist – z.B. L’Oreal hat Logona aufgekauft). Und der Marktführer L’Oreal hat mit Botanicals eine Serie mit sehr viel Chemie, aber einem schönen Namen. Die Verpackung ist sehr wichtig für den Verbraucher, weil er das sieht und versteht und wenn diese attraktiv ist, wird gekauft. Von der INCI-List versteht er ja normalerweise nicht viel. Manche scannen, untersuchen und vergleichen diese Mysterien in einer App. Aber muss das sein? Kann es nicht einfach wirklich nur Natur sein, wenn Naturkosmetik draufsteht oder Namen, wie Botanicals, die danach aussehen?

Frau Schmäling, vielen Dank für das Gespräch!

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