Prof- Dr.-Ing. Sven Schmitz: Wasserstoff ist ein exzellenter Energieträger

Interview mit Prof- Dr.-Ing. Sven Schmitz
Prof- Dr.-Ing. Sven Schmitz ist Studiengangsleiter Mechatronik/ Allgemeine Mechatronik und Elektromobilität an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mannheim. Mit ihm sprechen wir über Wasserstofftechnologie sowie -wirtschaft.

Welche Vorteile und Nachteile sehen Sie in der Verwendung der Wasserstofftechnologie im Zusammenhang mit der Klimaneutralität und der Wirtschaftlichkeit?

Prof- Dr.-Ing. Sven Schmitz: Wasserstoff ist ein exzellenter Energieträger, der auf vielfältige Weise gespeichert und sowohl mit CO2‐Emissionen als auch klimaneutral hergestellt werden kann. Deshalb ist er als Energieträger sowohl für eine fossile Übergangsphase als auch für die geplante Klimaneutralität geeignet. Ein weiterer Vorteil ist der große Einsatzbereich in allen Sektoren. Selbstverständlich sind große Veränderungen in unserem Energiesystem auch mit hohen Investitionen verbunden, auf lange Sicht gesehen werden wir mit Wasserstoff ähnliche Energiepreise erzielen können, die wir heute von fossilen Rohstoffen kennen.

In den USA und China wird der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft konsequent vorangetrieben. Wie kommt es, dass Europa sich damit bislang so viel Zeit gelassen hat?

Prof- Dr.-Ing. Sven Schmitz: Aus meiner Sicht investieren die asiatischen Länder ‐ insbesondere China ‐ sehr viel in Wasserstoff. Das haben diese Länder vorher auch bei der Batterietechnologie gemacht. Auch die USA sind in beiden Feldern sehr aktiv. Es gibt zwei Gründe dafür: Die Asiaten sind ‐ ich sage es einfach ganz salopp ‐ technikverliebter als die Europäer. Und in den USA ist die Investitions‐ oder Risikobereitschaft deutlich größer ‐ es ist also etwas einfacher Investitionen in neue Technologien durchzuführen. Wir Europäer sind leider etwas zurückhaltender.

Die Wasserstoff‐Technologie gilt als „die“ klimafreundliche Energienutzung. Wie kommt es, dass sich die Technologie in der Automobilindustrie nicht durchsetzen konnte, sondern die Nutzung von Batterien sich durchgesetzt hat?

Prof- Dr.-Ing. Sven Schmitz: Das Batterie‐elektrische Fahrzeug hat zunächst von der jahrzehntelangen Entwicklung der Batterie im Consumerbereich profitiert, sprich der Batterie‐Entwicklung für Handy und Laptop. Auf Basis dieser Technologien sind die ersten Batterie‐Fahrzeuge in Serie gegangen und von dem Zeitpunkt an ist natürlich die Batterie‐Entwicklung auch von den großen OEMs forciert worden. Grundsätzlich ist die Brennstoffzelle heute dort, wo die Batterie in 2011 gewesen ist, langsam, aber sicher erhöhen sich die Stückzahlen. Das wird zukünftig dazu führen, dass im Schwerlastbereich, bei Zügen und Schiffsantrieben der Wasserstoff/Brennstoffzellen‐Antrieb attraktiv wird und auch dort einen klimaneutralen Antrieb ermöglicht.

Welche Vor‐ und Nachteile sehen Sie in der Nutzung eines Wasserstoffantriebs?

Prof- Dr.-Ing. Sven Schmitz: Natürlich sind die Wasserstoff‐Erzeugung und der ‐Transport verlustbehaftet, das sind die Nachteile. Die Vorteile sind die doch noch etwas schnellere Betankung sowie die Trennung von Energiewandlung und ‐speicherung. Die Reichweite von Fahrzeugen kann so mit einem größeren Tank einfach erhöht werden.

Vielfach kritisiert wird die große Menge an Strom, die für die Gewinnung von Wasserstoff notwendig ist. Es gibt zwar alternative Möglichkeiten zur „grünen“ Stromgewinnung. Doch inwieweit steht diese für die Wasserstoffgewinnung zur Verfügung?

Prof- Dr.-Ing. Sven Schmitz: Eins ist völlig klar, wir sind heute von Energieimporten abhängig. Wenn wir das Ausbaupotential für Wasser‐, Wind‐ und Solarkraftwerke in Deutschland komplett ausnutzen, werden wir immer noch auf Energieimporte zurückgreifen müssen. Hierfür werden aller Voraussicht nach auch große Entfernungen zu überwinden sein. Wenn die Energieimporte dann nicht mehr fossil sein sollen, bleibt uns wahrscheinlich nur der Wasserstoff als Energieträger. Das scheint alternativlos zu sein und dann ist es auch unerheblich, wie groß tatsächlich der energetische Aufwand vor Ort war.

Das EU‐Parlament fordert den schrittweisen, aber schnellen Ausstieg aus fossilem Wasserstoff. Dafür muss auf andere klimafreundliche Stromgewinnungsmöglichkeiten zugegriffen werden. Wie schnell und in welchem Umfang schätzen Sie, wird dies möglich sein?

Prof- Dr.-Ing. Sven Schmitz: Heute ist es so, dass nahezu der gesamte Wasserstoff, den wir nutzen, fossilen Ursprungs ist. Meine Einschätzung ist, dass es mindestens 15 bis 20 Jahre dauern wird, bis wir vollständig vom fossilen auf den grünen Wasserstoff umgestellt haben werden. Und da halte ich mich ehrlich gesagt für optimistisch. Die ersten Schritte zur Umstellung auf grünen Wasserstoff laufen jetzt an und werden eine Signalwirkung für viele weitere Projekte haben. Wichtig ist natürlich, dass der Zubau der klimafreundlichen Stromproduktion zügig vorangeht.

Herr Prof. Schmitz, vielen Dank für das Gespräch!

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