Mathias von Mirbach: „Es ändert nicht wirklich etwas am System“

Interview mit Mathias von Mirbach
Wir sprechen mit Mathias von Mirbach, Geschäftsführer der Kattendorfer Hof GmbH & Co. KG über die Haltungs- und Schlachtbedingungen von Tieren zur Fleischerzeugung. Der Kattendorfer Hof ist Mitgründer der Organisation Solidarische Landwirtschaft.

Immer mehr Verbraucher wollen Nachhaltigkeit in der Tierhaltung und Schlachtung, wenn es um Schweine, aber auch um Rindfleisch und Geflügel geht. Wie ist Ihre Position zum Tierwohllabel?

Mathias v. Mirbach: Die bestehenden Labels schaffen aus meiner Sicht viel zu wenig echte Transparenz über Haltung der Tiere, Fütterung der Tiere (woher kommen die Futtermittel) und vor allen unter welchen Sozial Status wird die Tierhaltung betrieben und erfolgt die Verarbeitung.

Freiwillige Informations-Labels auf abgepacktem Fleisch gibt es viele, alle unterschiedlich, es fehlt aber wohl eine staatlich verbindliche Richtlinie. Das wird von Verbraucherschützern und Tierschutzverbänden kritisiert. Wie sehen Sie das?

Mathias v. Mirbach: Ich sehe diese freiwilligen Labels als relativ willkürlich und die meisten ohne kontrolliert zu sein. Eine Ausnahme sind die Öko Labels, da diese laut EU-Verordnung regelmäßig kontrolliert werden.

Wenn man in den Supermarktketten die Aufkleber zur „Stallhaltung“ sieht, bemängeln Kritiker, dass es reine Alibi-Kennzeichnungen seien. Dienen diese wirklich dem Tierwohl?

Mathias v. Mirbach: Wie überall kann man nur sagen, es kommt darauf an. Im Wesentlichen wird aber ein Greenwashing versucht und die Verbraucher weiter für blöd verkauft.

Wenn man sieht, dass Schweine weniger als einen Quadratmeter Stallfläche haben dürfen, dann ist das ein Skandal. Wie geht der Handel und Ihr Unternehmen mit dem Thema „Tierschutz“ um?

Mathias v. Mirbach: Unser landwirtschaftlicher Betrieb verwendet das Öko Label Demeter, dort sind sehr hohe Tierschutz Standards gesetzt. Wir gehen auf unserem Betrieb aber noch einen Schritt weiter, so haben wir 2018 in einen neuen Jungvieh- und Ebermaststall investiert, in dem die Gesamtfläche erheblich mehr Platz für das einzelne Tier bietet. Im Ebermaststall sind das reine Liegefläche 1,30 m² für einen Eber in der Endmast plus 1 m² Auslauffläche. Dazu können wir durch diesen Stall, der räumlich komplett distanziert von den weiblichen Mastschweinen ist, komplett auf die Kastration der männlichen Ferkel verzichten. Da wir alle von uns aufgezogenen Tiere komplett selbst vermarkten, wissen wir das Ebermast geht.

Die Firma LIDL hat jetzt 50 Mio. Euro für den staatlichen Fonds für Tierwohl eingezahlt. Zieht jetzt die ganze Branche nach?

Mathias v. Mirbach: Aus meiner Sicht wird diese Marketingmaßnahme die anderen Giganten auf dem Lebensmittelmarkt dazu zwingen auch etwas Entsprechendes zu unternehmen. Bloß es ändert nicht wirklich etwas am System, das die Landwirte für eine tierwohlgerechte Haltung schlicht und ergreifend zu wenig Geld für ihre Tiere bekommt.

Verbraucher pochen auf bessere Lebens- und Schlachtbedingungen bei Masttieren, wollen laut Statistik aber nur wenig mehr für `Fleischprodukte zahlen. Wie passt das zusammen?

Mathias v. Mirbach: Gar nicht. Das System in dem wir uns heute bewegen ist doch linke Tasche, rechte Tasche. Die Agrarförderung der EU soll Einkommensverluste der Landwirte abfangen dafür sollen die Lebensmittel billig!!! sein. Für den Verbraucher ist dieses auch wieder eine Täuschung, weil die EU Agrarförderung komplett aus Steuermitteln finanziert sind. Das heißt der Verbraucher zahlt zwar im Laden einen niedrigen Preis, wird aber durch die Steuer belangt. Faire Preise für die Erzeugung mit klaren politischen Rahmendaten könnten so viele Probleme gleichzeitig lösen.

Herr von Mirbach, vielen Dank für das Gespräch.

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