Michael Radau: Dumping-Preise und ethische Produktion funktioniert nicht zusammen

Interview mit Michael Radau
Michael Radau ist Gründer und Geschäftsführer der SuperBioMarkt AG. Mit ihm sprechen wir über Tierwohl, das Fehlen einer staatlich verbindlichen Richtlinie sowie bessere Lebens- und Schlachtbedingungen bei Masttieren.

Immer mehr Verbraucher wollen Nachhaltigkeit in der Tierhaltung und Schlachtung, wenn es um Schweine, aber auch um Rindfleisch und Geflügel geht. Wie ist Ihre Position zum Tierwohllabel?

Michael Radau: Meiner Meinung nach ist die Begrifflichkeit des Labels „Tierwohl“ konträr dem Kerngedanken des Themas, es handelt sich lediglich um Verringerung des Tierleides.

Aus diesem Grund haben wir gemeinsam mit Bio-Erzeugern genossenschaftlich ein eigenes SuperBioFleisch-Siegel entwickelt. Unser Anspruch ist es, dass wir hohe Qualitätsstandards einhalten, die deutlich strenger und teils weit über EU-Verordnungen hinaus gehen. Wir schätzen das Vertrauen unserer Kunden wert und möchten dem mit Transparenz begegnen. https://www.superbiomarkt.de/biofleisch/

Freiwillige Informations-Label auf abgepacktem Fleisch gibt es viele, alle unterschiedlich, es fehlt aber wohl eine staatlich verbindliche Richtlinie. Das wird von Verbraucherschützern und Tierschutzverbänden kritisiert. Wie sehen Sie das?

Michael Radau: Eine verbindliche staatliche Regelung ist ein guter Schritt. Die gesammelten Erfahrungen zeigen jedoch, dass bisher das Definieren des kleinsten gemeinsamen Nenners, nie den gewünschten Effekt erzielt hat. Solange keine einheitlichen Maßstäbe festgelegt werden, liegt es in der Verantwortung des Verbrauchers, sich sein eigenes Bild zu machen. Um dem Kunden es zu vereinfachen, setzen wir auf die Kommunikation mit ihm und die Transparenz unseres Weges. Mit dem SuperBioFleisch-Siegel bieten wir dem Verbraucher eine glaubwürdige und vertrauensvolle Orientierung.

Wenn man in den Supermarktketten die Aufkleber zur „Stallhaltung“ sieht, bemängeln Kritiker, dass es reine Alibi-Kennzeichnungen seien. Dienen diese Wirklich dem Tierwohl?

Michael Radau: Diese Deklaration dient nicht dem Tierwohl und kann inhaltlich auch nicht in einen Zusammenhang gebracht werden. Im Bio-Handel wird diese Art des Marketings nicht angewendet und hat für uns auch keinerlei belegbarer Aussagekraft. Dadurch, dass wir unseren Kunden eine andere Ebene der Transparenz ermöglichen, ist ein solches Format in der ökologischen Vermarktung überhaupt nicht notwendig.

Wenn man sieht, dass Schweine weniger als einen Quadratmeter Stallfläche haben dürfen, dann ist das ein Skandal. Wie geht der Handel und Ihr Unternehmen mit dem Thema „Tierschutz“ um?

Michael Radau: Unsere bäuerlichen Partnerbetriebe haben sich verpflichtet, ihren Tieren die folgenden höchsten Tierwohlstandards zu bieten: Die Tiere kommen an die frische Luft und haben ausreichend Platz auf Weiden oder im offenen Stall mit Auslauf. Sie liegen auf Stroh und erhalten natürliches Futter – nur Biofutter, das in der Regel vom jeweiligen Hof selbst angebaut wird. So sichern sich unsere Landwirte geschlossene Nährstoffkreisläufe. Gentechnisch-veränderte Futtermittel sind für uns ein Tabu. Aber wir wissen nicht nur- wie und wo unsere Tiere aufwachsen, wir kennen auch die Menschen, die dahinterstehen. Eine enge, persönliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist für uns die selbstverständliche Grundlage. Industrie-Bio- gibt es bei uns nicht.

Wir vergleichen uns aus diesen Gründen auf gar keinem Fall mit dem Konventionellem Handel, da der Tierschutz für uns an oberster Stelle steht.

Die Firma LIDL hat jetzt 50 Mio. Euro für den staatlichen Fonds für Tierwohl eingezahlt. Zieht jetzt die ganze Branche nach?

Michael Radau: Zu den Aktivitäten von einzelnen Mitbewerbern äußere ich mich nicht. Ich überlasse es dem Kunden, sich ein eigenes Bild zu machen.

Verbraucher pochen auf bessere Lebens- und Schlachtbedingungen bei Masttieren, wollen laut Statistik aber nur wenig mehr für `Fleischprodukte zahlen. Wie passt das zusammen?

Michael Radau: Erzeugnisse und Hersteller verdienen Fairness und Wertschätzung. Dumping-Preise und ethische Produktion funktioniert nicht zusammen. Die Zusammenarbeit und das Miteinander mit all unseren Erzeugern und Lieferanten gründet auf Respekt und Wertschätzung und dies zeichnet es aus. Das Verständnis für die Komplexität und den Aufwand hinter der biologischen Landbewirtschaftung spiegelt sich auch in fairen Preisverhandlungen auf partnerschaftlicher Ebene wider.

Es ist auch eine Frage der Kommunikation. Dem Verbraucher müssen unter anderem die Vorteile von geringerem Fleischkonsum und dafür einer besseren Qualität noch bewusster gemacht werden.

Herr Radau, vielen Dank für das Gespräch!

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